Das ist ein Comeback nach Art des Hauses: Mazda, schon immer für außergewöhnliche Ansätze bei der Fahrzeugtechnik bekannt, hat den Kreiskolbenmotor wieder ans Tageslicht befördert. Der vom deutschen Ingenieur Felix Wankel entwickelte und von Mazda seit 1967 in Lizenz gebaute Motor wurde in Japan zu einer gewissen Perfektion weiterentwickelt. Und das, obwohl die grundsätzlichen Probleme dieser Technik, darunter der hohe Verbrauch und der im Vergleich zum Hubkolbenmotor schlechtere thermische Wirkungsgrad, bis zum Schluss bestehen blieben. Diesen Schluss markierte der Mazda RX-8. Als letztes Wankelmotor-Modell wurde er im Jahr 2012 eingestellt.
Video: Im Video: Mazda MX-30 e Skyactiv Technik
Zehn Jahre danach stellt Mazda mit dem MX-30e-Skyactiv R-EV klar, dass man im Hauptquartier im japanischen Fuchū dem Kreiskolben-Konzept lediglich eine kreative Pause gegönnt hat. Der Motor mit dem charakteristischen dreieckigen Läufer feiert seine Wiederauferstehung. Allerdings nicht mehr als eigener Antrieb eines Pkw, sondern als Stromerzeuger. Im Verbund mit einem nachgeschalteten Generator und einem Elektroantrieb dient er als sogenannter Range Extender, übersetzt: Reichweitenverlängerer.
Neu entwickelter Einscheibenmotor
Der Hersteller setzt für den MX-30, seines Zeichens das zwölfte Modell der Mazda-Geschichte mit Kreiskolbenmotor, auf ein komplett neu entwickeltes Triebwerk. Die Maschine hat ein Kammervolumen von 830 cm3 (daraus resultiert die interne Bezeichnung als Motortyp 8C) und liefert eine Maximalleistung von 55 kW/75 PS. Zum Vergleich: Der Doppelscheibenmotor im letzten Mazda RX-8 brachte es mit 2 x 654 cm3 Kammervolumen auf ein Gesamtvolumen von 1,3 Liter. Die Verdichtung des neuen Motors liegt bei einem vergleichsweise hohen Verhältnis von 11,9:1, der Kraftstoff wird per Benzin-Direkteinspritzung zugeteilt. Das Aggregat erreicht mit Abgasrückführung, Katalysator und Partikelfilter die Abgasnorm Euro 6d-ISC-FCM.
Im Vergleich zum früheren Motortyp 13B aus dem RX-8 wird bei der neuen Maschine Aluminium satt Gusseisen für das seitliche Gehäuse verwendet. Insgesamt ist die Maschine laut Mazda 15 Kilogramm leichter als der 13B. Und vor allem erheblich schmaler. Lediglich 76 Millimeter breit ist der Rotor, das gesamte Motorgehäuse ist nur 8,4 Zentimeter breit. Dadurch kann es mit dem Generator und der E-Maschine zu einer sehr kompakten Einheit kombiniert werden.
Motorgehäuse nur 84 Millimeter breit
Die früheren Kreiskolbenmotoren bargen durch die damals verwendete Einspritztechnik das Problem einer unvollständigen Verbrennung des Kraftstoff-Luft-Gemisches. Der Gemischanteil oberhalb der Zündkerze wurde dabei teilweise unverbrannt im Abgas ausgestoßen. Dieses Problem soll beim neuen 8C-Motor durch die Benzindirekteinspritzung bewältigt sein. Durch die Einspritzung direkt in den Brennraum in Kombination mit einer speziellen Strömung der Verbrennungsluft, die über zwei seitliche Einlasskanäle einströmt, erfolgt laut Mazda eine bestmögliche Verteilung des Kraftstoff-Luft-Gemisches im Brennraum.
Zusätzlich wurde die Verdichtung erhöht, um die Effizienz weiter zu verbessern, sie liegt bei 11,9:1. Zum Vergleich: Der Motortyp 13B im Mazda RX-8 lag bei einer Verdichtung von 9,4:1. Weitere Maßnahmen zur Verbesserung sind neue Dichtleisten des Rotors, die breiter bauen und weniger Reibungsverluste verursachen. Außerdem sollen die neuen Dichtringe auch eine verbesserte Lebensdauer aufweisen. Zusätzlich wurden die Oberflächen des seitlichen Motorgehäuses mit einer Keramikbeschichtung versehen, was ebenfalls die Reibungsverluste senkt.
Geringe Drehzahl, hohe Laufruhe
Der neue Kreiskolbenmotor erreicht seine maximale Leistung bereits recht früh; die 55 kW/75 PS liegen bei 4.700 U/min an. Das maximale Drehmoment von 116 Nm steht bei 4.000 U/min zur Verfügung. Das spricht dafür, dass der systembedingt ohnehin sehr laufruhige Motor während des Generatorbetriebs im Fahrzeuginneren kaum wahrnehmbar sein dürfte. Seinen Auftritt hat der Motor als Generator überwiegend auf Langstrecken. Sobald die Kapazität der Traktionsbatterie unter 40 Prozent sinkt, schaltet sich der Wankel-Verbrenner als Stromerzeuger hinzu. Die Batteriekapazität von 17,8 kWh liegt für einen Plug-in-Hybrid recht hoch und soll eine elektrische Reichweite von bis zu 85 Kilometern ermöglichen.
Bliebe noch das Thema Verbrauch, seit jeher nicht gerade die Paradedisziplin von Wankelmotoren. Einen genauen Verbrauchswert der neuen 8C-Maschine gibt Mazda nicht an, auch der WLTP-Verbrauch (1,0l + 17,5 kWh / 100 km) gibt nur wenig Hinweise auf den Durst des 830-Kubikzentimeter-Motors. Eher kann man aus der genannten maximalen Reichweite des MX-30 mit seinem 55-Liter-Tank etwas herleiten. Diese gibt Mazda im Idealfall mit "über 600 km" an. Abzüglich der elektrischen Idealreichweite verblieben dann in der Theorie rund 515 Kilometer im Generatorbetrieb, um den 55-Liter-Tank zu leeren und dementsprechend ein Verbrauch von über zehn Litern/100 km.
So entwickelt Mazda den Wankel weiter
Mit dem Einsatz als Generator im MX-30 R-EV soll die zweite Karriere des Wankelmotors bei Mazda jedoch nicht zu Ende sein. Im Gegenteil, die Japaner sehen weiterhin großes Potenzial in der Technik. Eine Anfang Februar 2024 eingesetzte und aus 36 Personen bestehende "Entwicklungsgruppe Kreiskolbenmotoren" soll den Wankel zukunftsfähig machen. Die neue Abteilung kümmert sich um die Weiterentwicklung der Technik zum Generatorantrieb in seriellen Hybridantrieben. Ein weiteres Aufgabenfeld ist die Forschung und Entwicklung in Bereichen wie der Einhaltung von Vorschriften in wichtigen Märkten sowie der Einsatz CO2-neutraler Kraftstoffe. © auto motor und sport
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.