BYD lanciert einen Premiumableger namens Yangwang, der zum Start mit dem U9 antritt. Auf der Nordschleife des Nürburgrings hat der Elektrosportler seine Rennstreckenkompetenz nachgewiesen.
BYD ist in einer Hinsicht ein atypischer Vertreter der chinesischen Autoindustrie. Obwohl der Riesenkonzern mit seinen Modellen in vielen Pkw-Segmenten vertreten ist und auch Lastwagen, Busse sowie andere Nutzfahrzeuge baut, kommen bisher alle BYD-Fahrzeuge mit dem Emblem der Kernmarke zu den Kundinnen und Kunden. Doch damit ist inzwischen Schluss: Der Autogigant hat mit Yangwang kürzlich eine Submarke lanciert, die einen Premiumanspruch verfolgt und ausschließlich Elektroautos auf den Markt bringt.
Design
Eines der drei ersten Yangwang-Modelle ist der 4,97 Meter lange, 2,03 Meter breite und 1,30 Meter hohe U9, der einen Radstand von 2,90 Meter aufweist. Dabei handelt es sich um ein elektrisch angetriebenes Hypercar in typischer Sportwagen-Optik, dessen Karosserie mit zahlreichen aktiven Aerodynamik-Elementen in weiten Teilen aus Carbon besteht. Vorn stechen die riesigen Leuchteinheiten ins Auge, die sich C-förmig von der Frontschürze in die Kotflügel schlängeln. Ihre schmalen Rahmen setzen sich seitlich entlang der Fronthaube fort und münden in zwei Luftauslässe. Die vorderen Spoilerecken zeigen sich seitlich als Flaps nach oben gezogen.
Die Seitenansicht wirkt arg zerklüftet: Eine Charakterlinie zerschneidet die Flanke horizontal ansteigend in Richtung der Heckleuchten, während sich die Schwellerfarbe nach oben verjüngend fortsetzt. Das Dach des Yangwang U9 zeigt sich farblich abgesetzt. Zentral in der Heckklappe mit ihren stufig positionierten Luftauslässen sitzt in Längsrichtung ein Luftleitelement, das von zwei schmalen Lichtbändern flankiert wird. Die Heckleuchten ziehen sich, lediglich unterbrochen vom Markenlogo, über die gesamte Fahrzeugbreite. Diese nehmen auch der mächtige Diffusor und der optionale XXL-Heckflügel ein.
Antrieb und Fahrleistungen
Als technischer Unterbau des Yangwang U9 dient die neue E4-Plattform des BYD-Konzerns, die alle künftigen Modelle der Submarke nutzen werden. Darin ist ein Elektroantrieb mit vier unabhängig voneinander arbeitenden Motoren integriert: Jedes Rad erhält also eine eigene E-Maschine, wodurch ein Allradantrieb und ein "feinfühliges" Torque Vectoring gewährleistet sind. Yangwang gibt eine Systemleistung von über 1.300 PS an und nennt ein maximales Gesamt-Drehmoment von 1.680 Newtonmetern. Die Blade-Batterie der Konzernmutter BYD soll sich ultraschnell mit bis zu 500 kW laden lassen. Eine Kapazität und Reichweite bleibt der Hersteller bislang allerdings schuldig.
Mit seinem ungewöhnlichen Antriebs-Layout soll der knapp 2,5 Tonnen schwere U9 in 2,36 Sekunden von null auf 100 km/h beschleunigen und die Viertelmeile in 9,78 Sekunden absolvieren. Den Topspeed gibt Yangwang mit über 309 km/h an. Da scheint aber noch deutlich mehr zu gehen: Kürzlich gab die Marke bekannt, mit ihrem bei dieser Übung flügellosen Sportwagen bei Hochgeschwindigkeitstests 391,94 km/h erreicht zu haben. Damit ist er das bisher schnellste chinesische Auto. Für den Rekord bei den Elektro-Mobilen hat es allerdings nicht ganz gereicht. Mit dem Aspark SP600 (438,7 km/h) und dem Rimac Nevera (412 km/h) liegen zwei Hypercar-Konkurrenten vor ihm.
Schnelle Nordschleifenrunde
Auch in Bezug auf die Nürburgring-Nordschleife gilt für den Yangwang U9: Schnell, aber nicht schnell genug. Mit einer Zeit von 7:17.900 Minuten hat der Chinese definitiv seine Rennstreckenkompetenz nachgewiesen, aber ebenfalls die Elektro-Bestmarken verpasst. Der U9 war zwar schneller als das Tesla Model S Plaid mit Track-Package (7:25.231 Minuten), aber zu den Rundenzeiten des Porsche Taycan Turbo GT mit Weissach-Paket (7:07.55 Minuten) und insbesondere des Rimac Nevera (7:05.298 Minuten) fehlen ihm doch ein ganzes Eck.
Video: Niveauregulierung von BYD lässt Autos tanzen
DiSus-X-Fahrwerkssystem
Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal des Yangwang U9 ist das DiSus-X-System, das den E-Sportwagen tanzen lassen kann – fast wie einen Lowrider (siehe Video über diesem Absatz). Bei der Technik handelt es sich um eine intelligente Niveauregulierung, die Dämpfung sowie Federung und die vertikale Bewegungssensorik vernetzt. Das führt offensichtlich dazu, dass DiSus-X die Räder einzeln ansteuern und damit das Auto selbst dann auf und ab bewegen kann, wenn es fährt. Allerdings scheint der Yangwang U9 dieses Feature in seiner Serienversion nicht an Bord zu haben. Die gezeigte Tanzeinlage war lediglich ein Showcase, der veranschaulichen sollte, wozu die DiSus-Technologie des BYD-Konzerns grundsätzlich in der Lage ist.
Theoretisch soll der Yangwang U9 dank seines Antriebs-Layouts und der wasserdichten Plattform sogar schwimmen können. Wobei natürlich fraglich ist, wo bei einem Sportwagen der konkrete Kundennutzen dieser Eigenschaft liegt. Ähnliches gilt in Bezug auf die 360-Grad-Panzerwende ("tank turn"), zu der der U9 genau wie sein SUV-Bruder U8 und alle künftigen Modelle auf der E4-Plattform in der Lage sein soll. Dank des negativen Drehmoments beim Rekuperieren soll der Elektro-Sportwagen selbst dann innerhalb von 40 Metern zum Stehen kommen, wenn die Bremsanlage ausfällt. Den Wendekreis gibt Yangwang mit weniger als zwölf Metern an.
Innenraum
Das Cockpit des Yangwang U9 wird durch Scherentüren geentert. Hier erwarten die Insassen zwei 14-fach verstellbare Sitze und ein High-End-Soundsystem von Dynaudio. Besonders leistungsfähige Computerchips sollen dafür sorgen, dass der Elektro-Sportwagen in digitaler Hinsicht so schnell ist wie auf der Straße. Für sportliche Fahrernaturen hält er einen intelligenten Rennassistenten bereit, der auf fast 30 Rennstrecken in ganz China beim Finden der Ideallinie hilft.
Marktstart und Preis
Yangwang will ein vom Mutterkonzern unabhängiges Vertriebsnetz aufbauen. Der U9 ist seit Sommer 2024 in seiner Heimat auf dem Markt. Der Basispreis beträgt 1,68 Millionen Yuan, was aktuell umgerechnet knapp 219.000 Euro entspricht. © auto motor und sport
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