Sozialer, aufmerksamer, engagierter – und das alles, weil man mit dem Rad statt mit dem Auto fährt? Genau das legt jetzt eine aktuelle Studie nahe. Plus: Das sind die fahrradfreundlichsten Städte der Welt.
Dass Fahrradmobilität gerade im urbanen Umfeld zu einem immer wichtigeren Bestandteil nachhaltiger Lebensweise geworden ist, dürfte mittlerweile wohl unbestritten sein. Aktuelle Studien unterstreichen aber nicht nur die ökologischen Vorteile des Radfahrens, sondern auch die positiven Auswirkungen auf das allgemeine Lebensgefühl in Städten.
Eine kürzlich veröffentlichte psychologische Studie von Forschenden an der FernUniversität in Hagen zeigt, dass Radfahren in Städten auch positiv mit der Orientierung am Gemeinwohl zusammenhängt. Hauptautor der Studie ist
Harald Schuster, Doktorand im Hagener Lehrgebiet Community Psychology. Die Studie basiert auf Umfragedaten einer repräsentativen Stichprobe der städtischen Bevölkerung Deutschlands zwischen 2014 und 2019. Der städtische Raum schien den Forschern als besonders aussagekräftiges Untersuchungsfeld. "Wir haben uns auf Großstädte konzentriert, weil hier viele diverse, heterogene Menschen aufeinandertreffen", erklärt Schuster.
Das Team untersuchte insgesamt vier Aspekte der Gemeinwohlorientierung: politische Partizipation, soziale Teilnahme an Organisationen, Nachbarschaftssolidarität und Hilfsbereitschaft in der Nachbarschaft. Nach Bereinigung der Ergebnisse um mögliche Störfaktoren wie Wohneigentum, Einkommen, Bildung oder Geschlecht stellte sich heraus: Radfahren war die einzige Variable, die einen signifikant positiven Einfluss auf alle vier Aspekte hatte.
Aber worin liegen die Gründe für diesen Zusammenhang? Macht Fahrradfahren einfach gute Laune? "Nein, aber wenn ich immer nur mit dem Auto unterwegs bin, vom Fahrstuhl über die Tiefgarage in den Wagen steige, dann sehe ich vielleicht gar nicht, dass beim Nachbarn die Regenrinne kaputt ist und er Hilfe benötigt", meint Schuster. Gerade alltägliche Begegnungen stärken das soziale Vertrauen. Und wer seine Nachbarschaft auch mal zu Fuß oder mit dem Rad erkundet, hat ganz automatisch Kontakt, bemerkt Positives oder Probleme. Das wiederum stärkt das Gemeinschaftsgefühl und trägt so zur Entwicklung eines positiven Stadtklimas bei.
Auch andere Studien bestätigen, dass Radfahren in urbanen Gebieten im Vergleich zum Autofahren tendenziell ein höheres Maß an Zufriedenheit und Lebensqualität erzeugt. Zum einen fördert Radfahren die körperliche Gesundheit. Menschen, die regelmäßig das Fahrrad benutzen, haben eine bessere körperliche Verfassung und ein gesteigertes Wohlbefinden. Das Rad bietet auch eine umweltfreundliche und kostengünstige Möglichkeit, sich in der Stadt fortzubewegen. Das schafft ein angenehmeres und gesünderes städtisches Umfeld. Und im Gegensatz zum passiven Transport im ÖPNV erzeugt Radfahren ein Gefühl von Autonomie und Kontrolle. Das kann das allgemeine Lebensgefühl positiv beeinflussen.
All diese Erkenntnisse wie auch Schusters Studie unterstreichen noch einmal, wie wichtig es ist, Fahrradmobilität als Bestandteil einer nachhaltigen Stadtentwicklung zu priorisieren. Die Schaffung sicherer und attraktiver Fahrradinfrastrukturen sowie von Anreizen für das Radfahren ist ein elementarer Schritt auf dem Weg zu lebenswerteren und gesünderen Städten für alle.
Die fahrradfreundlichsten Städte der Welt
Kopenhagen ...
... ist die fahrradfreundlichste City der Welt – und das bereits seit Jahren. Kein Wunder: Die Stadtverwaltung investiert kontinuierlich in den Ausbau der Fahrradinfrastruktur und schafft ständig neue Anreize, um das Radfahren zu fördern. Das Ergebnis: Stolze 62 Prozent der Einwohner pendeln mit ihrem Bike zur Arbeit oder in die Schule. Im Übrigen liegt die dänische Hauptstadt auch im Ranking der Städte mit der höchsten Zufriedenheit ihrer Bewohner:innen weit vorne.
Amsterdam ...
... verfügt über ein dichtes Netz von Radwegen und -straßen sowie spezielle Einrichtungen wie Fahrradparkhäuser und -brücken. Bis 2025 will die Stadt zudem mehr als 11 000 Parkplätze im Stadtzentrum abbauen und durch Fahrradparkplätze, Bepflanzungen und bessere Fußgängerzonen ersetzen.
Utrecht ...
... hat in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen, um seine Fahrradinfrastruktur zu verbessern, einschließlich des Baus von Radverkehrsknotenpunkten und -brücken sowie der Förderung von Fahrradverleihsystemen.
Münster ...
... wird oft als Fahrradhauptstadt Deutschlands bezeichnet. Die Stadt verfügt über ein gut ausgebautes Netz von Radwegen und -straßen sowie über zahlreiche Fahrradparkmöglichkeiten. Die Fahrradnutzung ist in Münster weit verbreitet und wird sowohl von Einheimischen als auch von Besuchern geschätzt.
Straßburg ...
... ist die Fahrradstadt Nummer eins in Frankreich. 16 Prozent der Einwohner fahren mit dem Fahrrad zur Arbeit. Wie selbstverständlich gehört zum Stadtbild, dass städtische Angestellte, Unternehmen und Lieferfirmen für ihre täglichen Aufgaben Lastenräder benutzen.
Fazit
Radfahren in Städten fördert nicht nur die Gesundheit, sondern auch das Gemeinwohl. Es stärkt Nachbarschaftssolidarität und verbessert das Stadtklima. Ein Muss für nachhaltige Stadtentwicklung. © Bike-X
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