"Momo", ein virtuelles Schreckgespenst, treibt derzeit sein Unwesen in Messenger-Diensten. Die Figur droht mit schrecklichen Folgen, falls die Nachricht nicht weitergeleitet wird - und versetzt Kinder damit in Angst und Schrecken. Was Eltern dagegen tun können.
Sie hat Füße wie eine Krähe und ein fratzenhaftes Gesicht: "Momo", ein virtuelles Schreckgespenst, hat es auf zarte Kinderseelen abgesehen. Die Figur, vor der bereits vor mehr als einem Jahr mehrere Polizeidienststellen gewarnt haben, stammt aus einem Kettenbrief 2.0 und geht derzeit wieder viral.
"Es machen sich Menschen diese Momo-Figur zunutze, um andere in Angst und Schrecken zu versetzen", sagt Kristin Langer, Mediencoach der Initiative "Schau hin!". "Eltern sollten hellhörig werden, wenn sie von ihren Kindern das Wort "Momo" hören. Der Kinderzimmerschreck hat in kürzester Zeit eine unheimliche Reichweite erreicht."
Morbides Comic-Mädchen mit großen Augen
Die Momo von heute hat nichts mit Michael Endes literarischer Vorlage zu tun. Sie ist ein morbides Comic-Mädchen mit riesigen Augen, großem Mund und zerzaustem Haar. Sie verbreitet sich viral mit der Drohung, dass etwas Schreckliches passiert, wenn man ihre böse Botschaft nicht weiterleitet.
Die erste "Momo"-Welle gab es bereits im Sommer 2018. "Inzwischen gibt es offenbar eine zweite und dritte Welle", berichtet Mediencoach Langer. Bei Kindern könnten die Drohungen, dass Momo nachts an ihrem Bett erscheine oder Familienangehörige sterben werden, Unsicherheit, Schlafstörungen und sogar Angstzustände auslösen.
Die Jugendschutz-Initiativen "Schau hin!", "klicksafe.de" sowie das Faktencheckportal "mimikama.at" haben den Grusel, der 2018 plötzlich begann und seither immer wieder aufflammt, längst als simple Kettenbrief-Masche entlarvt.
Panische Eltern heizen Gerüchte an
Bei Internet-Berichten über eine Momo-Challenge, die bereits Suizide verursacht haben soll, handele es sich dagegen um Gerüchte ohne Substanz, so das Faktencheckportal "Snopes". Offenbar haben panische Eltern erheblich dazu beigetragen, die Gerüchteküche anzuheizen.
Die Polizei in Göttingen weist darauf hin, dass der Momo-Grusel nicht auf WhatsApp beschränkt ist, sondern auch in Chats wie dem des Online-Spiels "MovieStarPlanet" kursiert.
Die Polizei in Wilhelmshaven stufte das Momo-Phänomen als eine Form des Cyber-Mobbings ein: So würden die Momo-Drohungen auch nachträglich mitten in beliebte Kindervideos eingebaut und auf Youtube verbreitet. Die ursprünglichen Urheber der Filme hätten damit aber nichts zu tun. Solche Inhalte sollten der Plattform gemeldet werden, damit sie gesperrt werden.
Kinder glauben an Drohungen
Was können und sollten Eltern tun? Man müsse sich nur einmal in die Kinder hineinversetzen, schlägt Langer vor. Das Kind freut sich, denkt "Toll, ich habe eine Nachricht bekommen". Es öffnet diese euphorisch - und es springt ihm ein Foto oder ein Video einer Figur entgegen, der die Augen aus dem Kopf hervorquellen: "Da steckt Heranwachsenden schnell der Schreck in den Gliedern."
Kämen noch Drohungen hinzu für den Fall, dass man den Kettenbrief nicht weiterschickt, können Kinder zwischen sechs und zehn Jahren leicht daran glauben. Oft trauen sie sich dann nicht, sich jemandem anzuvertrauen. "Das Kind denkt, es hat etwas falsch gemacht", erklärt Langer. Würde es sich den Eltern anvertrauen, könnten sie das Smartphone wegnehmen. "Oder die Kinder trauen sich aus Angst vor den Drohungen nicht, die Message zu löschen."
Dabei wäre löschen und sich jemanden anzuvertrauen das einzig Richtige. So könnten Eltern beruhigen, etwa indem sie sagen: "Gruselfiguren sind nur ausgedachte Fantasiefiguren." Und indem sie noch einmal die Regeln durchgehen: Nichts öffnen von Absendern, die man nicht kennt! Kettenbriefe nicht einfach weiterleiten! Filme nicht aufmachen!
So können Sie Ihr Kind schützen
An die Eltern gerichtet rät Langer, betroffenen Kindern Brücken zu bauen: "Erzähl, was dir passiert ist. Du bekommst deshalb nicht dein Smartphone weggenommen." Wenn Nachrichten von unbekannten Nummern eingetroffen sind, diese sofort in den Einstellungen blockieren.
Eltern sollten zudem überlegen, ob ihr Kind nicht noch zu jung für WhatsApp ist. Es gibt auch noch andere Messenger wie Threema, Signal oder Wire, wo die eigene Rufnummer nicht bei anderen erscheint oder nicht die komplette Telefonliste auslesen wird. Dadurch können sich Kettenbriefe dort nicht oder nicht so leicht verbreiten. (af/dpa)
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