Dschungelcamp-Nackedei Micaela Schäfer hat es, Skirennläufer Felix Neureuther wirbt dafür und auch Fußballprofi Bastian Schweinsteiger soll es auf dem Rasen unterm Tape tragen. Energiearmbänder liegen schwer im Trend und sind nicht nur bei Promis beliebt. Verschiedene Anbieter bedienen den Hype und beteuern eine körperliche Rundum-Verbesserung. Stimmen die Versprechungen? Ich habe es ausprobiert.

Autorenporträt Silke Stadler
In ihrer Kolumne "Ausprobiert" testet unsere Gesundheitsredakteurin Silke Stadler am eigenen Leib, worüber sie schreibt. © 1&1 Mail & Media GmbH
Silke Stadler, Redakteurin für Gesundheit
Eine Kolumne
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Die Postsendung mit einem brandneuen Energiearmband der Firma Ampli5 kommt gerade richtig: Der Winter macht schlapp und müde - das will ich jetzt ändern. Eine große Herausforderung für so ein kleines Armband? Offenbar nicht, denn der Hersteller scheut sich nicht vor schwierigen Aufgaben und verspricht für den stolzen Kaufpreis von 39,90 Euro mehr Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit, Energie und Ausgeglichenheit.

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Wie das Ganze funktioniert? Das Geheimnis liegt angeblich in der besonderen Legierung des Armbandes: Im Metall seien eine Vielzahl von elektromagnetischen Frequenzen gespeichert, so der Hersteller. Durch die Berührung mit der Haut sollen sie die körpereigenen Schwingungen beeinflussen, die durch Stress, Elektrosmog und andere Umwelteinflüsse aus dem Gleichgewicht geraten sind.

Natürlich bin ich nicht die Erste, die das Armband ausprobiert. Bill Waylen, ein Sprecher der Firma Ampli5, stellte die vermeintliche Wirksamkeit 2011 im US-Fernsehsender Fox4 unter Beweis, indem er den TV-Praktikanten einem Gleichgewichtstest unterzog. Prompt funktionierte das Armband beim Versuchskaninchen tadellos: Der junge Mann stand felsenfest und war durch nichts aus der Balance zu bringen. So ganz traue ich dem Fernseh-Auftritt jedoch nicht und bin gespannt, wie das Armband bei mir wirkt.

Ich trage es jeden Tag, nur unter der Dusche und beim Schlafen lege ich es ab. Der Hersteller verspricht eine sofortige Wirkung, doch davon merke ich leider nichts. Weder bin ich sonderlich ausgeglichen, noch rundum gesund. Im Gegenteil: Der Winter schlägt auf die Stimmung und mein Immunsystem. Mehr Energie, bessere Fitness: Handelt es sich dabei also um nichts als leere Versprechungen?

Um das herauszufinden, vereinbare ich einen Termin mit Andreas Moré, einem Diplom-Sportlehrer. Mit ihm möchte ich die von Ampli5 vorgeschlagenen Selbsttests durchführen. Sie bestehen aus Gleichgewichts-, Dehn- und Kraftübungen. Es wird geraten, die Übungen zuerst ohne, dann mit Armband durchzuführen. Andreas Moré und ich sind skeptisch, was diesen Ablauf betrifft. Häufig kommt es nämlich allein durch die Wiederholung einer Übung zur Verbesserung der Leistung: Erstens ist die Testperson beim zweiten Versuch besser vorbereitet und kann die Körperspannung auf die Übung einstellen. Zweitens ist der Körper bereits etwas stärker gedehnt. Um einen solchen Trainingseffekt zu vermeiden, absolvieren der Sportlehrer und ich bei jeder Übung einen dritten Durchlauf ohne Armband, sozusagen als Gegentest.

Wir haben uns vier verschiedene Übungen vorgenommen. Ich bin überrascht: Im ersten Durchlauf (ohne Energiearmband) schwächelt mein Körper. Im zweiten (mit Armband) schlage ich mich deutlich besser. Doch dann die Enttäuschung: Unser Gegentest - diesmal wieder ohne Armband - zeigt keinerlei Unterschiede zum zweiten Durchlauf.

Ich frage Andreas Moré, was er von der Sache hält. "Es ist schwierig. Bei unseren Tests hat das Armband versagt. Aber grundsätzlich bin ich offen. Ich denke, es kann durchaus funktionieren", so der Sportlehrer. Dass es in meinem speziellen Fall keinerlei Wirkung gezeigt hat, könne auch auf die Erwartungshaltung zurückzuführen sein. Skepsis auf Seiten des Probanden, aber auch des Testers könne die Ergebnisse beeinflussen.

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Ich bin unschlüssig. Entweder das Energiearmband wirkt zwar grundsätzlich, kann aber offenbar schon durch subtile Faktoren so stark beeinflusst werden, dass es seinen Effekt verliert. Oder aber die positive Wirkung, auf die viele schwören, ist schlichtweg ein Placebo-Effekt.

Dass der Glaube tatsächlich Berge versetzen kann, zeigen Experimente der Sozialpsychologin Lysann Damisch und ihrer Kollegen von der Universität Köln. Sie stellten fest, dass Sportler, die Glücksbringer verwenden, tatsächlich bessere Leistungen bringen, wenn sie diese bei sich tragen. Glücksbringer gaben ihren Versuchsteilnehmern offenbar mehr Vertrauen in die eigene Leistung und trieben sie darüber hinaus dazu an, sich mehr anzustrengen.

Ich beschließe, einen weiteren Experten um Rat zu fragen und spreche mit Peter Müller, dem Vorstandsvorsitzenden der "Stiftung Gesundheit". Seine Meinung zu Energiearmbändern ist eindeutig: "Es ist unstrittig, dass der Placebo-Effekt zu den ganz kraftvollen 'Wirkstoffen' in der Medizin gehört. Glaube kann da richtig gut tun. Weitere Wirkungen, etwa direkt auf den Körper, sind nach dem Kenntnisstand von Physik und Biologie nicht erkennbar."

Mein Fazit: Vielleicht glaube ich nicht genug an den Effekt des Energiearmbandes, um positive Ergebnisse zu spüren. Doch wenn die Wirksamkeit des Bandes allein auf einer positiven Einstellung basiert, macht es meiner Meinung nach mehr Sinn, am Optimismus im Allgemeinen zu feilen, um sich gut zu fühlen – der kostet auch keine 39,90 Euro.

Lesen Sie auch den vorangegangenen Beitrag der "Ausprobiert"-Kolumne: Floating - Abschalten in der Schwerelosigkeit

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