Wer erkältet ist, fühlt sich abends oft wesentlich schlechter als noch am Morgen. Ein Mediziner erklärt, warum ein grippaler Infekt abends und nachts für besonderes Unbehagen sorgt und was Sie dann gegen Husten und Schnupfen unternehmen können.
Wer sich eine Erkältung (grippaler Infekt) eingefangen hat, steht morgens mitunter relativ fit auf. Gut, die Nase läuft oder ist etwas verstopft, der Kopf fühlt sich ein wenig wie in Watte gepackt an und Husten sorgt für einen rauen Hals – und doch meint man, die Erkältung hätte einen schlimmer erwischen können.
Trotz Erkältung – und einer bestehenden Ansteckungsgefahr für die Kollegen – gehen die meisten etwas geknickt zur Arbeit.
Am Abend schlägt die leichte Erkältung dann gerne um. Fieber, Husten und Abgeschlagenheit nehmen zu, der Kopf brummt und der Gedanke an die echte Grippe (Influenza) kommt auf.
Doch meist ist es nur die Erkältung, die am Abend gefühlt stärker wird. Nachts setzen Husten, Gliederschmerzen und die verstopfte Nase oft besonders zu. Doch warum ist das eigentlich so?
Erkältung und der zirkadiane Rhythmus
Dr. Martin Weskott, Facharzt für Allgemeinmedizin und Arbeitsmedizin, erklärt: "In unserem Körper haben wir einen sogenannten zirkadianen Rhythmus, dem alle körperlichen Aktivitäten in unterschiedlichem Maße unterliegen.
Von außen wird er über regelmäßige Hell-Dunkel-Phasen synchronisiert. Bekannt ist, dass bei langfristiger Störung des Tag-Nacht-Rhythmus', zum Beispiel bei Schichtarbeit, die Anfälligkeit gegenüber bestimmten Krankheiten erhöht ist.
So werden Entzündungen typischerweise nachts schlimmer – weiße Blutkörperchen, die Krankheitserreger abwehren, sind zu bestimmten Tageszeiten höher im Blut konzentriert als zu anderen. Wie aber die innere Uhr diesen Takt der Immunabwehr steuert, war lange Zeit unbekannt.
Inzwischen sind mehr Faktoren dieser inneren Uhr erforscht worden, zuletzt ein Tlr9-Rezeptor, der unter anderem die Aktivität des Immunsystems und damit die Reaktion des Körpers auf Erreger reguliert".
Weiter erklärt er: "Auch das vegetative Nervensystem, das alle unwillkürlichen Körperfunktionen steuert, zeigt eine deutliche Tagesschwankung. So ist nachts die Sekretion vieler Drüsen höher, die Atemwege sind enger, die Herzleistung heruntergefahren.
Alle diese Faktoren lassen – im komplexen Zusammenspiel – die Erkältung und andere Infektionen tagsüber bis zum späten Abend weniger unangenehm und nachts schlimmer erscheinen. Die empfundenen Veränderungen im Tagesverlauf haben also eine erklärbare Ursache". Noch sei aber nicht jedes Detail erforscht, so der Facharzt aus Sankt Augustin.
Erkältung: Symptome am Abend lindern
Damit die Nacht trotz Erkältung etwas Erholung bringt, rät Dr. Weskott bei Fieber zur Einnahme von Entzündungshemmern wie ASS oder Ibuprofen. Wichtig: ausreichend trinken – idealerweise ungesüßten Tee oder stilles Wasser. Bei starkem Husten am Abend löst Inhalieren festsitzenden Schleim. Dafür kann ein Zusatz wie der bronchienerweiternde Wirkstoff Salbutamol in das Inhaliergerät gegeben werden.
Vorsicht beim Raumklima, warnt Dr. Weskott: "Die generelle Erhöhung der Luftfeuchtigkeit im Raum wird zwar wegen der Trockenheit der Heizungsluft im Winter als angenehm empfunden, kann aber im Winter zu Kondensation an kalten Wänden und zur Förderung von Schimmelbefall führen."
Zudem rät er, vor dem Schlafengehen kräftig zu lüften und auf eine Zimmertemperatur von etwa 18 Grad Celsius zu achten. Und: "Schlafen mit leicht erhöhtem Oberkörper kann helfen."
Symptome lindern und Ansteckung vorbeugen
Von den in der Alternativmedizin gerne verwendeten Globuli hält Dr. Weskott nichts. Er meint: "Globuli bringen keine Linderung, konditionieren aber schon unsere 'kleinen Patienten' dahingehend, dass gegen jedes Symptom ein Medikament genommen werden muss. An Erkältungstagen ist eine leichte, vollwertige Kost und eine ausreichende Trinkmenge wichtig."
Auch pflanzliche Erkältungspräparate können Beschwerden lindern: "Spitzwegerich, Salbei und Thymol sind als entzündungshemmend, bakterizid und schleimlösend bekannt und in Mundspüllösungen und Hustensäften enthalten", so Dr. Weskott.
Einen dringenden Rat hat der Mediziner noch, denn viel zu oft werden diese effektiven Empfehlungen zum Schutz vor Erkältungsviren vergessen: regelmäßiges Händewaschen, der Gebrauch von Einmaltaschentüchern, Niesen in die Ellenbeuge statt in die Hand und regelmäßiges Stoßlüften von geschlossenen Räumen.
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