Hormone sind Botenstoffe im Körper mit vielfältigen Aufgaben. Doch in Pflanzen und Plastik, Medikamenten und teilweise in Kosmetika lauern Stoffe, die so tun, als seien sie Hormone - und unseren Körper damit durcheinanderbringen. So groß ist die Gefahr wirklich.

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Unser Körper ist ein kleines Wunderwerk an Prozessen und Abläufen, die meist reibungslos funktionieren. Damit alles seinen geregelten Gang geht, brauchen wir unter anderem Hormone.

Diese Botenstoffe werden von speziellen Zellen produziert und gelangen dann in den Kreislauf. So können sie an verschiedenen Orten bestimmte Prozesse auslösen, also beispielsweise den Fett- und Zuckerstoffwechsel steuern.

Empfindlicher Hormonhaushalt gestört

Dieser Kreislauf wird jedoch immer öfter gestört und zwar durch sogenannte Phytoöstrogene und Xenohormone.

Phytoöstrogene sind Stoffe, die von Pflanzen erzeugt werden und deren Wachstum und Reifung kontrollieren. Deren chemische Struktur ähnelt der von Östrogen, dem weiblichen Sexualhormon. Sojabohnen und Leinsamen enthalten besonders viele diese Phytoöstrogene.

Durch den ähnlichen Aufbau können die Stoffe an die Östrogenrezeptoren im Körper andocken, so dass die körpereigenen Hormone keinen Platz mehr finden. Dadurch werden die Prozesse im Körper, die von Hormonen gesteuert werden, gestört.

Diese Pflanzenhormone werden unter anderem in Präparaten bei Wechseljahrbeschwerden eingesetzt. Die Stiftung Warentest findet diese Mittel "wenig geeignet", da der Nutzen von Nahrungsergänzungsmitteln und pflanzlichen Arzneimitteln nicht belegt sei. In verschiedenen Studien habe sich zudem gezeigt, dass Frauen, die diese Präparate einnahmen, ein höheres Risiko für Thrombosen, Brustkrebs und Schlaganfälle haben.

Auch die Zeitschrift "Öko-Test" rät von den Präparaten ab.

Professor Dr. Josef Köhrle, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie warnt vor den "grünen Hormonen": "Diese Hormone werden in Form von konzentrierten Pflanzenextrakten zum Teil in Form von Präparaten maßlos verzehrt. Diese sind nicht auf Sicherheit und Verträglichkeit geprüft." Bei langfristigem Gebrauch können zudem Störungen der Leber auftreten, so Professor Köhrle weiter.

"Viele Soja-Extrakte werden durch massives Marketing auf den Markt gedrängt, ohne dass es wissenschaftliche Untersuchungen mit überzeugenden Ergebnissen zur Wirksamkeit gibt", so Professor Köhrle.

Kann man trotzdem noch unbesorgt Sojamilch und Tofu zu sich nehmen? "Ich will nicht vom Verzehr von Sojaprodukten abraten", erklärt Professor Köhrle. Aber man müsse im Hinterkopf behalten, dass Phytohormone einen massiven Effekt auf die Schilddrüse haben können.

So stören Xenohormone den Körper

Die zweite "Störer-Gruppe" sind Xenohormone oder auch Umwelthormone. Sie kommen überall in unserer Umgebung vor und stecken vor allem in Plastik, Pestiziden, Medikamenten und auch in Kosmetika. Die winzigen Partikel stören den Hormonhaushalt genauso wie die Phytohormone.

Auch sie können in den Zellen andocken. Dadurch wird der Hormontransport im Körper gestört. So gelangt beispielsweise nicht mehr ausreichend Testosteron, das männliche Sexualhormon, ins Gehirn. Das kann bei Jungen und Männern zu einer Verweiblichung führen.

Außerdem können Xenohormone auch körpereigene Hormone imitieren. Dadurch drosselt der Organismus die eigene Hormonproduktion.

Die Disruptoren können auch Enzyme angreifen. Dadurch kann der Körper entweder bestimmte Hormone nicht mehr herstellen, oder aber der Abbau von Hormonen wird verlangsamt. Das hat zur Folge, dass die Konzentration der Hormone im Körper ansteigt. Bei Östrogen hat das ebenfalls eine Verweiblichung des Körpers zur Folge.

Nebenwirkung der Schadstoffe

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund e.V.) warnt ausdrücklich vor den synthetisch hergestellten Chemikalien. Sie haben eine lange Reihe von Nebenwirkungen:

  • Sie blockieren die natürlichen Sexualhormone.
  • Möglicherweise wird die körperliche und geistige Entwicklung bei Kindern gestört.
  • Sie können zu Hodenkrebs und einer geringeren Anzahl und Qualität von Spermien führen.
  • Xenohormone können das Brustkrebsrisiko erhöhen.

Das Perfide an den Schadstoffen: Sie können in geringer Menge schädlicher sein als in hohen Konzentrationen, schreibt der Bund e.V. Daher seien sie mit üblichen Testsystemen kaum zu bewerten, da diese darauf ausgelegt sind, dass eine höhere Konzentration schädlicher ist.

Zudem können sogenannte "Cocktaileffekte" auftreten. Das bedeutet, dass die Xenohormone in Verbindung mit anderen Stoffen eine noch stärkere Wirkung entfalten.

Wie kann man sich vor den Schadstoffen schützen?

Verbraucher sollten sich in erster Linie bewusst sein, in welchen Produkten Xenohormone enthalten sein können. Dafür gibt es verschiedene Hilfsmittel. Der Bund e.V. bietet eine App namens ToxFox an, mit der man überprüfen kann, ob Körperpflegeprodukte hormonell wirksame Schadstoffe enthalten.

Außerdem kann man als Verbraucher bei Unternehmen anfragen, ob Produkte gefährliche Stoffe enthalten. Nach dem europaweiten Chemiegesetz "Reach" müssen Verbraucher Informationen über Stoffe, die beispielsweise Krebs verursachen oder das Erbgut schädigen können, Auskunft erhalten.

Zudem sollte man den Gebrauch von Plastik reduzieren und zumindest auf Weich-PVC und Polycarbonat ganz verzichten, da diese viele hormonelle Schadstoffe über Ausdünstungen an die Umwelt abgeben.

Ähnliches gilt für Lebensmittel: Diese kauft man am besten unverpackt, da Konserven- und auch Getränkedosen oft Bisphenol A enthalten und dieses an enthaltene Lebensmittel abgeben. Der Schadstoff steht im Verdacht, Frühreife und Verhaltensstörungen hervorzurufen und die Spermienzahl zu reduzieren.

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