- Desinfektionsmittel in Sahne und Fisch, Bakterien im Hackfleisch, Holz in Gewürzen: 2019 haben Lebensmittelkontrolleure wieder etliche Missstände in der Branche festgestellt.
- Nun hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die Ergebnisse des letzten Jahres vorgestellt.
Jährlich präsentiert das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) aktuelle Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung. So wurden bei Lebensmittelkontrollen im vergangenen Jahr verschiedene Missstände festgestellt, wie das BVL auf einer Pressekonferenz bekannt gab.
Die Mängel in der Lebensmittelbranche umfassten Verunreinigungen von Lebensmitteln durch mangelnde Hygiene im Umgang, aber auch Lebensmittelbetrug und unzulässige Höchstwerte in Produkten.
Rückstände von Desinfektionsmittel
In Eisdielen und Bäckereien werden häufig Sahneaufschlagmaschinen zur Herstellung der eigenen Schlagsahne verwendet. Laut BVL vergaßen Mitarbeiter in 41 Prozent der kontrollierten Eisdielen und Cafés, Geräte zum Aufschlagen der Sahne nach der Desinfektion mit Wasser nachzuspülen.
"Die Gefahr besteht, dass sich in der Maschine noch Reste von Desinfektionsmittel befinden, die beim nächsten Betrieb in die Sahne übergehen können", sagte Michael Kühne von der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz bei der Vorstellung der Ergebnisse.
Auch in Pangasius-Fisch fanden die Untersuchungsämter im vergangenen Jahr häufig Rückstände von Desinfektionsmitteln. Dabei wurden 80 Proben Pangasius untersucht, von denen 79 Prozent Spuren von Desinfektionsmittel aufwiesen. Bei 10 Prozent der Fischproben bestand sogar eine akute Gesundheitsgefahr, so das BVL.
Pangasius-Fisch teilweise gesundheitsgefährdend
Bei der Verarbeitung eines leicht verderblichen Lebensmittels wie Fisch sind besondere Hygienemaßnahmen erforderlich. Dabei ist es üblich, sowohl bei der Verarbeitung als auch bei der anschließenden Reinigung der Flächen und Geräte Wasser zu verwenden, dem Desinfektionsmittel zugesetzt ist. Der Fisch müsse eigentlich am Ende mit heißem Wasser nachgespült werden, um zu verhindern, dass Rückstände bleiben, so Georg Schreiber, Leiter der Abteilung Lebensmittelsicherheit im BVL.
Er fordert außerdem auf: "Es ist absolut inakzeptabel, dass hier Lebensmittel auf den Markt gebracht werden, von denen eine Gesundheitsgefahr für die Verbraucherinnen und Verbraucher ausgeht. Bei der Verarbeitung des Pangasius muss deutlich sorgfältiger gearbeitet werden."
Die entsprechenden Desinfektionsmittel enthalten unter anderem Chlorat und Benzalkoniumchlorid (BAC). Chlorat hemmt die Aufnahme von Jod in die Schilddrüse. Dies kann laut BVL besonders bei empfindlichen Menschen wie Kindern, Schwangeren oder Personen mit Schilddrüsenfunktionsstörungen unerwünschte gesundheitliche Effekte verursachen. BAC kann zu Reizungen im Magen-Darm-Trakt führen.
Krankheitserreger in Hackfleisch
Auch vor rohem Hackfleisch warnen die Experten. In rund sieben Prozent der untersuchten 420 Proben fanden sie E.-coli-Bakterien. Bei der letzten vergleichbaren Untersuchung zehn Jahre zuvor seien nur 0,8 Prozent der Proben positiv getestet worden. Bei 1,9 Prozent der Hackfleisch-Proben wurden außerdem Salmonellen nachgewiesen.
Shiga-Toxin bildende E. coli (STEC) sind Bakterien, die akute Darmentzündungen hervorrufen können. Diese können zum Teil einen schweren Verlauf nehmen, wie bei den EHEC-Infektionen im Jahr 2011. Insbesondere bei Kindern kann eine Infektion mit STEC zur Ausbildung eines hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) führen, das unter anderem mit einer schwerwiegenden Nierenfunktionsstörung einhergeht.
"Die Ergebnisse zeigen einmal mehr, dass rohes Schweinehackfleisch, wie Mett, kein geeignetes Lebensmittel für empfindliche Verbrauchergruppen ist," sagte der Präsident des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Friedel Cramer. "Kleinkinder, ältere und immungeschwächte Menschen sowie Schwangere sollten am besten ganz auf den Verzehr von rohem Hackfleisch verzichten."
Fremdkörper wie Holzteile in Oregano
Zwar nicht gesundheitsgefährdend, aber trotzdem wenig appetitlich: In 13 Prozent von 61 überprüften Oregano fanden die Überwachungsbehörden klein gehackte Olivenblätter in erheblichem Umfang. Insgesamt wurden in jedem fünften Gewürz pflanzliche Fremdbestandteile nachgewiesen, darunter auch Holzteile.
Als einen möglichen Grund für die Verfälschung sieht der BVL die gestiegenen Großhandelspreise für Gewürze. Um Oregano dennoch preiswert anbieten zu können, könnte es mit Fremdbestandteilen gestreckt werden.
Gefährliche Blausäure in Aprikosenkernen
Ein Trendprodukt sind seit einigen Jahren Aprikosenkerne. Im Internet werden diese oft als gesundheitsfördernder Snack oder sogar als Heilmittel gegen Krebs beworben. Dabei enthalten Aprikosenkerne oftmals hohe Mengen an Blausäure, die beim Menschen zu Vergiftungen führen können.
2019 haben die Überwachungsbehörden 43 Proben süße und bittere Aprikosenkerne untersucht. 79 Prozent überschritten den für Blausäure zulässigen EU-Höchstgehalt von 20 mg/kg. Besonders bittere Aprikosenkerne, die aus Wildaprikosen gewonnen werden, lagen im Durchschnitt um mehr als das 100-fache über dem Grenzwert.
Bereits beim Verzehr von mehr als ein bis zwei bitteren Aprikosenkernen pro Tag kann laut den Experten ein gesundheitliches Risiko nicht mehr ausgeschlossen werden.
"Aprikosenkerne sind als Lebensmittel ungeeignet", stellt der BVL-Abteilungsleiter Dr. Georg Schreiber klar. "Der extrem hohe Blausäuregehalt ist eine echte Gefahr für die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher."
Verwendete Quellen:
- Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit: Pressemitteilung "Desinfektionsmittel in Schlagsahne und Pangasius-Fisch: BVL stellt Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung 2019 vor"
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