Cambridge (dpa) - Britische Forscher raten zur Früherkennungsuntersuchung auf Prostatakrebs. Die meisten Prostatatumore wachsen zunächst ohne Symptome; deshalb kann es zu spät sein für eine Behandlung, wenn ein Patient mit Beschwerden zum Arzt kommt.
Oft hat der Tumor dann bereits Metastasen gebildet und ist kaum noch einzudämmen. Eine Gruppe um Vincent Gnanapragasam von der University of Cambridge (Großbritannien) betont, dass es heute gute Methoden gibt, um unnötige Gewebeentnahmen bei der Früherkennungsuntersuchung zu vermeiden. Die Studie ist in der Fachzeitschrift "BMC Medicine" erschienen.
Rund ein Viertel der Erkrankungen verläuft tödlich
Prostatakrebs ist in Deutschland bei Männern die am häufigsten diagnostizierte Krebsart; 2018 gab es dem Robert Koch-Institut zufolge 65.200 Neuerkrankungen. Rund ein Viertel der Erkrankungen verläuft tödlich, nur Lungenkrebs und Darmkrebs führen noch öfter zum Tod.
"Männer sollten sich nicht scheuen, mit ihrem Hausarzt über Tests und den Wert eines PSA-Tests zu sprechen, insbesondere wenn sie in ihrer Familie Prostatakrebs hatten oder andere Risikofaktoren haben", sagt Gnanapragasam. Beim PSA-Test wird die Konzentration des prostataspezifischen Antigens im Blut bestimmt, seine Aussagekraft ist aber begrenzt, es kommt auch zu falsch positiven Ergebnissen. Laut Deutschem Krebsforschungszentrum (DKFZ) kann in Deutschland jeder krankenversicherte Mann ab 45 Jahren jährlich eine Tastuntersuchung der Prostata in Anspruch nehmen. Ein zusätzlicher PSA-Test müsse bezahlt werden.
Screening erkennt Krebs schon früh
Schon vor mehr als zehn Jahren konnten skandinavische Studien nachweisen, dass bei einer systematischen Vorsorgeuntersuchung, einem Screening, Prostatakrebs ganz überwiegend in einem heilbaren Stadium erkannt wird. Die Anzahl der Prostatatumoren, die bei der Entdeckung bereits Metastasen gebildet hatten, lag nur bei etwa 2,5 Prozent. Ohne Screening sieht es anders aus: Eine Untersuchung des britischen National Prostate Cancer Service kam für den Zeitraum April 2019 bis März 2020 auf einen Wert von 13 Prozent bei Männern in Wales und England, die wegen Beschwerden zum Hausarzt gegangen waren. Bei Daten des britischen National Cancer Diagnosis Audit 2014 lag der Wert sogar noch bei 19 Prozent.
Gnanapragasam und Kollegen beklagen zudem, dass in Informationen zur Gesundheitsförderung und sogar in nationalen Leitlinien zu Prostatakrebs Verbindungen zu Symptomen, wie Problemen beim Urinieren, gezogen würden. Dies könne Männer, die keine derartigen Beschwerden hätten, in falscher Sicherheit wiegen. Christian Gratzke, Chef der Urologie im Universitätsklinikum Freiburg, bekräftigt jedoch, dass solche Fehlinformationen in Deutschland nicht verbreitet seien.
Wie die britischen Forscher rät Gratzke dazu, das Prostatakrebsrisiko nicht zu unterschätzen. Entsprechend der S3-Leitlinie Prostatakarzinom werden Männer, die danach fragen, ergebnisoffen über die Vor- und Nachteile der Vorsorgeuntersuchung beraten. Wenn sich ein Patient dafür entscheidet, kann die Konzentration des prostataspezifischen Antigens (PSA) in seinem Blut bestimmt werden. Außerdem kann die Prostata über den Enddarm abgetastet und eine Magnetresonanztomografie erstellt werden. Erst wenn sich aus diesen Untersuchungen ein Verdachtsfall ergibt, wird eine Gewebeprobe (Biopsie) entnommen. "In den vergangenen Jahren haben wir Mediziner uns viele Gedanken darüber gemacht, wie operative Eingriffe vermieden werden können", sagt Gratzke mit Blick auf die Früherkennung.
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