Wiesbaden/Köln - Oft ist sie verführerisch, mitunter laut wie früher der Marktschreier, selten kommt sie nüchtern daher. Werbung soll uns dazu animieren, Geld auszugeben – nicht zuletzt in der (Vor-)Weihnachtszeit. Doch bei der Flut von Reizen, denen wir tagtäglich ausgesetzt sind, muss Werbung für eine bestimmte Sache oder ein bestimmtes Produkt erstens Aufmerksamkeit erzeugen, also sich von der Masse abheben. Und dann in kürzester Zeit aus der Aufmerksamkeit einen Kaufimpuls machen. Das Instrument dabei: Gefühle.
"Letztendlich geht es darum, mit Werbung durch die Kombination von Farben, Schriftzügen und der richtig gewählten Ansprache positive Emotionen auszulösen, sagt Andreas Riekötter von IFH Media Analytics in Köln. Betrachter sollen das Gefühl haben: Wenn ich jetzt dieses oder jenes Produkt kaufe, steigert das mein Glücksgefühl beziehungsweise mein Wohlbefinden. Solche positiven Emotionen lassen sich auch durch Musik – etwa bei Werbung im Radio – oder durch Gerüche – etwa bestimmte Düfte in Einzelhandels-Läden – wecken. Und natürlich in Kombination.
Wie funktioniert diese Beeinflussung, die wir ja nicht bewusst wahrnehmen?
"Hierfür kommen in Annoncen, Flyern oder Bannern etwa bestimmte Farben zum Einsatz", sagt die Wiesbadener Wirtschaftspsychologin Monika Müller. Die Farbe Rot zum Beispiel gilt als extrem aufmerksamkeitsstark. Weil sie eine gewisse Dringlichkeit suggeriert, wird sie oft für Aktionen und Rabatte genutzt. Geht es um Werbung für Kühl- und Frischeprodukte, ist die Farbe Blau oft die erste Wahl. Blau soll aber oft auch Ruhe und Entspannung signalisieren. Mit der Farbe Grün assoziieren viele Harmonie, Gelb steht für Optimismus und Leichtigkeit, Orange für Fröhlichkeit und Vitalität.
Bei der Werbung spielen laut Monika Müller aber auch Schriftarten eine wichtige Rolle. In dicken Lettern vermittelte Werbebotschaften sollen suggerieren, dass man beispielsweise schnell kaufen soll. Das Wort Suggestion kommt vom Lateinischen sugerere, das bedeutet unterschieben, eingeben. Also das Fühlen, Denken und Handeln beeinflussen, ohne dass Vernunft und Logik einbezogen werden.
Dass Werbung mitunter manipulativ sein kann, liegt auf der Hand. "Manipulativ ist Werbung dann, wenn man etwas kauft, was man vor dem Kauf nicht im Kopf hatte", sagt Müller. Häufig ist Andreas Riekötter zufolge manipulative Werbung wenig faktenbasiert, sondern sie weckt Wünsche (wie man gerne sein möchte – "wenn ich das Beworbene kaufe, komme ich meiner Wunschvorstellung näher") oder Erinnerungen (mit dem Produkt "wird es so schön wie früher"). Na, fällt Ihnen da auch direkt ein Slogan ein oder etwas, das Sie plötzlich im Einkaufs- oder Warenkorb hatten, ohne genau zu wissen warum?
Um Menschen spontan zum Kauf von Sachen, die man aktuell eigentlich überhaupt nicht benötigt, zu verleiten, bauen Händler oft künstlichen Druck auf, wie Riekötter sagt. Dafür bauen sie in die Werbebotschaften Countdowns oder Dinge ein wie "Solange der Vorrat reicht", "Nur heute und morgen" oder "Begrenzte Kapazitäten". So betrachtet sind Black Friday, Cyber Monday & Co. auch nicht nur Gelegenheiten, sondern lenken unsere Begehrlichkeit in ein bestimmtes Zeitfenster, innerhalb dessen wir quasi handeln "müssen". Doch wie kann man als Verbraucherin und Verbraucher möglicherweise unnötige Käufe vermeiden?
So schützen Sie sich vor Fehlkäufen
Tipp 1: Sich nicht unter Druck setzen lassen
Auch wenn der Preis eines Produktes als "unschlagbar günstig" beworben wird und das Angebot "nur für kurze Zeit" Gültigkeit hat, sollten sich Verbraucherinnen und Verbraucher nicht unter Druck setzen lassen. Besser ist es, sich den Kauf des angepriesenen Produkts erstens in Ruhe zu überlegen und zweitens mehrere Angebote zu vergleichen. "Man kann den Händler auch nach Ablauf des Aktionszeitraums fragen, ob er bereit ist, das Produkt zu dem günstigeren Preis zu verkaufen", so Andreas Riekötter.
Tipp 2: Die Kaufentscheidung eine Nacht überschlafen
Vor allem, wenn es um größere und kostspielige Erzeugnisse geht, sollte man sich nicht von der ansprechenden Produktwerbung gleich mitreißen lassen. "Wenigstens eine Nacht die Kaufentscheidung überschlafen", sagt Monika Müller.
Tipp 3: Nicht bei Hunger einkaufen
Für den Einkauf von Lebensmitteln gilt: "Nicht hungrig einkaufen gehen", so Riekötter. Denn wer mit einem Hungergefühl etwa in einen Supermarkt geht, kauft spontan mehr als eigentlich nötig. Das kann ins Geld gehen und womöglich auch dazu führen, dass nicht gebrauchte Lebensmittel verderben.
Tipp 4: Nur zu bestimmten Zeiten einkaufen
Online ist es möglich, rund um die Uhr einzukaufen. Um spontane Einkäufe zu vermeiden, kann es hilfreich sein, Routinen oder auch eine gewisse Disziplin zu entwickeln und zum Beispiel nur in einem kleinen Zeitfenster an einem Tag in der Woche online Waren zu ordern. Monika Müller: "Das bewusst gesetzte Zeitfenster bringt es mit sich, dass man noch einmal Zeit gewinnt und währenddessen darüber nachdenken kann, ob der geplante Kauf wirklich sinnvoll ist."
Tipp 5: Generell kritisch sein beim Einkaufen
Immer wieder locken Rabattschlachten – im November eines Jahres etwa der Black Friday, die Black Week oder der Cyber Monday. Doch Verbraucherschützer haben herausgefunden, dass die Rabatte gar nicht so kräftig sind, wie es zunächst erscheint. Denn viele Händler ziehen die unverbindliche Preisempfehlung (UVP) der Hersteller als Berechnungsgrundlage heran, die oft nicht dem normalen Verkaufspreis entsprechen. Statt der versprochenen Preisnachlässe von 50 Prozent betragen Rabatte unterm Strich allenfalls 20 Prozent.
Übrigens: Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ) empfiehlt, bei Onlinehopping außerdem darauf zu achten, dass der Warenkorb nur das enthält, was reinsoll: Finden Sie automatisch hinzugefügte Produkte? Dann löschen! Und: Lesen Sie sich die AGB des Online-Shops sowie die Bedingungen für Zusatzangebote vorher genau durch. © Deutsche Presse-Agentur
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