Das bisschen Übelkeit in der Schwangerschaft ist doch normal, das vergeht! Aber was, wenn nicht? Frauen, die an extremer Schwangerschaftsübelkeit (Hyperemesis gravidarum) leiden, verzweifeln oftmals angesichts der starken Symptome. Ein prominentes Beispiel für die Ausmaße der Übelkeit ist Herzogin Kate. Doch wie gefährlich ist die Krankheit?

Mehr zum Thema Gesundheit

Bis zu neun Monate lang Übelkeit und häufiges Erbrechen: Hyperemesis gravidarum ist die Extremform der Schwangerschaftsübelkeit. Englands Herzogin Kate litt bereits während ihrer Schwangerschaft mit Baby George darunter, Schriftstellerin Charlotte Brontë soll sogar an der Krankheit gestorben sein.

Weit mehr als nur morgendliche Übelkeit

In normal verlaufenden Schwangerschaften dauert Übelkeit üblicherweise nur etwa bis zur zwölften Woche. An Hyperemesis gravidarum erkrankte Frauen leiden hingegen rund um die Uhr an starker Übelkeit und heftigem Erbrechen. Weder feste Nahrung noch Flüssigkeit können die Patientinnen bei sich behalten. Wer sich häufiger als rund fünf Mal am Tag übergeben muss, ist meist von Hyperemesis gravidarum betroffen - das dürften zwischen zwei und 15 Prozent der Schwangeren sein, die Ursachen sind noch unklar. Von Ärzten wird vermutet, dass hormonelle Umstellungen in der Schwangerschaft die Krankheit auslösen. Auch Veranlagung oder - laut einer Studie des Wiener Gynäkologen Peter Frigo - Befall durch das Bakterium "Helicobacter pylori" könne eine Rolle spielen, informiert die Selbsthilfegruppe "Hyperemesis gravidarum".

Weil durch ständige Übelkeit und Erbrechen bis zu 100 Mal am Tag kaum Flüssigkeit aufgenommen werden kann, besteht die Gefahr, dass der Körper dehydriert - Infusionen bis hin zu künstlicher, intravenöser Ernährung werden nötig. In den meisten Fällen kommen die Schwangeren nicht ohne einen oder gar mehrere Krankenhausaufenthalte aus.

Auch Martina Grübler aus Oberösterreich, Mutter zweier kleiner Mädchen, ist an Hyperemesis gravidarum verzweifelt: "In meiner ersten Schwangerschaft hatte ich nur drei, in der zweiten genau einen einzigen Tag, an dem ich mich nicht übergeben musste. Im Minutentakt. So lange, bis nur noch Blut hochkam. Ich habe massiv an Gewicht verloren und musste über Wochen im Krankenhaus bleiben und künstlich ernährt werden." Sie war kraftlos und total erschöpft, konnte nichts riechen oder sich bewegen, ohne, dass ein Brechreiz ausgelöst wurde.

Normaler Alltag? Unmöglich!

Betroffene können wegen ihrer körperlichen Schwäche und plötzlichen Brechanfällen von einem normalen Alltag nur träumen. Dem Job nachgehen, den Haushalt führen oder sich um Kinder kümmern ist nicht mehr möglich. Einsamkeit, Verzweiflung und Depressionen dominieren während neun Monaten das Leben - von Genießen der Schwangerschaft kann keine Rede sein.

In einem offenen Brief an Ärztekammer und Gesundheitsministerium fordert die Selbsthilfegruppe Aufklärung - für Ärzte und die Gesellschaft, damit Erkrankte auch ernstgenommen werden würden, denn hier sei noch jede Menge Bedarf. "Ganz schlimm fand ich, als mir gesagt wurde, ich würde mein Kind nicht annehmen und ein psychisches Problem haben", so Martina Grübler.

Ingwer, frische Luft und Kekse - wenig hilfreiche Tipps

Sinnlos sind gut gemeinte Tipps und Hausmittelchen gegen Übelkeit, wie Ingwer, Tees, Spaziergänge an der frischen Luft oder Kekse essen vor dem Aufstehen. Diese helfen vielleicht bei Morgenübelkeit, nicht aber bei extremer Schwangerschaftsübelkeit. Hyperemesis gravidarum ist eine Krankheit und gehört behandelt. Es gibt auch Medikamente, die helfen können, diese müssen aber oftmals aus dem Ausland bezogen werden.

Was können Betroffene tun?

Ohne ein Netzwerk an Helfern geht laut Betroffenen wie Martina Grübler nichts: "Wenn man den Verdacht hat, von Hyperemesis betroffen zu sein, muss man im Vorhinein bereits sein Umfeld informieren und beginnen, alles durchzuplanen und zu organisieren - für den Haushalt, für die Versorgung der Kinder." Dann habe man wenigstens diese Sorge weg, denn: "Man wird im schlimmsten Fall für neun Monate aus dem Leben gerissen - ist einfach 'weg'."

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.