• Im Lockdown kommt man sich als Paar näher - was zusammenschweißen, in manchen Fällen aber auch nerven kann.
  • Streit gibt es in den besten Beziehungen, doch was ist, wenn es nicht mehr nur um Belanglosigkeiten geht?
  • Was kann man tun, wenn der Disput sich um politische Fragen und Themen dreht, die das eigene Wertesystem betreffen?

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Gerade in der Corona-Pandemie kann es bei Diskussionen unter Paaren sehr schnell hitzig werden: Die eine findet die Corona-Maßnahmen zu mild, der andere vielleicht zu streng - und überhaupt, ist doch "eh nur eine Grippe".

Fakt ist: Die Belastungen dieser schon lange andauernden Ausnahmesituation machen das Diskutieren nicht einfacher. "Wir erleben etwas, mit denen die meisten von uns gar keine Erfahrung haben und sind in einem Dauerstress, weil unsere Welt mit den gewohnten Abläufen aus den Angeln gehoben ist", sagt die Psychologin Nathalie Krahé aus Frankfurt am Main.

Wenn der Partner erschreckende Ansichten offenbart

Gegensätzliche Meinungen konnten schon immer Beziehungen belasten, das ist kein Corona-Phänomen. Allerdings sind wir momentan eben öfters gefragt, eine Position zu beziehen.

Das kann dazu führen, dass der Partner oder die Partnerin plötzlich Ansichten offenbart, die einen erschrecken und wütend machen. "Darüber kann man in normalen Zeiten vielleicht eine Weile hinwegsehen, aber wenn sich das verdichtet und potenziert im Zuge der Pandemie, dann hat das schon eine Sprengkraft, die Beziehungen zum Scheitern bringen kann", sagt Krahé.

Dabei ist Streit über Gleichberechtigung, Klimapolitik aber auch Corona-Maßnahmen per se nichts Schädliches für Beziehungen - es kommt nur auf das Wie an. "Bei politischen Fragen gibt es Paare, die sehr gut miteinander diskutieren. Die haben Lust auf ein geistiges Duell, das macht ihnen Spaß", sagt die Paartherapeutin Anika Bökenhauer aus Göttingen.

Die Grundstimmung ist dann allerdings geprägt von großer Wertschätzung und Akzeptanz - dadurch sind die Unterschiede in den Meinungen auch gut auszuhalten.

Diskutieren ja - aber richtig!

Ihr grundsätzlicher Rat für gutes Diskutieren: Nicht sofort in eine Gegenposition gehen und die eigene Position harsch vertreten, sondern dem Gegenüber erstmal Raum geben und neugierig sein. Man fragt also: "Aha, warum denkst Du so darüber?" Dann hört man geduldig zu und sagt irgendwann: "Okay, ich habe eine andere Meinung dazu - willst Du sie hören?" Es ist dagegen nicht zielführend, wenn die Einstellung ist: Hier gewinnt einer und der andere verliert.

Themen wie Gleichberechtigung von Mann und Frau, Fragen zu medizinischer Ethik aber auch abwertendes Denken über bestimmte Bevölkerungsgruppen betreffen bei vielen Menschen die grundsätzlichen Werte - zwar spielen solche Haltungen bei der Partnerwahl durchaus eine Rolle, doch oft offenbaren sich bestimmte Ansichten des Partners eben nicht gleich am Anfang der Beziehung.

Bökenhauer sagt, dass viele das dann im Zusammenleben verdrängen und im Fall der Fälle bei mancher Entgleisung kein Fass aufmachen. Typischer Kommentar in so einer Situation: "Ja, mein Mann sagt schon komische Sachen." Meist beschäftigt man sich erst intensiver damit, wenn man sich mit einer möglichen Trennung auseinandersetzt.

Gerade angesichts des aktuellen Ausnahmezustands, der bei vielen wegen Existenzsorgen oder Überbelastung auch in ihrer persönlichen Gefühlswert herrscht, rät Nathalie Krahé aber, beim Thema Trennung nicht vorschnell zu sein.

Ihr Rat lautet: Kommen Paare bei bestimmten Themen überhaupt nicht auf einen Nenner und sind zunehmend frustriert, sollten sie eine Art Waffenruhe vereinbaren. Man könne sich sagen: "Komm', da sind alle Worte ausgetauscht, wir kommen aktuell nicht auf einen Nenner. Ich will aber weiter mit Dir zusammen sein - lass' uns da in ein paar Monaten wieder drüber reden und solange stärker auf das Verbindende konzentrieren."

Umfrage: Beziehungsprobleme wegen Pandemie besonders bei jüngeren Paaren

In einer repräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts Innofact gaben 44 Prozent der Paare an, dass sie die Pandemie zusammengeschweißt habe. Aber die gemeinsamen Stunden können auch an den Nerven zerren. Für knapp ein Viertel der Befragten wurde diese Zeit zur Belastungsprobe für die Beziehung (23 Prozent) und 22 Prozent der Paare haben sich öfter gestritten als üblich.

Besonders bei jüngeren Paaren zwischen 18 und 29 Jahren hat die Pandemie für mehr Beziehungsprobleme gesorgt (34 Prozent). Im Vergleich: Nur bei 12 Prozent der Paare über 50 Jahre hat die Corona-Pandemie für einen Anstieg der Probleme in der Partnerschaft geführt. Aber auch kaum zu mehr Sex. Das traf nur für 8 Prozent zu. Ganz anders bei den 18- bis 28-Jährigen: Da gaben 40 Prozent an, die gemeinsame Zeit für mehr Sex genutzt zu haben.

Die Befragung wurde im Auftrag des Online-Partnervermittlers Parship unter 1.001 Personen zwischen 18 und 69 Jahren durchgeführt - davon 708 in Beziehung lebend. (dpa/nis/mak)

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