In der aktuellen Folge des NDR-Podcasts relativiert Virologe Christian Drosten das Ergebnis einer vielversprechenden Studie aus China und erklärt, warum es bis dato so wenig Infos über genesene Patienten gibt. Zudem schildert er, was er von den neuen Antikörpertests, die immer mehr deutsche Apotheken erreichen, und selbst genähten Atemschutzmasken hält.

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Einmal mehr sorgt Christian Drosten, die inzwischen allseits bekannte Stimme der Corona-Krise, mit seinem Podcast-Update für Aufklärung. Laut einer neuen Studie der "Chinese Academy of Medical Science" gebe es gute Nachrichten in Sachen Bildung von Antikörpern.

Dazu der Virologe: "Man hat vier Rhesusaffen mit dem Virus infiziert und sie zunächst beobachtet. Danach hat man einen der Affen getötet und seziert, um zu sehen, ob diese Erkrankung in der Lunge auch wirklich so aussieht wie beim Menschen. Und das war auch weitgehend so. Die drei weiteren Tiere hat man dann nach der Ausheilung erneut infiziert – und zwar mit einer Million mehr Viren als man bräuchte, um eine Infektion hervorzurufen. Und diese Dosis, die ein Patient unter natürlichen Bedingungen sicher nicht abkriegen würde, hat bei den Tieren dennoch keine Infektion mehr hervorgerufen."

Christian Drosten relativiert und hofft auf weitere Studien

Dies sei laut Drosten jedoch nur eine Studie anhand einer kleinen Zahl von Affen. Ihm zufolge brauche es eine klinische Beobachtung von Patienten, die nach einer überstandenen Infektion aus dem Krankenhaus entlassen wurden.

"Die müsste man schon über eine Zeit verfolgen und gegen eine Kontrollgruppe beobachten", so der derzeit omnipräsente Leiter des Virologie-Instituts an der Charité in Berlin. Zur Studie meint er noch: "Da muss man schon noch ein bisschen warten, ob das nicht noch eine andere Gruppe überprüfen will."

Zeitmangel schuld an fehlenden Daten über genesene Corona-Patienten

Dass man so wenig über genesene Patienten, aber relativ viel über Fallzahlen und Sterblichkeitsraten weiß, erklärt Christian Drosten wie folgt: "Das liegt wohl daran, dass die Literatur noch nicht so weit ist. Viele Kliniken, die solche Patienten behandeln, sind im Moment sehr beschäftigt und schaffen es nicht, gleichzeitig wissenschaftlich zu arbeiten."

Ein wissenschaftlicher Bericht sei überaus aufwändig. "Viele – insbesondere Personen, die im Krankenhaus beschäftigt sind – kriegen diese Zeit einfach im Moment nicht zusammen, weil die Station voller Patienten ist und die Situation laufend komplizierter wird", so der Experte weiter. Für Wissenschaft mangele es hier schlichtweg an Zeit.

Symptome meist nach einer Woche verschwunden

Eines kann der Spezialist für Infektionskrankheiten aber sehr wohl dazu sagen: "Die eigentlichen Symptome bei den meisten Patienten waren nach einer Woche überstanden. Und diese Symptome sind nicht nur etwa Fieber, sondern auch der Husten ist nach sieben Tagen wieder weg." Das seien aber keine komplizierten Fälle gewesen, "wo man darüber nachdenken musste, sie auf die Intensivstation zu legen".

Immer mehr Antikörpertests für Apotheken

Derzeit erreichen zunehmend kommerzielle Antikörpertests die heimischen Apotheken. Diese stammen vorwiegend aus Asien und ähneln optisch einem Schwangerschaftstest.

Drosten ortet hier zwei Probleme: "Einerseits haben die Tests eine gewisse Fehlerrate. Andererseits, und dieser Fehler ist gravierender, wird dabei nicht auf das Virus, sondern auf Antikörper getestet, die jedoch erst in der zweiten Woche gebildet werden. Heißt: Der Test ist in der ersten Phase der Krankheit quasi blind und in dieser Zeit somit vollkommen nutzlos."

Personen, die in den letzten Wochen stark erkältet waren und wissen wollen, ob das Coronavirus dahinter steckte, rät Drosten, dies unter Beratung eines Hausarztes und in Form eines Labortests, der natürlich auch zuverlässig sei, abzuklären. In den nächsten Wochen erwartet der Virologe Tests, die auf das Antigen des Virus, also auf Proteine, prüfen und letztlich das Virus direkt nachweisen werden.

"Es wird dann von der Infektion abhängen, ob die Tests nützlich sind. Ab dem zweiten oder dritten Tag der Symptome könnte so ein Test aber sehr wohl funktionieren und die gegenwärtigen PCR-Tests, die ja schwer verfügbar sind, ablösen", vermutet Drosten.

Coronavirus: Atemschutzmasken selber basteln?

Abschließend widmet sich Drosten im Podcast noch der NRD-Hörerfrage, ob man Atemschutzmasken auch selbst herstellen könne oder ob dies völlig abwegig sei.

Der Virologe: "Völlig abwegig ist das nicht. Über wissenschaftliche Daten für die Wirkung von FFP-Masken inklusive Filter oder die einfachen OP-Masken verfügen wir nicht. Lediglich die FFP3-Masken haben einen belegbaren Infektionsschutz." Das Problem: Diese könne man nicht lange tragen, da man darunter zum Beispiel extrem stark schwitzt.

Die gängigen Masken könnten laut Drosten sehr wohl große Tröpfchen abhalten. Drosten aber weiter: "Man denkt immer, man würde sich mit der Maske selbst schützen. In Wirklichkeit schützt man aber anderen. Wäre die Maske aber in der Breite vorhanden, wie dies in einigen asiatischen Ländern der Fall ist, dann ergäbe dies sehr wohl Sinn. Dann kann man durchaus erwarten, dass eine Infektionsausbreitung im Nahbereich – und nur dort – etwas verringert wird."

Diese Art der Verbreitung der Masken könne er sich in Deutschland allerdings nur schwer vorstellen. "Aus kulturellen Gründen", so der Experte.

Professor Dr. Christian Drosten ist Leiter des Instituts für Virologie an der Berliner Charité und einer der führenden Virus-Forscher Deutschlands. Der 48-Jährige gilt als Mitentdecker des SARS-Virus. Unmittelbar nach dem Ausbruch SARS-Pandemie 2003 entwickelte er einen Test auf das neu entdeckte Virus, wofür er 2005 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde. In der aktuellen Corona-Krise ist der gebürtige Emsländer ein gefragter Gesprächspartner, täglich gibt er Auskunft zur aktuellen Lage.
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