In ganz Deutschland haben offenbar Hunderte Arztpraxen mangelhafte Schutzmasken geliefert bekommen. Doch das Problem ist ein europaweites: Einem Medienbericht zufolge wurden auch Behörden in anderen Ländern mit gefälschten Zertifikaten betrogen - dem Bundesgesundheitsministerium war bereits im April die Problematik bekannt.

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An niedergelassene Ärzte wurden nach Informationen des Bayerischen Rundfunks (BR) Hunderttausende mangelhafte Schutzmasken geliefert. Mindestens 800.000 der im Frühjahr verteilten Masken wiesen Mängel auf oder entsprachen nicht den Anforderungen, wie eine BR-Anfrage an alle Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) laut einem Bericht vom Donnerstag ergab. Ein Teil der Masken sei vom Bundesgesundheitsministerium geliefert worden.

Nach Aussage der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns war die Qualität der vom Bund gelieferten Waren demnach "teilweise sehr schwankend." In Niedersachsen waren nach Angaben der zuständigen KV rund 400 Arztpraxen betroffen.

Kritik über die Schutzausrüstungen für Klinikärzte hatte Susanne Johna bereits im Mai im Gespräch mit unserer Redaktion geäußert. Sie ist Oberärztin für Krankenhaushygiene im St. Josefs-Hospital in Rüdesheim und Vorsitzende des Marburger Bundes, der mehr als zwei Drittel aller Krankenhausärzte in Deutschland vertritt.

"Bei einigen Schutzausrüstungen hoffen wir, dass tatsächlich drin ist, wonach es aussieht, da manchmal ausschließlich chinesische Schriftzeichen zu finden sind", sagte Johna. Bei einigen stichprobenartigen Untersuchungen seien ihr zufolge zudem Sicherheitsmängel aufgefallen. "Ich wünsche mir da noch mehr Kontrollen im Sinne des medizinischen Personals. Das kann ein einzelner Mitarbeiter nicht leisten", betonte die Medizinerin damals.

Europaweiter Betrug mit Zertifikaten

Gemeinsame Recherchen des BR mit der Rechercheplattform OCCRP und internationalen Partnermedien zeigten, dass europaweit Behörden Millionen von unsicheren Masken kauften. In vielen Fällen steckte offenbar Betrug mit Zertifikaten dahinter.

Die Reporter haben dem Bericht zufolge mehr als hundert Zertifikate ausgewertet. Neben Fälschungen finden sich demnach vor allem irreführende Dokumente, die auch von europäischen Zertifizierungsstellen ausgegeben wurden. Dabei handelt es sich nicht um EU-Behörden, sondern um Firmen, die bestätigen können, ob importierte Produkte den europäischen Sicherheitsstandards entsprechen. Allerdings stellten demnach Firmen, die gar keine Schutzausrüstung zertifizieren dürften, wiederholt ungültige Zertifikate aus.

Vor einigen der mit irreführenden Zertifikaten verkauften Schutzmasken wird inzwischen offiziell gewarnt, auch in Deutschland. Insgesamt listet die Rückruf-Datenbank der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin mehr als 50 mangelhafte Schutzmaskenmodelle auf. Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung OLAF hat Ermittlungen eingeleitet.

Gesundheitsministerium war Problematik schon im April bekannt

In Deutschland war dem Bundesgesundheitsministerium dem BR zufolge schon im April bekannt, dass Zertifikate mit "nur geringer Aussagekraft" im Umlauf seien, wie es in einem Dokument heißt, das das Ministerium an Händler verschickte und das dem BR vorlag.

Das Ministerium lässt beschaffte Masken vom TÜV Nord stichprobenartig testen. In mehreren Fällen lieferte es demnach allerdings Masken aus, die vorher vom TÜV Nord beanstandet worden waren. Das Ministerium begründet diese Fehlzustellungen gegenüber dem BR unter anderem mit dem Zeitdruck der Pandemie-Situation. Die fehlerhafte Ware sei zurückgerufen worden. (afp/mf)

München, Corona-Regeln, Maskenpflicht, U-Bahn, ÖPNV, Bayern, öffentlicher Personennahverkehr

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