Seit ein paar Tagen läuft das öffentliche Leben in Deutschland wegen des Coronavirus auf Sparflamme. Experten betonten: Es dauert, bis sich die Vorkehrungen in den Zahlen zu Neuinfektionen niederschlagen. Diese Woche dürfte mehr Klarheit bringen.

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Schulen und Kitas geschlossen, viele Arbeitnehmer im Home-Office, die meisten Läden und Restaurants dicht: Das Robert Koch-Institut (RKI) hat sich vorsichtig optimistisch gezeigt, dass sich der Anstieg der Coronavirus-Fallzahlen in Deutschland bereits leicht abschwächt.

"Wir sehen den Trend, dass die exponentielle Wachstumskurve sich etwas abflacht", sagte RKI-Präsident Lothar Wieler am Montag in Berlin und berief sich auf tägliche Analysen. Für eine definitive Bewertung sei es jedoch zu früh, wahrscheinlich sei dies erst am Mittwoch möglich.

"Aber ich bin optimistisch, dass diese Maßnahmen schon jetzt sichtbar sind - was sehr früh ist, weil sie ja erst seit einer Woche wirklich gefahren werden", sagte Wieler. Außerdem schließt das RKI demnach aus Handydaten, dass sich die Mobilität in Deutschland zuletzt schon reduziert hat - aber es reiche noch nicht, sagte Wieler. Dieser Effekt werde sich nun aber durch die am Sonntag verkündeten Maßnahmen verstärken.

Verschärfte Regeln für mindestens zwei Wochen

Bund und Länder hatten ein Kontaktverbot beschlossen. Bundesweit werden Ansammlungen von mehr als zwei Personen verboten. Ausgenommen sind Angehörige, die im eigenen Haushalt leben. Die verschärften Regeln sollen für mindestens zwei Wochen gelten.

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Dem RKI wurden bisher mehr als 22.600 nachgewiesene Infektionen aus den Bundesländern gemeldet, wie Wieler ausführte, darunter 86 Todesfälle. Allerdings hätten am Wochenende nicht alle Ämter Daten übermittelt, so dass die Fallzahlen tatsächlich bereits weiter angestiegen sein dürften. Mindestens rund 2.800 Menschen seien anhand vorliegender Daten genesen, sagte Wieler. Tatsächlich gehe man aber davon aus, dass bereits mehr Patienten wieder gesund sind.

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Medizinhistoriker über Corona-Krise: "Eindeutig historisches Ereignis"

Als "eindeutig historisches Ereignis" wertet Medizinhistoriker Philipp Osten die Corona-Krise. "Das, was wir erleben, ist historisch. Wir können unseren Kindern nicht sagen, dass wir so etwas schon einmal erlebt hätten", sagte der Leiter des Instituts für Geschichte und Ethik in der Medizin beim Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Neuigkeiten gibt es auch für Kliniken, die mit Personalengpässen zu kämpfen haben: Das RKI habe neue Optionen zum Management von Kontaktpersonen unter medizinischem Personal bei Personalmangel veröffentlicht, sagte Wieler. "Medizinpersonal muss demnach nach engem ungeschütztem Kontakt zu COVID-19-Erkrankten nicht mehr so lange in Quarantäne und kann bei dringendem Bedarf in Klinik oder Praxis arbeiten, solange keine Symptome auftreten." Kliniken sollten dies möglichst mit den Gesundheitsämtern absprechen.

Gestiegene Risikowahrnehmung

Die RKI-Empfehlung zu 14 Tagen Quarantäne für Ärzte oder Pflegekräfte, die ungeschützt mit Infizierten in Kontakt gekommen waren, wurden teils als unpraktikabel kritisiert. Es gab Berichte von besonders betroffenen Kliniken, die sich darüber hinwegsetzten, um die Patientenversorgung sichern zu können.

Generell sieht Wieler auf Basis von Befragungen inzwischen eine deutlich gestiegene Risikowahrnehmung, wie er sagte. Es gebe aber leider immer noch eine Kluft zwischen dem Wissen in der Bevölkerung und dem Handeln. Der RKI-Chef appellierte erneut an die Menschen, einen Abstand von 1,5 bis 2 Metern zu halten, regelmäßig die Hände zu waschen sowie in die Armbeuge zu niesen oder zu husten.  © dpa

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