- Sechs Tiere sorgen in einem Seniorenheim im thüringischen Rudolstadt für Abwechslung.
- Alpakas und Lamas sollen den Bewohnern Freude bereiten - und etwa Demente fordern.
Wer nicht informiert ist, könnte an sich zweifeln, als die sechs Tiere vom Roten Berg auf den Aufzug zulaufen. An sich ein ganz normaler Donnerstag in einem Rudolstädter Seniorenheim. Aber statt eines Bettes versuchen die Pflegekräfte ein halbes Dutzend Alpakas und Lamas in den vierten Stock zu bekommen.
Das Ziel der Tiere ist die vierte Etage. Hier sollen sie heute vor allem bettlägerigen und dementen Patienten und Patientinnen einen Besuch abstatten - und ein bisschen Abwechslung in den tristen Alltag bringen. Den Lamas ist der Aufzug jedoch nicht geheuer. "Dann bleiben sie draußen im Garten", sagt
Dinter züchtet die flauschigen Tiere. Neben Wanderungen für Jedermann und etwas anderen Kindergeburtstagen bietet die ausgebildete Fachkraft, wie hier, auch tiergestützte Therapie an.
Alpakas ohne Berührungsängste
Während die Alpakas sich neugierig in der neuen Umgebung umschauen, erklärt sie: "All das, was wir hier machen, das ist wirklich für die eine Höchstleistung." In ein Auto steigen, ein Halfter tragen, mit Menschen in Aktion zu treten - "das sind alles Sachen, die wirklich lange trainiert wurden". Nicht jedes Tier sei dafür gleich geeignet.
Doch die Hengste, die sie heute mitgebracht hat, scheinen keine Berührungsängste zu haben. Wie selbstverständlich laufen Hector, Hardes, Pepe und Oskar durch die Flure und schauen neugierig in die Zimmer.
"Jetzt gerade gucken sie wieder in mein Zimmer", sagt ein Mann und lacht. "So, jetzt geht ihr mal wieder raus, das ist meins", treibt er sie scherzhaft an. In Zimmer 3 bleibt die Tür zu. Hier sind die Tiere nicht erwünscht. Frau Stiehm in Zimmer 10 hingegen hat keine Eile, die flauschige Truppe wieder aus ihrem Zimmer zu bekommen. "So Besuch bekommt man ja nicht alle Tage."
Tiergestütze Therapie ist kein Novum in dem Seniorenheim. Auch Katzen und Hasen waren schon zu Gast. "Das war auch ganz nett. Aber das ist eine andere Dimension jetzt", sagt der Leiter der Rudolstädter Awo-Einrichtung, Tobias Zeilinger. Besonders die dementen Bewohner reagierten gut auf die großen und meist nur aus dem Fernsehen bekannten Tiere.
Tiere sollen mehrmals im Jahr zu Besuch kommen
Auch für die Leiterin der Sozialen Betreuung im Awo-Pflegeheim, Antje Hedwig, ist der Einsatz der Alpakas ein besonderer Erfolg. Sie bucht unter anderem auch Jagdhornbläser oder Tanzgruppen für die 152 Personen starke Einrichtung. Aber die Bewohner gingen besonders offen mit den Tieren um.
"Die Leute zehren ganz lange davon", sagt Hedwig. "Wenn wir sagen, "Passt auf, die Alpakas kommen bald wieder" - Oh, da ist wirklich die Begeisterung groß." Dass die Tiere sich streicheln lassen und schön weich sind, sei besonders toll. "Dieses Berühren und Anfassen und in Kontakt gehen ist doch was anderes", sagt Hedwig. Zwei bis drei Mal im Jahr soll der tierische Trupp nun kommen.
Der Ausflug in die Zimmer ist nur ein Teil des Besuchs. Die meiste Zeit flanieren die Tiere im Garten und lassen sich von den Männern und Frauen streicheln. Dafür kommen selbst sonst nicht so Motivierte aus ihren Zimmern raus, pflücken Gänseblümchen zum Füttern, bürsten die Tiere, lassen sich etwas über die Wolle erzählen.
Kurzzeitiger Rollentausch
Die 82-jährige Emmi Kreudzer kennt die sonst in den südamerikanischen Anden wohnhaften Tiere aus Dokumentationen, die sie so gern schaut. "Dass das alles so wirklich ist, wenn man sie anfasst. Das ist doch ganz anders, als wenn man sie nur sieht", sagt sie. "Das erfreut nicht nur Kinder! Das erfreut auch ältere Leute."
Die eher nebenbei getätigten Bewegungen bringen laut Dinter Schwung in die meist eingeschränkten Körper. Beim Füttern wird nebenbei das Greifen geübt, fürs Bürsten dann doch mal aus dem Rollstuhl aufgestanden, weil es doch am Hals besonders angenehm für den haarigen Gesellen ist.
Neben dem körperlichen Effekt sei auch nicht zu vernachlässigen, dass sich hier eine Möglichkeit biete, für eine kurze Zeit die Rollen zu tauschen. "So können sie selbst mal diejenigen sein, die anderen etwas Gutes tun", sagt Dinter. © dpa
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