Geschichten über einen suchtkranken Mitbewohner, eine sterbende Großmutter und einen sammelwütigen Vater haben das diesjährige Wettlesen um den Ingeborg-Bachmann-Preis eröffnet. Als erste der 14 Autorinnen und Autoren im Wettbewerb präsentierte die Schweizerin Sarah Elena Müller am Donnerstag im österreichischen Klagenfurt ihre Erzählung "Wen ich hier seinetwegen vor mir selbst rette". Die Jury lobte fast einhellig Müllers surrealistisch angehauchten Text, in dem eine Erzählerin verzweifelt mit der Abhängigkeit ihres Mitbewohners und mit ihrer eigenen Abhängigkeit von ihm hadert.

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Bei den 48. Tagen der deutschsprachigen Literatur musste danach die österreichische Autorin und Kabarettistin Ulrike Haidacher für ihren Roman-Auszug "Schwestern" teils scharfe Kritik einstecken. Während das Publikum von der Geschichte über den Pflegeberuf, Generationenkonflikte und die Mühen des Sterbens berührt schien, bemängelte die Jury Haidachers einfache Erzählweise. "Das haben andere origineller gemacht", sagte Juror Thomas Strässle.

Auch der Schweizer Poet und Musiker Roland Jurczok konnte die Jury mit seinem Text "Das Katangakreuz" nicht völlig überzeugen. Jurczoks Erinnerungen an einen verstorbenen, eigenbrötlerischen Vater und eine in die Hausfrauenrolle gedrängte Mutter "bräuchte noch 50, 80 Seiten", um sich zu entfalten, meinte der Jury-Vorsitzende Klaus Kastberger.

Bis Samstag werden die insgesamt 14 deutschsprachigen Texte des Wettbewerbs vor Publikum, Jury und TV-Kameras präsentiert und kritisiert. Am Sonntag wird bekanntgegeben, wer den mit 25 000 Euro dotierten Hauptpreis gewinnt. Voriges Jahr errang die aus Tübingen stammende Valeria Gordeev die Auszeichnung, die nach der österreichischen Literatin Ingeborg Bachmann (1926-73) benannt ist.  © dpa

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