Saß Manfred Genditzki 13 Jahre lang für einen Mord im Gefängnis, den es nie gegeben hat? Im Wiederaufnahmeverfahren um den sogenannten Badewannen-Mord hat jetzt selbst die Staatsanwaltschaft Zweifel an der Schuld des Angeklagten.
Im Wiederaufnahmeverfahren um den sogenannten Badewannen-Mord von Rottach-Egern fordert die Staatsanwaltschaft Freispruch für den angeklagten Manfred Genditzki. Er hatte für die mutmaßliche Tat rund 13 Jahre im Gefängnis gesessen. Die Staatskasse sei verpflichtet, Genditzki dafür zu entschädigen, sagte Staatsanwalt Michael Schönauer am Montag vor dem Landgericht München I. Er finde "die passenden Worte nicht".
Mord oder Unfall?
"Hat überhaupt eine Tat stattgefunden?" - das sei die entscheidende Frage, sagte Schönauer. Und diese Frage sei nun einmal nicht zweifelsfrei mit Ja zu beantworten. Möglich sei laut einem biomechanischen Gutachten, dass die Seniorin, die Genditzki ermordet haben soll, schlicht in die Wanne stürzte, sich den Kopf anschlug und ertrank.
Der inzwischen 62 Jahre alte Genditzki, der in der Wohnanlage der Getöteten als Hausmeister tätig war, war 2010 vom Landgericht München II zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Nach Überzeugung des Schwurgerichts hatte er die Seniorin im Oktober 2008 in deren Wohnung im oberbayerischen Rottach-Egern nach einem Streit auf den Kopf geschlagen und dann in der Badewanne ertränkt.
Er hat die Vorwürfe stets bestritten, der Tag seiner Verhaftung sei für Gendiktzki der "Tag seiner persönlichen Zeitenwende" gewesen, sagte sein Anwalt Klaus Wittmann in seinem Schlussplädoyer.
Fall wird neu aufgerollt - und Genditzki angehört
Das Urteil wurde nach zwei Revisionen rechtskräftig. Nach einem jahrelangen Kampf Genditzkis wurde der Fall schließlich neu aufgerollt - was höchst selten vorkommt. Im neuen Verfahren waren nun Gutachter gehört worden, die den jahrelang inhaftierten Mann aus Sicht seiner Verteidigung und nun auch der Staatsanwaltschaft entlasten.
Der Prozess sei "vor allem ein Sachverständigenprozess" gewesen, sagte Staatsanwalt Schönauer. Und diese hätten auf Erkenntnisse zurückgreifen können, die es in den vergangenen beiden Prozessen noch nicht gegeben habe. Die Wissenschaft habe sich seither sehr weiterentwickelt.
"Wir rechnen mit einem Freispruch", hatte Genditzkis Verteidigerin Regina Rick zu Beginn des Prozesses erklärt. An diesem Freitag (7. Juli) könnte das Urteil fallen. (dpa/lag)
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