Ein Öltanker hätte nach wochenlanger Fahrt aus Afrika eigentlich in Südengland anlegen sollen - eigentlich. Stattdessen ankerte er vor der Isle of Wight, mutmaßlich mit blinden Passagieren an Bord.
Rund um einen Öltanker vor der Küste der britischen Isle of Wight hat es am Sonntag einen großen Polizeieinsatz gegeben. Politiker und Behörden gingen von blinden Passagieren an Bord des Schiffes aus. "Der Kapitän hat den Anker geworfen, obwohl man ihn anwies, das nicht zu tun. Das Schiff könnte unter der Kontrolle blinder Passagiere sein", sagte der britische Abgeordnete für die Region, Bob Seely, dem Sender Sky News. Er ging davon aus, dass maritime Anti-Terror-Einheiten mit den Ermittlungen beauftragt werden dürften. Dem Verteidigungsministerium zufolge wurde aber zunächst kein Militär hinzugezogen. Ein Bereich von mehreren Seemeilen rund um den Tanker war am Nachmittag zum Sperrgebiet erklärt worden, es waren Helikopter der Polizei sowie Kräfte der Küstenwache im Einsatz.
Der Vorfall südlich der Stadt Sandown sei jedoch zu "100 Prozent keine Entführung" gewesen, berichtete die BBC jedoch unter Berufung auf Aussagen der Anwaltskanzlei Tatham & Co, die die Schiffseigentümer vertritt. Man wisse bereits seit einiger Zeit, dass blinde Passagiere an Bord des Schiffes seien. Die Hintergründe blieben aber zunächst unklar. Lokale Medien hatten zuvor über eine mutmaßliche Entführung berichtet. Der Tanker namens Nave Andromeda fährt unter liberianischer Flagge und gehört zur Flotte einer griechischen Firma namens Navios Tankers Management.
Sieben blinde Passagiere bedrohten die Crew - keine Verletzten
Der 228 Meter und bei voller Auslastung mehr als 42.000 Tonnen schwere Öltanker hatte Anfang Oktober in Nigeria abgelegt. Am Sonntagmorgen hätte er eigentlich im Hafen von Southampton ankommen sollen. Nach Aufzeichnungen der Website MarineTraffic.com war der Tanker am Sonntag stattdessen mehrere Stunden lang einen Zickzack-Kurs vor der Isle of Wight gefahren. Ein Bericht des Schifffahrtsmagazins Lloyd's List, auf das sich mehrere britische Medien beziehen, liefert einen ersten Erklärungsansatz: Sieben blinde Passagiere sollen sich in Nigeria Zugang zum Tanker verschafft haben. "Wir wurden informiert, dass mehrere blinde Passagiere an Bord sind, die verbale Drohungen gegen die Crew ausgesprochen haben", sagte ein Sprecher der Hampshire Police am Sonntagabend. "Es wurden keine Verletzten gemeldet." Gemeinsam mit der Küstenwache und Grenzbeamten sei man dabei, die Situation vor der Küste zu einem sicheren Ende zu bringen.
Eine Sprecherin des Innenministeriums sagte der britischen Nachrichtenagentur PA, man sei informiert worden und beobachte den Vorfall. Die britische Schifffahrtsbehörde geht davon aus, dass die Vorfälle in Zusammenhang mit den blinden Passagieren stehen. Man warte jedoch auf weitere Informationen, sagte ein Sprecher. Medienberichten zufolge sollte am Sonntag noch ein Notfalltreffen mit Regierungsmitgliedern stattfinden. (ash/dpa)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.