Bald beginnt das Wintersemester. Studierende und Hochschulen müssen sich erneut auf Online-Vorlesungen und -Prüfungen einstellen. Was müssen Studierende jetzt wissen?
Klausuraufsicht funktioniert nicht aus der Ferne
Die Lehren des Sommersemesters betreffen vor allem Online-Klausuren. Kann man sie im Netz schreiben und rechtskonform beaufsichtigen? Klausuren sind nach der gängigen Definition in den Prüfungsordnungen Aufsichtsarbeiten. In den Wohnungen der Studierenden kann man aber als Hochschule keine Aufsicht führen. Prüfungen sind spätestens problematisch, sobald Studierende während der Klausur vorgeblich auf die Toilette gehen, um stattdessen Nebenräume aufsuchen, wo unerlaubte Zusammenarbeit droht.
Unabhängig davon kann man die staatlich durchzuführende Aufsicht nicht an die Studierenden delegieren. Deshalb dürfte eine solche Prüfung angreifbar sein, auch wenn pro forma die Wahl für eine Präsenzprüfung besteht. Für diese wird sich nämlich freiwillig niemand entscheiden, der Kontakt scheut.
Gute Erfahrungen mit Open-Book-Ausarbeitungen
Mit Online-Prüfungen insgesamt haben die Hochschulen gute Erfahrungen gemacht. Man kann technische Schwierigkeiten beim Down- und Upload auf den Prüfungsportalen nicht ausschließen, aber oft durch Support überwinden. Online-Prüfungen sind prüfungsrechtlich zulässig, wenn sie ohne Aufsicht auskommen. Das ist etwa bei mündlichen Prüfungen oder sogenannten "Open-Book-Ausarbeitungen“ der Fall.
Weil die Aufsicht unterbleibt, sind Täuschungsversuche wie bei jeder häuslichen Arbeit ein Problem, aber im Vergleich dazu kein substanziell anderes als in der körperlichen Welt. Hier lässt sich durch Gestaltung der Aufgabenstellung und enge zeitliche Vorgaben gegensteuern.
Soll Schummeln strafbar sein?
In Ländern, die es ermöglichen, die regelkonforme Erstellung der Online-Arbeiten per eidesstattlicher Versicherung bekräftigen zu lassen, haben Hochschulen auch diese Option. Da eine falsche eidesstattliche Versicherung eine Straftat ist, erfolgt so eine Kriminalisierung des Schummelns. Es drohen bis zu drei Jahre Gefängnis. Hochschulen, die das nicht wollen, können sich auf die Sanktionsmöglichkeiten der Prüfungsordnungen bis hin zur Exmatrikulation beschränken. Dafür spricht viel.
Korrekturen besser offline
Ein Blick auf die Korrektur der Prüfungen zeigt, dass digitale Lösungen für die Verteilung und Speicherung der online abgelegten Prüfungen zwar möglich ist, aber ein belastbares Datenschutzkonzept verlangt. Hochschulen sollten sich Zeit nehmen, um eine solche Lösung zu erarbeiten. Bis dahin ist es aufwendig, aber machbar, die Arbeiten in den Prüfungsämtern oder Fakultäten entgegenzunehmen und sie nach datenschutzrechtlicher Weisung etwa an Hausdruckereien weiterzugeben, um sie dann den internen und externen Prüfenden zur körperlichen Korrektur zur Verfügung zu stellen.
Am Ende gelangen sie wieder in eine körperliche Akte und können im Streitfall dem Verwaltungsgericht übergeben werden. Das ist bei digital gespeicherten Arbeiten und Korrekturen problematischer, weil die Verfahren auf Seiten von Behörde und Gericht nicht erprobt sind.
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