Am Hafen von Beirut ist es am Dienstag zu einer verheerenden Explosion mit Dutzenden Toten und Tausenden Verletzten gekommen. Am Tag nach der Katastrophe sind noch viele Fragen offen. Was wir wissen - und was nicht.

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Am Tag nach der gewaltigen Explosion in Beirut wandern die Menschen über Scherben, Schutt und Trümmer. Es herrscht Chaos. Die Detonation hat die libanesische Hauptstadt und das Umland schwer erschüttert.

Doch weiterhin ist unklar, wie es überhaupt zu der Explosion kommen konnte. Ein Überblick über die Faktenlage.

Explosion in Beirut: Was wir wissen

Der Ort

Die Explosion ereignete sich auf dem Industriegelände des Hafens im Norden der Küstenstadt. Dort entstanden an Lagerhäusern und Getreidespeichern auch die größten Schäden. In der Nähe liegen der zentrale Märtyrerplatz und beliebte Ausgehviertel von Beirut.

Die Explosion

Wenige Minuten nach 18:00 Uhr Ortszeit (17:00 Uhr MESZ) kommt es am Hafen zu einer gewaltigen Detonation mit einer Druckwelle, die sich blitzschnell kreisförmig ausbreitet. Am Himmel über der Küstenstadt ist eine Pilzwolke zu sehen.

Die Opfer

Mindestens 135 Menschen kommen ums Leben, mindestens 5.000 weitere werden verletzt. Viele von ihnen kommen durch Glassplitter von berstenden Fensterscheiben zu Schaden. Im Lauf der Suche nach Opfern, etwa unter Trümmern, könnten diese Zahlen noch weiter steigen. Derzeit werden noch mindestens 100 Menschen vermisst.

Die Schäden

Die Wucht der Explosion ließ Trümmerteile in Wände einschlagen, teils kollabierten Hausdächer. Straßen im Stadtzentrum wurden mit Schutt und Glasscherben übersät. Autos und auch Schiffe wurden beschädigt. Die schweren Schäden haben zwischen 200.000 und 250.000 Häuser unbewohnbar gemacht.

Die Regierung geht in einer ersten Schätzung von Schäden in Höhe von drei bis fünf Milliarden US-Dollar aus. Experten warnten vor den Auswirkungen auf die Wirtschaft des Landes, die seit Monaten ohnehin unter einer der schwersten Krisen in der Geschichte des Libanon leidet.

"Diese Explosion ist der Sargnagel für die Wirtschaft des Libanon und für das Land im Allgemeinen", sagte der Analyst Makram Rabah der Deutschen Presse-Agentur. Die Menschen könnten ihre Häuser nicht wieder aufbauen, weil ihnen das Geld fehle.

Der Hafen in Beirut sei zudem die Lebensader des Landes. Da dort unter anderem Getreidesilos zerstört worden seien, müsste das Land jetzt mit Hunger und Engpässen bei Brot rechnen.

Was wir nicht wissen

Der Sprengstoff

Viele Hinweise deuten auf die Explosion einer großen Menge an Ammoniumnitrat hin. Der Stoff, der auch zur Herstellung von Sprengsätzen dient, kann bei höheren Temperaturen detonieren. Ammoniumnitrat dient auch zum Raketenantrieb, aber vor allem zur Herstellung von Düngemittel.

Der libanesische Regierungschef Hassan Diab sagte am Dienstag, dass 2.750 Tonnen der Substanz im Hafen von Beirut jahrelang ohne Sicherheitsvorkehrungen gelagert wurden. Bestätigt sind diese Hinweise aber noch nicht.

Der Auslöser

Möglicherweise wurde eine erste, kleinere Explosion an einem Lagerhaus für Feuerwerkskörper ausgelöst. Der Brand führte dann möglicherweise zur zweiten, gewaltigen Detonation. Auch hier gibt es aber noch keine Bestätigung. Unklar ist auch, ob es sich um einen Unfall oder eine absichtlich herbeigeführte Explosion handelte.

Möglicher Hintergrund

Bislang gibt es keine Hinweise auf einen möglichen politischen Hintergrund oder einen Anschlag. Ausgeschlossen ist dies aber noch nicht. Nur wenige Kilometer vom Ort der Explosion entfernt wurden 2005 der damalige libanesische Ministerpräsident Rafik Hariri und 21 weitere Menschen bei einem Sprengstoffanschlag getötet. (thp/ash/dpa)

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