- Bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals im Bistum Münster sollen Namen von Verantwortlichen genannt werden.
- Bislang wurden 200 Beschuldigte und 300 Opfer identifiziert. Drei Bischöfe stehen im Zentrum der Untersuchung.
- Forschungsleiter Großbölting: Bistum muss auch mal Mut haben.
Bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals im Bistum Münster werden am Ende auch die Namen von verantwortlichen Bischöfen oder Personalchefs genannt
Bei dem Forschungsprojekt der Uni Münster im Auftrag des Bistums stehe man damit auf einer Linie mit dem Bistum Aachen, wie der Leiter des Forschungsteams, Thomas Großbölting, am Mittwoch in einer Video-Pressekonferenz sagte
"Damit sind wir weit entfernt von den Vorgängen in Köln", sagte der Zeithistoriker. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hält ein Gutachten wegen rechtlicher Bedenken zurück.
Bistum müsse auch mal "Mut haben"
Großbölting kritisierte das scharf: "Wer Gerichtsfestigkeit verlangt, der verhindert jede Aufklärung." Die Uni Münster werde bei relativen Personen der Zeitgeschichte den Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Nach der Prüfung der Erwiderung werde das Forscherteam seine Arbeit dann möglicherweise anpassen oder auch korrigieren.
Sollte es dann zu juristischen Auseinandersetzungen kommen, müsste ein Bistum auch mal Mut haben und Geld für einen Rechtsstreit in die Hand nehmen. Die Wissenschaftler sollen aufzeigen, ob und wie Strukturen in der katholischen Kirche jahrelangen sexuellen Missbrauch durch Priester ermöglicht haben.
Bislang 300 Opfer identifiziert - drei Bischöfe stehen im Fokus
Die Ergebnisse sollen 2022 veröffentlicht werden. Laut Zwischenbericht wurden bislang 200 Beschuldigte und 300 Opfer identifiziert. Der Zeitraum betrifft Taten zwischen 1945 und 2018.
Bei den bisher geführten 70 Interviews mit Betroffenen reichten die Vorwürfe von anzüglichen Kommentaren bis zu schwerem sexuellem Missbrauch über viele Jahre. Die befragten Opfer waren im Schnitt elf Jahre alt und zu 90 Prozent männlich.
Dabei stehen die drei Bischöfe Joseph Höffner (1962-1969), Heinrich Tenhumberg (1969-1979) und Reinhard Lettmann (1980-2008) im Mittelpunkt der Forschung.
Bei dem 2013 verstorbenen Lettmann sei noch offen, ob es ein System Lettmann gebe, denn mehrere seiner Mitarbeiter in der Bistumsspitze wurden später Bischöfe in anderen deutschen Diözesen. Darunter der spätere Bischof von Hamburg, Werner Thissen, der in Münster Generalvikar und später Weihbischof war. © dpa
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