Die Polizei Karlsruhe hatte nach einem tödlichen Unfall auf der A8 bei Pforzheim über einen Gaffer-Zwischenfall berichtet, der alles bisher Bekannte zu übertreffen schien. Das Problem: Der Vorfall hatte sich so nicht zugetragen, er beruht auf einem Missverständnis.

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Die Meldung der Polizei Karlsruhe hatte wütend gemacht: Schaulustige hätten sich nach einem tödlichen Unfall auf der A8 in Baden-Württemberg an einem Krankenwagen zu schaffen gemacht.

"Unschöne Szenen" hätten sich während der Rettungsarbeiten an einem Krankenwagen ereignet, in dem zu diesem Augenblick einer der Verletzten behandelt worden war, teilte die Polizei Karlsruhe zunächst in einer Pressemitteilung (hier zu lesen) mit.

"Hier haben nach bisherigem Kenntnisstand Schaulustige gar die Türe des Rettungswagens geöffnet, um den Verletzten aus der Nähe zu betrachten und möglicherweise auch fotografieren zu können", so die Polizei weiter.

Doch der Vorfall hatte sich so nie ereignet, wie "Focus Online" berichtet. Nachdem das Deutsche Rote Kreuz die Schilderung der Polizei bereits dementiert hatte, folgt nun die Aufklärung, wie es zu der Falschmeldung gekommen war.

Fakt ist, dass zahlreiche Gaffer am Unfallort Fotos gemacht hatten, die allerdings von Beamten noch gleich vor Ort gelöscht worden waren, heißt es beim "Focus". "Die Vorfälle seien im Einsatzbericht nicht festgehalten worden, was die Ermittlungen in diesem Fall sehr verkompliziere", zitiert das Portal einen Polizeisprecher.

Satz von aufgewühlter Retterin wird falsch verstanden

Bei der Schilderung mit der geöffneten Tür des Krankenwagens handelt es sich nach Angaben des Deutschen Roten Kreuzes in Pforzheim-Enzkreis um ein Missverständnis.

Wie "Focus Online" eine DRK-Sprecherin zitiert, hätten sich Gaffer dem Krankenwagen ständig genähert und zudem versucht, einen Blick hineinzuwerfen, sobald sich die Tür öffnete. Aktiv die Tür zu öffnen, sei dabei aber nicht versucht worden.

"Die Rettungsassistentin ist nach 30 Minuten Reanimation völlig erschöpft aus dem Rettungswagen gestiegen", erklärt die Pressesprecherin des DRK gegenüber "Focus" weiter. "Sie erwähnte in einem Nebensatz im Gespräch mit einem Polizisten, dass es jetzt nur noch fehle, dass die Gaffer in den Rettungswagen einsteigen würden."

Aus dieser beiläufigen Schilderung sei dann die Falschmeldung entstanden, Gaffer hätten sogar die Tür des Krankenwagens geöffnet.

Diese Erklärung bestätigte mittlerweile auch die Polizei in Karlsruhe und verweist darauf, dass an dem Unfallort sehr viele Gaffer die Rettungsarbeiten gestört hätten und dadurch am Unfallort auch sehr viel los gewesen sei.

Lkw-Fahrer verstirbt noch an Unfallstelle

Bei dem schweren Unfall war ein 59 Jahre alter Lastwagenfahrer auf der Autobahn 8 in der Nähe von Pforzheim getötet worden.

Der Mann sei am Mittwoch mit seinem Sattelzug am Stauende auf ein Lastwagengespann aufgefahren, hieß es vonseiten der Polizei. Er wurde im Fahrerhaus eingeklemmt und starb an der Unfallstelle.

Die Zugmaschine des vorderen Lastwagens kippte durch den Aufprall um. Deren Fahrer konnte sich selbst befreien und wurde verletzt in eine Klinik gebracht.

Für die Bergung war die A8 voll gesperrt worden, um die Landung eines Rettungshubschraubers zu ermöglichen. In Richtung Karlsruhe bildete sich ein kilometerlanger Stau. (mwo/dpa)

Hinweis der Redaktion: In einer ersten Version hatten wir auf Grundlage der offiziellen Polizei-Meldung berichtet, dass Gaffer die Tür des Krankenwagens geöffnet hätten.

Verwendete Quellen:

  • dpa
  • Pressemitteilung Polizei Karlsruhe
  • "Focus Online": Gaffer-Vorfall auf der A8: Polizei hat Zweifel
  • "Focus Online": Tür von Rettungswagen aufgerissen? DRK klärt folgenschweres Missverständnis auf

Schaulustige: Seien Sie kein Gaffer

"Schaulustige", ein von der Sparkasse Osnabrück geförderter Kurzfilm. Er soll eine gesteigerte öffentliche Wahrnehmung für das Thema "Schaulustige bei einem Rettungseinsatz" bewirken und dazu auffordern, kein Gaffer zu werden. © YouTube
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