Starker Wind hat eine Segeljacht vor der Küste Siziliens zum Kentern gebracht. Mindestens ein Mensch kam bei dem Unfall ums Leben. Unter den Vermissten sollen sich mehrere Superreiche, darunter ein prominenter britischer Tech-Unternehmer, befinden. Seine Frau gehört zu den Überlebenden und berichtet von der Schreckensnacht. Die Suche nach den Vermissten geht derweil weiter.

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Tragisches Ende eines Segelurlaubs im Mittelmeer: Beim Untergang einer Luxusjacht vor Sizilien ist in der Nacht zum Montag mindestens ein Mensch ums Leben gekommen. Sechs weitere Menschen wurden vermisst, 15 Besatzungsmitglieder und Passagiere konnten gerettet werden. Das bestätigte die Küstenwache in Porticello bei Palermo auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Wie britische Medien übereinstimmend berichteten, handelt es sich bei einem der Vermissten um den Tech-Unternehmer Mike Lynch. Ihm soll die gesunkene Luxusjacht "Bayesian" gehören. Seine Ehefrau Angela Bacares konnte demnach gerettet werden. Sie berichtete gegenüber italienischen Medien von ihrer Schreckensnacht: Frühmorgens seien sie und ihr Mann aufgewacht, weil das Boot plötzlich "kippte". Zunächst habe sie sich nicht viel dabei gedacht, doch sie sei dennoch aufgestanden. Die 57-Jährige berichtet weiter, dass aufgrund der Schwankungen Glas gesprungen und der Boden voller Scherben gewesen sei. Die Ehefrau des Tech-Milliardärs trägt wohl aufgrund dessen Verletzungen an den Füßen von dem Unglück davon.

Nach Angaben der Küstenwache geriet die vor der italienischen Mittelmeerinsel ankernde Jacht in einen Sturm, Medien berichteten von einer Wasserhose. "Heute Morgen gegen 05.00 Uhr ist nach einem starken Sturm eine 56 Meter lange Jacht mit dem Namen 'Bayesian' unter britischer Flagge in der Nähe von Porticello untergegangen", teilte die Küstenwache mit.

Unwetter brachte das Segelboot zum Kentern

Zuvor hatte die italienische Nachrichtenagentur Ansa gemeldet, dass am frühen Morgen ein Unwetter mit starkem Wind das Boot vor Porticello im Norden Siziliens zum Kentern gebracht hatte. Zunächst wurden sieben Menschen vermisst, später fanden Einsatzkräfte eine Leiche im Wasser.

Porticello liegt rund 15 Kilometer östlich von Palermo. In der Nacht waren starker Wind und sintflutartige Regenfälle über das Gebiet hinweggezogen. Medienberichten zufolge wurde das Gebiet von einer Wasserhose getroffen, einem Wirbel aus Wasser und Wind über dem Meer. Dabei handelt es sich um ein Wetterphänomen, das seit einigen Jahren verstärkt in Europa beobachtet wird.

An Bord der etwa 50 Meter langen Jacht, die unter britischer Flagge fuhr, waren insgesamt 22 Menschen, wie die italienische Küstenwache mitteilte. Dabei handelte es sich um zwölf Passagiere sowie zehn Besatzungsmitglieder.

15 Menschen konnten von Küstenwache und Feuerwehr gerettet und an Land gebracht werden. Bei den sechs Vermissten handelt es sich nach Behördenangaben um vier Briten sowie je einen US-amerikanischen und kanadischen Staatsangehörigen.

Wrack liegt in 49 Metern Tiefe

Die Überlebenden wurden von der Besatzung eines anderen Schiffes, das unter niederländischer Flagge fuhr, an Bord genommen. Der deutsche Kapitän schilderte italienischen Medien den Moment des Unglücks: "Zuerst kippte das Boot auf die Seite, und innerhalb weniger Minuten war es gesunken. Es ging alles sehr schnell."

Rettungskräfte von Küstenwache und Feuerwehr suchten noch nach den sechs Vermissten. An der Suche waren vier Schiffe sowie ein Helikopter der Küstenwache und ein Taucherteam der Feuerwehr beteiligt.

Das Wrack der großen Segeljacht liegt in einer Tiefe von 49 Metern auf dem Meeresgrund. Nach italienischen Medienberichten haben Rettungstaucher durch die Bullaugen mehrere Leichen in den Kabinen ausgemacht.

"Britischer Bill Gates" wird vermisst

Der vermisste Tech-Tycoon Lynch wird von Boulevardmedien in seiner Heimat als "britischer Bill Gates" bezeichnet. Der 59-Jährige ist Mitgründer der Softwarefirma Autonomy, die 2011 für 11 Milliarden Dollar (aktuell 9,94 Milliarden Euro) an den US-Konzern Hewlett Packard verkauft wurde. Erst vor wenigen Wochen wurde Lynch in einem Betrugsprozess in den USA rund um den Autonomy-Deal freigesprochen. Seine 18-jährige Tochter Hannah befand sich ebenfalls auf dem Segelboot und konnte bisher nicht gefunden werden.

Unter den Vermissten sollen sich laut "Corriere" auch weitere Superreiche befinden: der Präsident von Morgan Stanley International, Jonathan Bloomer, mit seiner Frau sowie der CEO von Lynchs Gesellschaft, Chris Morvillo, und seine Frau Nada. Die Taucher haben die Suche nach ihnen heute Morgen wieder aufgenommen. Tags zuvor konnten die Taucher einige Stunden nach dem Unglück die Leiche des Kochs Ricardo Tomas bergen.

Mutter hielt ihr Baby über Wasser

Acht der Geretteten wurden in Krankenhäuser eingeliefert. Unter ihnen war Charlotte, eine 35-jährige Britin, die sich zusammen mit ihrem Ehemann, ihrer kleinen Tochter und Kollegen einer Londoner Firma an Bord der "Bayesian" aufgehalten hatte.

Bei dem Unglück habe sie ihre einjährige Tochter "für zwei Sekunden" im Wasser verloren, bevor sie sie packen konnte, schilderte sie der italienischen Nachrichtenagentur Ansa. "Alles war dunkel. Im Wasser konnte ich meine Augen nicht offen halten. Ich rief um Hilfe, aber um mich herum hörte ich nur die Schreie der anderen." Sie habe ihre Tochter fest in die Arme genommen. "Zum Glück war das Rettungsboot aufgeblasen und wir sind zu elft an Bord geklettert", berichtete sie.

"Wir waren als Erste vor Ort, um zu helfen, aber wir haben im Meer niemanden gefunden, nur Kissen und Reste vom Boot, wir haben sofort den Hafen informiert", erzählte der Fischer Fabio Cefalù der Nachrichtenagentur AFP.

"Das Schiff war komplett beleuchtet. Um 04:30 Uhr morgens war es nicht mehr da", zitierte Ansa einen anderen Augenzeugen. "Ein schönes Schiff, auf dem gefeiert wurde. Ein normaler Ferientag auf dem Meer ist zur Tragödie geworden." (dpa/AFP/bearbeitet von ank/mak)

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