Wenn ein Arbeitsloser eine neue Stelle in einer anderen Stadt bekommt, darf das Jobcenter ihn beim Umzug nicht alleinlassen. Andernfalls kann es dem Arbeitslosen später nicht "sozialwidriges Verhalten" vorwerfen, wenn er die Stelle nicht antritt, wie das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in Celle in einem am Montag bekanntgegebenen Urteil entschied. (Az: L 11 AS 336/21

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Es gab damit der Klage eines schwerbehinderten Langzeitarbeitslosen aus Osnabrück statt. Der heute 60-Jährige hatte bis 2003 als Buchhalter gearbeitet, fand danach aber nur noch Hilfsjobs in einem Lager, in der Gebäudereinigung oder in einem Supermarkt. Jahrelang bewarb er sich immer wieder als Buchhalter, bis das Jobcenter schließlich keine Fahrtkosten zu den Vorstellungsgesprächen mehr übernahm.

Überraschend erhielt er 2019 eine Stelle als Buchhalter bei einer Behörde in Düsseldorf. Allerdings trat er die Stelle nicht an, weil das Jobcenter die Mietkaution für eine neue Wohnung nicht finanzieren wollte.

2020 warf das Jobcenter ihm dann vor, dass er zum Einstellungstermin nicht erschienen war. Vorsätzlich habe er so das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses verhindert. Wegen "sozialwidrigen Verhaltens" sollte er seine seitdem bezogenen Grundsicherungsleistungen in Höhe von 6800 Euro zurückzahlen.

Der Arbeitslose klagte. Er habe sogar schon ein Wohnungsangebot in Düsseldorf gehabt, habe aber mangels Geld für die Kaution den Mietvertrag nicht unterschreiben können.

Das LSG Celle gab ihm nun Recht. Wenn Arbeitslose eine neue Stelle außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs fänden, dürfe das Jobcenter sie nicht "alleinlassen". Hier habe der Kläger mangels Mietkaution keine Wohnung anmieten und daher auch die Stelle nicht antreten können. Sozialwidriges Verhalten könne ihm das Jobcenter daher nicht vorwerfen.  © AFP

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