Im Prozess um zwei völlig ausgehungerte Kinder am Niederrhein hat die Staatsanwaltschaft lange Haftstrafen für die beiden Eltern gefordert. Über Monate hätten der 33-jährige Vater und die gleichaltrige Mutter die beiden kleinen Mädchen so sehr vernachlässigt, dass sie fast verhungert wären, sagte die Anklage-Vertreterin am Donnerstag im Landgericht in Moers.
Sechseinhalb Jahre soll der Vater dafür nach dem Willen der Staatsanwältin ins Gefängnis, sechs Jahre die Mutter, beide wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen. Die Qualen der beiden zwei und drei Jahre alten Mädchen seien mindestens über mehrere Monate gegangen, möglicherweise noch länger. Die Staatsanwältin ging davon aus, dass die Eltern "böswillig" gehandelt haben.
Als das Jugendamt vor drei Jahren nach einem Hinweis aus der Nachbarschaft bei der Familie in Kamp-Lintfort einschritt, hatten die Mädchen nach Aussagen von Ärzten bereits aufgeblähte Bäuche, wie man sie sonst von hungernden Kindern in Entwicklungsländern kennt. Die beiden konnten kaum laufen, kaum sprechen und mussten den Umgang mit fester Nahrung erst lernen. Mediziner stuften ihren Zustand zunächst als lebensbedrohlich ein.
Von den Schilderungen der Ärzte zeigten sich auch die Verteidiger der angeklagten Eltern sichtlich betroffen. Eine Böswilligkeit könne man ihren Mandaten aber nicht unterstellen, argumentierten sie - der Vater und die Mutter seien schlicht überfordert gewesen. Die Verteidiger forderten deshalb für beide Angeklagten lediglich Bewährungsstrafen.
Ein Urteil will die Große Strafkammer am Donnerstagnachmittag verkünden. Für den Fall ist das Landgericht Kleve zuständig, verhandelt wird aber vor der auswärtigen Strafkammer in Moers. © dpa
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.