• Eineinhalb Jahre nach der spektakulären Wende im Fall der seit 2007 verschwundenen Maddie ist die Hoffnung auf schnelle Aufklärung der Ernüchterung gewichen.
  • Der vorbestrafte Deutsche, der seit Sommer 2020 als Tatverdächtiger gilt, schweigt zu den Vorwürfen. Derweil droht ihm eine weitere Anklage wegen eines anderen Delikts.

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Der Zeugenaufruf zu einem Verdächtigen im Fall Maddie galt als echter Hoffnungsschimmer. Aber eineinhalb Jahre nach der Bekanntgabe, dass die Ermittler einen Deutschen im Visier haben, ist der vorbestrafte Sexualverbrecher zwar mehrfach in den Fokus geraten - eine wesentliche Entwicklung zu der seit 2007 verschwundenen Madeleine McCann gibt es aber nicht. Zu einem anderen schweren Vorwurf gegen den 45-jährigen Mann könnte es aber bald Aufschluss geben.

Denn die Staatsanwaltschaft Braunschweig hofft, dass sie Ermittlungen zur mutmaßlichen Vergewaltigung einer Irin im Jahr 2004 Anfang kommenden Jahres abschließen kann, wie Behördensprecher Hans Christian Wolters der Deutschen Presse-Agentur sagte. "Mit welchem Ergebnis wird man dann sehen", sagte Wolters mit Blick auf Berichte, in denen über eine Anklage und einen öffentlichen Prozess spekuliert wurde.

Verdächtiger wegen Vergewaltigung hinter Gittern

Derzeit sitzt der Verdächtigte in einem niedersächsischen Gefängnis eine mehrjährige Haftstrafe wegen der Vergewaltigung einer 72-jährigen US-Amerikanerin im Jahr 2005 im portugiesischen Praia da Luz ab. Rund anderthalb Jahre nach dieser Tat verschwand die damals dreijährige Madeleine McCann aus einer Apartment-Anlage in der Nähe. Seitdem fehlt von ihr jede Spur.

Erst die Berichterstattung aus dem Gerichtsverfahren wegen der Vergewaltigung der älteren Dame aus den USA brachte die Irin auf die Spur ihres mutmaßlichen Peinigers. Über ihre Vergewaltigung 2004 sagte sie dem "Guardian" im Juni 2020: "Ich hatte in den vergangenen 16 Jahren wenig Hoffnung, dass sie den Mann finden würden, der das getan hat." Stattdessen sei ihr geraten worden, zu schweigen, um der Region nicht noch mehr zu schaden und Touristen zu vertreiben.

Mutmaßliches Opfer sieht ähnlichen Tathergang

Doch dann habe sie von dem Schicksal der Amerikanerin gelesen. "Ich war völlig überwältigt, als ich las, wie er die Frau 2005 angegriffen hatte, sowohl über die Taktik und die Methoden, die er benutzte, als auch über die Werkzeuge, die er bei sich hatte und wie genau er das geplant hatte." Sie habe sich beim Lesen übergeben müssen, "weil es mich direkt wieder zu meiner Erfahrung transportiert hat", fuhr sie fort.

Später erhob sie schwere Vorwürfe gegen die portugiesischen Ermittler: "Ich denke, wenn die ihren Job richtig gemacht hätten beim Ermitteln, was mir geschehen ist, und das wirklich derselbe Mann ist, der die Amerikanerin angriff und Madeleine McCann entführt hat, hätten sie die Attacke auf sie verhindern können und Madeleine wäre jetzt zu Hause bei ihren Eltern."

Verdächtiger verliert kein Wort über Maddie

In Braunschweig wird gegen den Mann noch in zwei weiteren Verfahren ermittelt. Dabei geht es um sexuellen Missbrauch von Kindern in zwei Fällen, wie Staatsanwalt und Pressesprecher Wolters sagte. Für beide Stränge gelte aber, dass die Untersuchungen andauerten und nähere Angaben darüber hinaus nicht möglich seien.

Ähnlich äußert sich Wolters seit vielen Monaten mit Blick auf das ungeklärte Schicksal von Maddie. "Die Sachlage ist im Wesentlichen unverändert", sagte er. Im Hintergrund laufen ihm zufolge Ermittlungen weiter, Details dazu werden aber nicht genannt. Zu Vorwürfen mit Bezug auf Madeleine McCann habe sich sein Mandant bisher nicht geäußert, sagte einer seiner Verteidiger der dpa.

Die Eltern des Mädchens hatten im vergangenen Jahr betont, dass sie die Hoffnung auf ein Wiedersehen immer noch nicht aufgegeben haben. 2021 wollten sie eigentlich den 18. Geburtstag ihrer Tochter feiern. (dpa/mcf)

Maddie

Fall Maddie: Ex-Chefermittler Goncalo Amaral zweifelt an Schuld von deutschem Verdächtigen

Der frühere portugiesische Chefermittler im Fall der 2007 verschwundenen Maddie McCann, Goncalo Amaral, hat Zweifel an der Schuld eines neuen Verdächtigen aus Deutschland geäußert. Fotocredit: imago images/imagebroker
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