Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach Auffälligkeiten bei Geburten im oberbayerischen Wasserburg. Wurden Kaiserschnitte nicht durchgeführt, obwohl sie medizinisch nötig gewesen wären?
Mehrere Geburten im Klinikum in Wasserburg am Inn liefen offenbar nicht ganz so wie sie sollten - nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Traunstein. Im Fokus steht eine ehemalige Chefärztin der gynäkologischen Abteilung.
"Derzeit besteht ein Anfangsverdacht hinsichtlich einer fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung in elf Fällen", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Zuvor hatten Lokalmedien darüber berichtet.
In den Fällen soll es darum gehen, dass Kaiserschnitte nicht durchgeführt wurden, obwohl sie womöglich medizinisch nötig gewesen wären. "Es gilt hier zu klären, ob ordnungsgemäß aufgeklärt wurde beziehungsweise alle entscheidungserheblichen Faktoren berücksichtigt worden sind", sagte der Sprecher. Er betonte, dass die Unschuldsvermutung gelte und "in alle Richtungen" ermittelt werde, um die Sache aufzuklären.
Vorwurf: Behandlungsfehler im Zusammenhang mit Entbindungen
Eine anonyme Anzeige hatte die Ermittlungen ins Rollen gebracht. "Gegenstand waren Vorwürfe hinsichtlich Behandlungsfehlern im Zusammenhang mit Entbindungen in der RoMed Klinik Wasserburg", teilte die Staatsanwaltschaft mit. Zwei Personen seien als Zeugen identifiziert und befragt worden, außerdem habe sich eine ehemalige Mitarbeiterin an die Staatsanwaltschaft gewandt.
Die Aussagen dieser Zeugen hätten die Vorwürfe aus der anonymen Anzeige größtenteils bestätigt. "Dies und die beträchtliche sachliche Qualität und der schlüssige Tatsachenvortrag der anonymen Anzeige führten zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens."
Im Rahmen der Ermittlungen wurden demnach Anfang August Räumlichkeiten der RoMed-Kliniken in Rosenheim und Wasserburg durchsucht und rund 200 Akten von Patientinnen sichergestellt. Die Verantwortlichen der Klinik hätten sich "äußerst kooperativ" verhalten.
Der Klinik sind die Vorfälle bereits seit anderthalb Jahren bekannt
In einer gemeinsamen Erklärung der Kliniken, der Stadt und des Landkreises Rosenheim heißt es, bereits vor anderthalb Jahren seien "Vorgänge an der Wasserburger Klinik" bekannt und öffentlich diskutiert worden. Weiter erläutert wurden diese Vorgänge nicht, aber in diese habe sich nun die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.
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In einer Pressemitteilung hatten die Kliniken bereits vor geraumer Zeit über "eine gewisse Verunsicherung bei der Wasserburger Bevölkerung über die aktuelle Situation der Geburtshilfe in der RoMed Klinik Wasserburg" berichtet. Als Ursache dieser Verunsicherung wurden "einzelne Fälle, bei denen es unterschiedliche Auffassungen bezüglich des geeigneten medizinischen Vorgehens gegeben hat" genannt. Diese Fälle seien von einem externen Gutachter unter die Lupe genommen worden.
Staatsanwaltschaft rechnet mit langwierigen Ermittlungen
Die Ermittlungen richteten sich "nicht gegen die RoMed Kliniken, sondern betreffen eine Ärztin, die die Klinik bereits verlassen hat", hieß es in der aktuellen Mitteilung zu dem bekanntgewordenen Einschreiten der Staatsanwaltschaft. Verschiedene Behandlungsunterlagen, die die Geburtshilfe in Wasserburg betreffen, seien herausgegeben worden. "Der Aufsichtsrat wurde unverzüglich über den Vorgang informiert. Der RoMed Klinikverbund wird die Aufarbeitung bestmöglich unterstützen", hieß es in der Mitteilung weiter.
Die Staatsanwaltschaft geht von langwierigen Ermittlungen aus. "Im Hinblick auf den Umfang der gesicherten Unterlagen ist derzeit nicht absehbar, wann mit Abschluss der Ermittlungen zu rechnen ist", teilte der Sprecher mit. "Nach derzeitiger Sachlage ist zudem davon auszugehen, dass umfangreiche medizinische Sachverständigengutachten erforderlich sind." (dpa/bearbeitet von ank)
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