Die deutsche Kapitänin Carola Rackete hat das Rettungsschiff "Sea-Watch 3" in den Hafen von Lampedusa gesteuert. Kaum angekommen, wird sie von Polizisten abgeführt und das Schiff beschlagnahmt. Ihr drohen mehrere Jahre Haft.
Nach mehr als zwei Wochen auf offener See hat das Rettungsschiff der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch mit 40 Migranten an Bord im Hafen der italienischen Insel Lampedusa angelegt.
Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer sagte der Deutschen Presse-Agentur am frühen Samstagmorgen, die Kapitänin der "Sea-Watch 3", Carola Rackete, sei von der Polizei nach dem Anlegen festgenommen worden. Außerdem sei das Schiff beschlagnahmt worden.
Die Migranten seien von Bord gegangen. Was nun mit ihnen passieren sollte, war zunächst unklar.
Vier Länder wollen Migranten von dem Schiff aufnehmen
Die Kapitänin Rackete war Mitte der Woche trotz Verbots der italienischen Regierung in die Hoheitsgewässer des Landes gefahren. "Ich fahre in italienische Gewässer und ich bringe sie (die Migranten) in Sicherheit auf Lampedusa", hatte sie betont.
Laut Sea-Watch-Sprecherin Giorgia Linardi haben sich vier Länder - Deutschland, Portugal, Frankreich und Luxemburg - bereit erklärt, Migranten von dem Schiff zu aufzunehmen.
Die Organisation twitterte am Samstagmorgen, man habe vor fast 60 Stunden den Notstand ausgerufen. "Niemand hörte uns zu. Niemand übernahm Verantwortung. Einmal mehr ist es an uns, (...), die 40 Geretteten in Sicherheit zu bringen."
Sea Watch-Geschäftsführer Johannes Bayer lobte Rackete: "Wir sind stolz auf unsere Kapitänin, sie hat genau richtig gehandelt. Sie hat auf dem Seerecht beharrt und die Menschen in Sicherheit gebracht", schrieb er auf Twitter.
Kapitänin drohen drei bis zehn Jahre Haft
Am Freitag hatte die italienische Staatsanwaltschaft gegen Rackete Ermittlungen eingeleitet. Vorgeworfen werden ihr laut Linardi unter anderem Beihilfe zur illegalen Einwanderung und Verletzung des Seerechts.
Der Nachrichtenagentur Ansa zufolge drohen der 31-jährigen Kapitänin Carola Rackete drei bis zehn Jahre Haft, weil sie gegen ein Kriegsschiff Widerstand geleistet oder Gewalt angewendet habe. Die Staatsanwaltschaft Agrigent habe Hausarrest für sie angeordnet.
Ein italienisches Zollboot habe noch versucht, das Rettungsschiff vom Anlegen abzuhalten, es hätte dann aber ausweichen müssen.
Neugebauer sagte, man habe die Hafenpolizei informiert, dass das Schiff in den Hafen der sizilianischen Insel fahren werde. "Die Menschen an Bord sind völlig erschöpft und verunsichert." Nun sei man erleichtert, den Hafen erreicht zu haben.
Am 12. Juni hatte die "Sea-Watch 3" vor der libyschen Küste 53 Menschen gerettet. 13 von ihnen wurden unter anderem aus medizinischen Gründen bereits in den vergangenen Tagen nach Lampedusa gebracht. Seit gut zwei Wochen wartet die Organisation vergeblich auf eine Erlaubnis, in einen europäischen Hafen zu fahren.
Seit Jahren streiten die EU-Länder über einen Mechanismus zur Verteilung der Bootsflüchtlinge. (ff/dpa)
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