Fünf Kinder einer Familie aus Solingen sind tot. Nur das älteste Kind hat überlebt. Die 27 Jahre alte Mutter soll die Geschwister getötet haben. Das Verbrechen in der nordrhein-westfälischen Stadt schockiert. Welches Motiv könnte die Frau gehabt haben?
Fünf Kinder tot, ihre Mutter unter Verdacht: Nach dem Verbrechen von Solingen rückt nun die Aufklärung in den Mittelpunkt.
Nach Angaben der Ermittler ist die 27 Jahre alte Frau "die einzig Tatverdächtige. Nach Angaben von Einsatzleiter Robert Gereci ist keiner der drei Väter der insgesamt sechs Kinder tatverdächtig.
Die Familie war dem städtischen Jugendamt indes vor der Tat bereits bekannt. "Der Familie wurden von der Stadt Solingen erforderliche Unterstützungen gewährt. Das Jugendamt hat zusätzlich mögliche Hilfsangebote unterbreitet", teilte die Stadt am Freitag mit, ohne Details zu nennen.
"Erkenntnisse zu Auffälligkeiten oder einer potentiellen Gefährdung der Kinder gab es zu keinem Zeitpunkt." Weitere Angaben könnten mit Rücksicht auf die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Familienmitglieder nicht gemacht werden, schrieb die Stadtverwaltung.
Solingen: Ältestes Kind hat überlebt
Die Leichen der fünf Kinder waren am Donnerstag entdeckt worden. Die 27 Jahre alte Mutter war nach Angaben der Polizei nicht in der Wohnung.
Sie habe sich etwa eine Viertelstunde, bevor die toten Kinder entdeckt wurden, am Düsseldorfer Hauptbahnhof vor einen Zug geworfen und werde schwer verletzt im Krankenhaus behandelt.
Die Großmutter hatte die Polizei per Notruf nach einem Kontakt zu ihrer Tochter alarmiert. Weitere Informationen gab die Polizei bis zum Morgen nicht bekannt.
Eine Mordkommission ermittelt. Die Todesursache der Kinder werde im Rahmen der Ermittlungen und einer Obduktion geklärt, teilte die Polizei mit. Die getöteten Kinder sind drei Mädchen im Alter von 18 Monaten, zwei und drei Jahren sowie zwei Jungen im Alter von sechs und acht Jahren.
Ein weiteres Kind, ein elf Jahre alter Junge, hatte die Mutter, die Deutsche ist, zunächst zum Hauptbahnhof in Düsseldorf begleitet. Dann fuhr das Kind alleine weiter zu einer Großmutter nach Mönchengladbach. "Er befindet sich im sicheren Familienumfeld", teilte die Polizei mit.
Polizei hat Kontakt zum Vater der Kinder
Die Polizei hat inzwischen Kontakt zum Vater. Weitere Angaben machte die Polizei aber nicht. Die Mutter kann derzeit nicht vernommen werden.
Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) war nach einem Besuch am Tatort sichtlich schockiert. "Heute ist ein Tag, an dem wir in Solingen sehr traurig sind, weil eine Tat geschehen ist, die uns tief ins Herz getroffen hat", sagte Kurzbach.
Er wolle ein kurzes Gebet sprechen. Am Abend gab es eine Schweigeminute vor dem Haus.
Auch Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) hatte sich erschüttert gezeigt: "Das Familiendrama von Solingen erfüllt mich mit großer Trauer und im Moment bin ich mit meinen Gedanken und mit meinem Gebet bei fünf kleinen Kindern, die so furchtbar früh aus dem Leben gerissen wurden."
Frau als Tatverdächtige in diesem Fall ist außergewöhnlich
Kriminalexperte Axel Petermann vermutet Hilf- und Perspektivlosigkeit der Mutter als Motiv. Mögliche Warnzeichen für die Tat seien zudem womöglich wegen der Coronavirus-Pandemie nicht rechtzeitig erkannt worden, sagte Petermann der dpa.
So sei beispielsweise denkbar, dass durch das Ausfallen von Schulunterricht und Kindergartenbetreuung Mechanismen nicht greifen konnten, die sonst Hilfe oder Unterstützung ermöglicht hätten.
Dass eine Frau unter Tatverdacht stehe, beurteilt der Fallanalytiker als außergewöhnlich. Die Konsequenz des Tatgeschehens sei für Mütter ungewöhnlich. "Ich zumindest habe das so nie erlebt."
Häufiger seien es Männer, die erst die eigenen Kinder und dann sich selbst töteten. Oft stehe dabei ein Streit um das Sorge- oder Besuchsrecht mit der Ex-Partnerin.
Bei Männern komme als Motiv auch häufig eine Aggression gegen die Mutter der Kinder infrage. Die solle durch das Töten der gemeinsamen Kinder dann bestraft werden.
Das hält Petermann bei einer Frau aber für unwahrscheinlich. Eher glaubt er, dass Mütter die eigene Perspektivlosigkeit auf die Kinder übertragen und ihnen das Leid ersparen wollen, das sie mit dem eigenen Leben verbinden. (ff/ank/dpa)
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