Vor dem Hintergrund der aktuellen Zahlen zur Hasskriminalität in Deutschland beklagt der Queerbeauftragte Sven Lehmann auch einen deutlichen Anstieg der Angriffe gegen queere Menschen.

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"Jeden Tag werden im Schnitt mindestens sechs Angriffe auf Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie andere queere Menschen registriert", erklärte Lehmann mit Verweis auf die am Dienstag von Innenministerium und Bundeskriminalamt (BKA) vorgestellte Statistik zu politischer Kriminalität. Demnach hat es im Zusammenhang mit sexueller Orientierung im vergangenen Jahr 1499 Straftaten - davon 288 Gewaltdelikte - gegeben. Das entspricht laut Lehmanns Büro einem Anstieg von knapp 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch im Feld "geschlechtliche Diversität" hätten sich die gemeldeten Straftaten mit 854 Delikten - davon 115 Gewaltvorfälle - verdoppelt.

Innenministerium und BKA hatten am Dienstagfrüh die neuen Zahlen veröffentlicht. Die Dimension der polizeibekannten politisch motivierten Straftaten hat demnach mit 60 028 Delikten 2023 den höchsten Stand seit der Einführung der Statistik 2001 erreicht.

Lehmann betonte, dass es sich bei seiner Community um eine "verwundbare Gruppe" handele. Es gebe hierzulande politische Kräfte, die gegen die LGBTIQ-Community mobilisieren würden. Die englische Abkürzung LGBTIQ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transmenschen, intergeschlechtliche sowie queere Menschen. "Gezielt geschürter Hass auf Regenbogenflaggen, Kampagnen gegen den Pride-Monat oder tagtägliche Angriffe auf das Selbstbestimmungsgesetz ermutigen Menschen, ihre Vorurteile und ihren Hass auch gewalttätig auszuleben", erklärte Lehmann.

Die Statistik zeige aber auch, dass mehr Menschen Delikte zur Anzeige bringen. Die Prävention, Erfassung und Bekämpfung queerfeindlicher Hasskriminalität müsse flächendeckend ausgebaut werden, forderte Lehmann. Menschenfeindliche Taten seien "kein Kavaliersdelikt".

Der Queerbeauftragte warb in diesem Zusammenhang erneut für eine Grundgesetz-Änderung, die aus seiner Sicht den expliziten Schutz der LGBTIQ-Community vor Diskriminierung sicherstelle. Dafür solle die Verfassung in Artikel 3 um den Punkt "sexuelle Identität" als speziellen Antidiskriminierungsgrund ergänzt werden.

Die Hürden für eine solche Änderung sind generell sehr hoch. Dafür müsste eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat zustande kommen - was derzeit als unwahrscheinlich gilt.  © dpa

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