Nach der Vergewaltigung einer jungen Frau in Mülheim an der Ruhr überprüft das Jugendamt die Familien der mutmaßlichen Täter. Zwei 12-Jährige und drei 14-Jährige sollen beteiligt gewesen sein.
"Es ist richtig furchtbar. Wir waren alle hier und keiner hat was mitbekommen." Die 26-Jährige ist auch Tage nach der Vergewaltigung einer jungen Frau in Mülheim an der Ruhr noch immer geschockt. Dringend tatverdächtig sind drei 14-Jährige und zwei 12-Jährige.
Bei dem Verbrechen war am Freitagabend eine Frau vergewaltigt worden. Anwohner hatten die Polizei gerufen. Das verletzte Opfer konnte nach Kenntnis der Polizei im Laufe des Samstags das Krankenhaus verlassen. Es soll sich um eine 18-Jährige handeln. Genaue Angaben machten die Ermittler aus Gründen des Opferschutzes nicht.
Der Tatort soll in einem Waldstück nahe einem Spielplatz liegen. Die Verdächtigen wurden am Wochenende von der Polizei befragt und anschließend ihren Eltern übergeben. Alle fünf sind bulgarischer Nationalität.
Die 26-Jährige wohnt unweit des mutmaßlichen Tatorts und ist seitdem verunsichert: Als sie am Sonntag aus der Nachbarschaft spät nach Hause wollte, habe sie sich begleiten lassen. "Man hat ein mulmiges Gefühl, wenn man weiß, hier wurde eine erwachsene Frau von Kindern verschleppt."
Jugendamt war teils schon vor der Tat aktiv
Nach Angaben der Stadt sind vier von ihnen in der Stadt Mülheim gemeldet. Der Wohnort des fünften war laut Stadt am Montag noch unklar. Die Stadt bat die Bezirksregierung Düsseldorf, die Schulpflicht für die in Mülheim gemeldeten Verdächtigen für die jetzt laufende letzte Schulwoche vor den Ferien auszusetzen. Ob einer der Verdächtigen zum Wochenbeginn in die Schule gegangen ist, wurde nicht bekannt.
Bei zwei der vier Mülheimer Verdächtigen sei das Jugendamt schon vor der Tat in den Familien aktiv gewesen, sagte Mülheims Sozialdezernent Marc Buchholz am Montag. "Was Gegenstand der Tätigkeit war, muss noch recherchiert werden. Da sind wir dabei, das aufzubereiten." Er machte keine Angaben darüber, welches Alter diese beiden Personen haben.
Noch am Montag sollten Mitarbeiter des Jugendamtes zusammen mit dem kommunalen sozialen Dienst (KSD) die Familien der Tatverdächtigen aufsuchen, um Hilfe anzubieten und zu überprüfen, ob sie mit der Situation überfordert sind. "In diesem Fall ist auch eine Inobhutnahme möglich", sagte eine Stadtsprecherin. Kontakt gebe es auch zur Familie des Opfers, sagte Buchholz.
Alle mutmaßlichen Täter haben ausgesagt
"Die Zeugen haben perfekt reagiert", lobte Essens Polizeisprecher Peter Elke am Montag die Anwohner, die die Polizei gerufen hatten. Sie seien trotz der Dunkelheit am Freitagabend ins Freie gegangen, als der Hund anschlug. Auf einer Grünfläche hätten die Zeugen die Frau in einer hilflosen Position sowie zwei Verdächtige gesehen - und den Notruf gewählt.
Kurz darauf hielt eine Streifenwagenbesatzung eine Gruppe von fünf Kindern und Jugendlichen an, auf die teilweise die Beschreibung passte. "Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit", sagte der Polizeisprecher, seien die fünf an der Tat beteiligt. Alle hätten zu dem Vorwurf der schweren Sexualstraftat ausgesagt. "Es muss nur geklärt werden, welche Person welchen Anteil am Tatgeschehen hatte."
Die beiden Zwölfjährigen und die drei 14-Jährigen sind nach Polizeiangaben türkischsprechende Bulgaren. Die älteren Verdächtigen verbrachten die Nacht zu Samstag jeweils allein in einer Polizeizelle. "Das ist schon sehr ungewöhnlich, insbesondere, wenn es um Jugendliche geht", sagte der Polizeisprecher.
Über das Vorleben der extrem jungen Verdächtigen weiß die Polizei nicht viel. Die Daten der nicht strafmündigen Kinder dürfen nicht gespeichert werden. "Einer der 14-Jährigen ist nach jetzigem Kenntnisstand schon mal polizeilich in Erscheinung getreten", berichtete Polizeisprecher Elke, nannte aber keine weiteren Details.
Herabsetzung der Strafmüdigkeit gefordert
Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, erklärte dazu: "Wir fordern seit Jahren, dass das Alter für die Strafmündigkeit in Deutschland herabgesetzt wird." Ein Vorteil wäre, dass Jugendämter mit den 12- und 13-Jährigen nicht mehr alleingelassen würden und den Kindern über die Jugendgerichtshilfe frühzeitig geholfen werden könne.
Der Spielplatz liegt in einem unscheinbaren Stadtviertel, nicht weit weg von der Innenstadt. Die großzügige Anlage ist eingebettet in einen hügeligen Park, umgeben von Reihenhäusern und kleineren Mehrfamilienhäusern mit Gärten. In der Nähe sind eine Grundschule und der Radschnellweg Ruhr. Über ihn sollen zwei Täter am Freitagabend zunächst geflüchtet sein.
Der Fall erinnert an die Gruppenvergewaltigung eines 13-jährigen Mädchens im April 2018 in Velbert. Die Jugendlichen hatten die Schülerin nach einem Freibadbesuch abgepasst, in ein Waldstück geführt und sich dort an ihr vergangen. An der Tat waren acht Jugendliche aus Bulgarien beteiligt, die der türkischen Minderheit in dem Land angehören. Sie wurden verurteilt, teils zu mehrjährigen Haftstrafen. © dpa
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