Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub ist immer noch verschollen. Die Rettungskräfte räumen nur noch eine kleine Chance ein, den Milliardär lebend zu finden. Der Staatsanwalt schließt ein Verbrechen nicht aus.

Weitere aktuelle News finden Sie hier

Seit Samstag ist Karl-Erivan Haub verschwunden: Der Tengelmann-Chef kehrte von einer Skitour im Gebiet Klein-Matterhorn nicht zurück. Der Milliardär war allein unterwegs. Mit jeder Stunde schwinden die Chancen, den 58-Jährigen lebend zu finden. Schlechtes Wetter und Lawinengefahr erschweren den Rettern die Suche.

Nur noch eine geringe Chance

Noch haben die Rettungskräfte eine kleine Hoffnung. "Wir hatten schon erfolgreiche Rettungen nach mehreren Tagen. Wir haben auch jetzt noch eine geringe Chance, die muss man realistisch sehen", sagte der leitende Rettungsarzt Axel Mann auf einer Pressekonferenz in Zermatt. "Und darum sind wir auch alle noch voll auf der Rettungsseite engagiert."

Zum Höhepunkt der Suche waren demnach 60 Leute im Einsatz. Im Moment sind 23 Rettungskräfte auf der Suche. Dazu kommen zwei Helikopter mit Wärmekameras, die ständig ihre Runden drehen.

Das größte Problem: die Kälte

Die Kleidung und ein direkter Kontakt zum Schnee wirken sich maßgeblich auf die Überlebenschance des Vermissten aus. Haub trug zum Zeitpunkt seines Verschwindens nur einen dünnen Rennanzug mit Windjacken, hatte aber einen Rucksack dabei.

"Es besteht die akute Gefahr einer Unterkühlung", sagt Rettungsarzt Mann. Es komme darauf an, wie schnell die Körperkerntemperatur sinke. "Sinkt diese schnell, dauert es nicht lange bis zum Herzstillstand."

"Wir haben schon sehr viele Mittel erschöpft", erklärte Anjan Truffer, Leiter der Rettungsdienste Zermatt. Die Familie des Vermissten habe viel Geld für die Suche zur Verfügung gestellt. "Aber das macht für uns keinen Unterschied. Wir sind Helfer." Irgendwann müsse man jedoch entscheiden, ob die Suche noch Sinn ergebe.

Staatsanwalt schließt auch Straftat nicht aus

Die Suche in der Schweiz und in Italien geht trotz des schlechten Wetters unermüdlich weiter. Gesucht wird auch außerhalb der Pisten, auf Gletschereis und bis hin zum Monte-Rosa-Plateau.

Gestützt auf die bisherigen Erkenntnisse könne nicht gesagt werden, "ob eine Straftat oder aber ein tragisches Unglück vorliegt", sagte der Staatsanwalt von Oberwallis, Dominic Lehner.

"Wir machen alles Menschenmögliche, um den Vermissten zu finden. Doch die Situation ist schwierig", betont Markus Rieder, Sprecher der Kantonspolizei Wallis. "Er kann von einer Lawine überrollt worden, von einem Felsen gestürzt oder in eine Gletscherspalte gefallen sein. Vielleicht hat er sich verlaufen oder Herzprobleme gehabt."

Das Suchgebiet ist mit 240 Quadratkilometern riesig und mit Gletscherspalten durchzogen. "In diesen Tagen haben wir alles abgesucht, wo wir ohne Risiko hinkommen konnten", erklärt Adriano Favre vom italienischen Rettungsdienst. Es habe aber immer wieder stark geschneit.

An der Bergstation Klein-Matterhorn verlor sich seine Spur

Samstagfrüh gegen 8:30 Uhr war Haubs Handy zum letzten Mal geortet worden. Danach wurde es entweder ausgeschaltet oder der Akku war leer. Um 9:10 Uhr wurde er zum letzten Mal gesehen, wie Mathias Volken von der Kapo Wallis auf der Pressekonferenz mitteilte. Bisherigen Erkenntnissen zufolge stieg Haub bei der Bergstation der Klein-Matterhorn-Bahn auf 3.820 Metern aus.

Von dort gibt es Abfahrten nach Zermatt und auf italienischer Seite. Das Klein-Matterhorn ist zwar ein offizielles Skigebiet, aber auch Ausgangspunkt für größere Touren. Von der Bergstation machte sich der Milliardär in Richtung Monte Rosa auf.

Haub habe für das Skitourenrennen Patrouille des Glaciers trainieren und nur eine kleine Tour gehen wollen, hieß es auf der Pressekonferenz. Deswegen sei es nicht ungewöhnlich, dass er allein losgezogen sei.

Karl-Erivan Haub ist einer der reichsten Deutschen. Das Vermögen der Unternehmerfamilie wurde zuletzt vom "Manager-Magazin" auf rund 4,2 Milliarden Euro geschätzt.

Mit Material der dpa
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.