Heutzutage soll ja alles gesund sein - auch das Essen. Nur leider nimmt Kochen viel Zeit in Anspruch. Hier kommt Flüssignahrung ins Spiel - sie soll schnell, praktisch und ausgewogen sein. Ich habe es ausprobiert.
Bei Flüssignahrung denken viele Menschen an den farb- und geschmacklosen Brei, den manche Patienten im Krankenhaus erhalten. Oder an den Horror-Klassiker "Soylent Green", ein Film, in dem sich Menschen nur von Flüssigkeit ernähren, die - wie sich später herausstellt - menschlichen Ursprungs ist.
Von diesen beiden Extremen ist die moderne Flüssignahrung weit entfernt. Sie spricht vor allem gesundheitsbewusste Millenials an, die sich gerne gesund ernähren wollen, aber irgendwie keine Zeit zum Kochen haben.
Die Shakes werben damit, dass sie alle Nähr- und Mineralstoffe enthalten, die unser Körper braucht, und dass ein Mensch sich ausschließlich von der Flüssignahrung ernähren kann.
Um herauszufinden, ob es wirklich funktionieren kann, sich eine Woche nur flüssig zu ernähren, habe ich vier verschiedene Produkte getestet: Jake Food, Bertrand, Huel und einen fertig zubereiteten Shake namens Saturo.
Wichtig: Die Shakes sind nicht zum Abnehmen gedacht, sondern sollen eine vollwertige Mahlzeit ersetzen.
Die Produkte
Als Erstes habe ich Jake getestet. Die niederländische Firma bietet ihr Produkt in drei verschiedenen Varianten an: Original, Light und Sports. Die Geschmacksrichtung ist Vanille.
Die Shakes enthalten laut Hersteller das richtige Gleichgewicht an Kohlenhydraten, Proteinen, Fetten und Ballaststoffen. Dadurch soll sich der Nutzer nach dem Trinken nicht träge fühlen und Heißhungerattacken können so vermieden werden.
Die Firma Bertrand bietet ihr Produkt ebenfalls in drei Varianten an: Classic, Active und ein rein veganes Produkt. Es ist in vielen verschiedenen Geschmacksrichtungen erhältlich - von Apfel, Vanille und Blaubeere bis hin zu Bratapfel oder ganz ohne Geschmack.
Der dritte Hersteller im Bund ist Huel. Die Shakes sind glutenfrei und entsprechen damit den aktuellen Gesundheitstrends. Das Pulver ist in 1,7-Kilo-Säcken erhältlich und kommt ohne Geschmack oder mit Vanille.
Wer mehr Geschmack möchte, kann sich Geschmackspulver dazu bestellen. Das gibt es in verschiedenen Sorten, unter anderem Banane, Schokolade oder Mocha.
Als viertes habe ich die Produkte einer österreichischen Firma getestet. Saturo liefert die Shakes fertig zubereitet in der Flasche. Es gibt drei Geschmacksrichtungen: Schokolade, Kaffee und Original, eine geschmacksneutrale Zubereitung.
Eine Flasche Shake enthält 500 Kalorien und ein Viertel der Menge von täglich empfohlenen Nährstoffen.
Wie habe ich mich ernährt?
Die Shakes sind so ausgelegt, dass man mit einer festgesetzten Portion alle Nährwerte und vor allem auch Kalorien für den Tag über die Flüssigkeit aufnehmen kann.
Da ich als 1,65 Meter große Frau natürlich keine 2.200 Kalorien pro Tag brauche, habe ich die Portionsmenge entsprechend angepasst. Ich habe insgesamt sechs Tage die Shakes getrunken.
Jeweils einen Tag lang habe ich nur Jake, Bertrand, Huel oder Saturo zu mir genommen. Am nächsten Tag habe ich das Pulver dann in einem Smoothie weiterverarbeitet. Darauf habe ich bei Saturo verzichtet, da die Shakes als zubereitetes Produkt erhältlich sind.
Das habe ich vor allem deswegen gemacht, damit ich wenigstens ein bisschen das Gefühl habe, dass ich etwas koche. Zumal die verschiedenen Shakes in Smoothie-Form auch echt lecker waren.
Die Shake-Ergebnisse
Obwohl sie alle das gleiche versprechen, waren die Shakes doch sehr unterschiedlich. Und die verschiedenen Ergebnisse der Pulver in Shake- und in Smoothie-Form haben mich doch sehr überrascht.
Das Pulver von Jake habe ich als erstes getestet und zwar auf einer Dienstreise. Da hat die Flüssignahrung alle Vorteile ausgespielt. Für viele Menschen, die auf gesunde Ernährung achten, sind Dienst- oder andere Reisen schwierig zu navigieren. Welche Essensoptionen gibt es vor Ort, wie ist das Hotelzimmer ausgestattet, gibt es eine Kantine - diese Fragen stellen sich mit Flüssignahrung nicht mehr.
Jake überrascht beim Smoothie mixen
Die Zubereitung ist tatsächlich extrem einfach: Wasser oder Milch bis zur vorgegebenen Markierung in den mitgelieferten Shaker füllen, Pulver hinzugeben, schütteln, kurz stehen lassen, nochmal schütteln, fertig.
Das Jake-Pulver besteht hauptsächlich aus Hafermehl, Erbsenprotein, Sonnenblumenöl und anderen Zusatzstoffen wie Omega-3-Fettsäuren und Magnesium. Gesüßt ist der Shake mit Sucralose, einem Süßstoff.
Der Blick auf die Zutatenliste schreckt im ersten Moment etwas ab, vor allem, da die meisten Menschen mit Zutaten wie "Silikondioxid" nichts anfangen können und es auch nicht sonderlich vertrauenerweckend klingt.
Geschmacklich landet Jake in Shake-Form nur auf dem vierten Platz. Der Süßstoff schmeckt leider sehr penetrant heraus, der Vanille-Geschmack fängt das nicht wirklich auf.
In einer anderen Geschmacksrichtung könnte das Problem allerdings weniger auffällig sein. Zwischen der light, Sport und der normalen Variante konnte ich keinen Unterschied schmecken.
So habe ich mich an meinem zweiten Tag auch eher widerwillig in die Küche begeben, um meinen Smoothie zu mixen. Aber siehe da - hier spielt Jake seine Vorteile richtig aus.
Das erste Getränk war eine Mischung aus Blattsalat, Gurke, gefrorener Banane, Birne, Zimt und Jake-Pulver. Geschmacklich war es top, der Süßstoffgeschmack verschwindet fast ganz und zurück bleibt eine sehr angenehme Vanille-Note. Auch von der Konsistenz her konnte der Shake überzeugen.
Bei den weiteren Versuchen kamen unter anderem Joghurt und Sauerkirschen als Smoothie-Komponenten zum Einsatz. Eine ebenfalls lohnende Mischung.
Bertrand überzeugt beim ersten Geschmackstest
Am dritten Tag ging es mit den Shakes von Bertrand weiter. Nachdem es zwei Tage lang nur Vanille-Geschmack gegeben hat, freute ich mich sehr auf die Geschmacksrichtungen Blaubeere, Bratapfel und Co.
Die Zutatenliste des Bertrand-Pulvers konnte mich mehr überzeugen. Das setzt sich hauptsächlich aus Vollkornhafer, Rapsölpulver, Mandeln, Leinsamenmehl und Reisprotein zusammen. Ich konnte definitiv alle Zutaten aussprechen und es war mir kein Zusatzstoff unbekannt.
Geschmacklich waren die Shakes umwerfend. Sehr angenehm gesüßt, ich konnte die einzelnen Sorten herausschmecken und dank des teilweise enthaltenen Mandelcrunches gab es sogar etwas zu kauen.
Umso mehr habe ich mich natürlich auf den zweiten Smoothie-Tag gefreut. Was schon pur so lecker schmeckt, kann im Mixgetränk ja nur toll sein? Weit gefehlt. Während der Jake-Mix extrem aufgewertet wurde, verliert Bertrand seinen Geschmack.
Ich habe die gleichen Rezepte wie am Tag zuvor verwendet und das Ergebnis war bestenfalls mittelmäßig. Zwar waren die Smoothies an sich immer noch lecker, aber der Knall-Effekt hat gefehlt.
Der Bertrand-Geschmack an sich ist zu natürlich und sanft, als dass er sich in einem Smoothie durchsetzen könnte - schade eigentlich.
Huel ist für herzhafte Shakes ideal
Huel war das letzte Pulver, das ich getestet habe. Die Anzeigen für die Mixtur habe ich schon Monate zuvor im Internet gesehen - ich war also sehr gespannt. Das Design ist sehr minimalistisch, die Tüten sind groß, weiß und mit schlichter schwarzer Blockschrift bedruckt.
An dieser Stelle muss ich sagen, dass sich das Pulver aller bisherigen Shakes immer sehr gut aufgelöst hat - ohne stundenlanges Schütteln. Bei Huel passierte es mir zum ersten Mal, dass ich Klümpchen beim Trinken hatte. Definitiv kein schönes Erlebnis.
Beim zweiten Shake habe ich dann das Pulver in Etappen gemixt und das Problem war behoben. Geschmacklich hat mich Huel weder von den Socken gehauen, noch sonderlich enttäuscht. Als reinen Shake habe ich das Vanille-Pulver verwendet.
Huel legt seiner Flüssignahrung noch Rezeptkarten bei - für verschiedene Smoothies, Pancakes oder auch Brownies. Daher habe ich mich für den zweiten Huel-Tag dafür entschieden, den Kaffee-Shake, den Beeren-Smoothie und den - und darauf war ich besonders gespannt - Peanutbutter-Curry-Shake auszuprobieren.
Alle Rezepte haben sehr, sehr lecker geschmeckt. Vor allem der Kaffee-Shake konnte mich überzeugen - obwohl ich anfangs der Mischung aus Quark, Banane und Kaffee etwas skeptisch gegenüberstand.
Richtig umgehauen hat mich allerdings der Peanutbutter-Curry-Shake. In den vergangenen Tagen habe ich vor allem herzhafte Rezepte sehr vermisst - da kam diese Mischung wie gerufen.
Saturo als sehr schnelle Mahlzeit
Die Shakes von Saturo sind einfach besonders praktisch, da man sie gleich fertig zubereitet in der Flasche bekommt. Das verkürzt die Vorbereitungen für den nächsten Tag enorm. Beim Tasche packen legt man einfach die Flaschen dazu - fertig ist das meal prep.
Hauptzutat bei Saturo ist Sojaprotein. Dazu kommen noch Sonnenblumöl, Vitamine und Mineralien.
Die Konsistenz der Flüssigkeit ist sehr angenehm, der Shakes ist dickflüssig und cremig. Bei einem fertigen Produkt besteht vor allem nicht die Gefahr, dass noch kleine Klümpchen im Shake zu finden sind - etwas, vor dem ich mich persönlich unglaublich ekele.
Praktisch ist auch, dass man sich nicht mit Shaker, Pulver abmessen, etc. herumschlagen muss. Allerdings entsteht dabei jede Menge vermeidbarer Plastikmüll.
Geschmacklich konnte Saturo überzeugen. Der Kaffee-Shake ist entgegen meiner Erwartungen nicht unangenehm süß, sondern hat tatsächlich authentischen Kaffeegeschmack. Der Schokoladen-Shake ist ebenfalls lecker, allerdings ist er als Mittagessen zumindest für mich nicht geeignet gewesen, da ich mittags Wert auf herzhafte Mahlzeiten lege.
Geschmack | Konsistenz | Würde ich es nochmal kaufen? | |
Jake | zu künstlich, zu sehr nach Süßstoff | etwas dünnflüssig | nein |
Bertrand | sehr angenehm, verschiedene Sorten sind richtig lecker | etwas dünnflüssig, Nussstückchen bilden gute Abwechslung | ja |
Huel | angenehmer Vanille-Geschmack | Klümpchen bei der ersten Anwendung, ansonsten angenehme Konsistenz | für die Herstellung von herzhaften Shakes |
Saturo | Schokoladen-Geschmack war sehr lecker, Kaffee-Geschmack war auch gut, da er nicht zu süß war | schön dickflüssig, fast wie ein klassischer Milchshake | ja |
So hat es sich angefühlt
Kann man sich nur von Flüssignahrung ernähren? Kann man definitiv - ob man das möchte, ist die andere Frage.
In den insgesamt sieben Tagen war ich kaum hungrig, ich hatte tatsächlich keine Heißhungerattacken und das schwere Gefühl im Magen nach dem Mittagessen blieb ebenfalls aus.
Neben dem Kauen habe ich allerdings die Nahrungszubereitung schwer vermisst. Ich bin jemand, der sehr gerne und oft kocht - der Vorgang gehört für mich zum Essen dazu und sorgt dafür, dass ich mich auf die Nahrungsaufnahme einstimmen kann.
Das schönste nach dieser Woche war also, endlich abends wieder mal am Herd zu stehen.
Für Menschen, die nicht gerne kochen, aber ungern Fastfood und Co. in sich hineinstopfen, sind die Shakes von Huel, Bertrand und Jake ein adäquater Ersatz für Mahlzeiten.
Auch für unterwegs oder beim Wandern, bei Radtouren oder anderen Ausflügen ist Flüssignahrung sehr praktisch, da man wirklich nicht mehr braucht als Pulver, Shaker und Flüssigkeit.
Es versteht sich aber auch fast von selbst: Wer zufrieden mit seiner Art zu essen ist, für den sind diese Shakes nichts.
Kauen ist eben doch ein wichtiger Teil unserer Nahrungsaufnahme und sendet unter anderem auch Signale an unser Gehirn, damit es weiß, wann wir genug gegessen haben.
Ob es gut für unsere Gesundheit ist, sich ausschließlich flüssig zu ernähren - dazu gibt es keine umfassenden Studien. Unser Nahrungsaufnahme- und Verdauungssystem ist unglaublich komplex.
Daher lassen sich solche pauschalen Aussagen sehr schwer treffen. Aber als Nahrungsergänzung oder als Ersatzmahlzeit sind die Shakes auf jeden Fall gut geeignet.
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