Haben Sie dieses Jahr auch schon einen Glühwein getrunken? Beim Blick auf das Angebot zeigt sich: Da tut sich etwas. Viele trinken längst nicht mehr nur den klassischen Roten.

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Ob auf dem Weihnachtsmarkt, beim Winzer oder im Weinhandel: Neben dem traditionellen roten Glühwein wird immer öfter auch weißer und sogar Rosé-Glühwein nachgefragt. "Wir stellen seit einigen Jahren fest, dass weißer und neuerdings auch Rosé-Glühwein verstärkt angeboten wird", sagt Ernst Büscher vom Deutschen Wein-Institut (DWI). Immer mehr deutsche Weinproduzenten stellten mittlerweile ihren eigenen Glühwein her. Allerdings gibt es keine verlässlichen Zahlen zum Absatz oder Umsatz dieser Produkte.

Weißer Glühwein wird beliebter

"Roter ist der Hauptglühwein", erklärt Sascha Barth, Lieferant beim Mainzer Weihnachtsmarkts im größten Weinanbaugebiet Rheinhessen. Seiner Schätzung zufolge sind etwa 80 Prozent rot. Weißer werde an den Ständen aber immer öfter gewünscht. "Rosé-Glühwein ist ein Nebenprodukt."

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"Weißer Glühwein ist ein neuer Trend", sagt Silvia Schelle, die Geschäftsführerin einer Online-Verkaufsplattform, die Weine von rund 140 Pfälzer Winzern vertreibt. "Vielleicht weil er einfach einen Tick fruchtiger ist", vermutet sie. Mit einem Verkaufsanteil von etwa 70 Prozent sei der rote Glühwein aber immer noch gefragter – und Rosé-Glühwein aus ihrer Sicht "zu vernachlässigen".

"Rosé-Glühwein gibt es offiziell ja erst seit letztem Jahr", sagt Büscher. Bis dahin sei er nur vereinzelt "als roséfarbenes Heißgetränk mit Fantasienamen" angeboten worden. "Weil Glühwein aus weinrechtlichen Gründen nur aus Rot- oder Weißwein hergestellt werden durfte." Im Jahr 2022 sei auch Roséwein vom Gesetzgeber in die Liste der Weinarten aufgenommen worden, die für die Herstellung von Glühwein zugelassen sind.

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"Leute werden experimentierfreudiger"

"Der Klassiker ist der rote", bestätigt auch Ralph Seeberger, Geschäftsführer einer Online-Plattform, die Wein von mehr als 80 Winzern aus Franken verkauft und deren Kunden in der Regel älter als 50 Jahre sind, wie er sagt. "Die Leute werden aber experimentierfreudiger." Häufiger als früher werde weißer Glühwein bestellt, vereinzelt auch Rosé-Glühwein. In den vergangenen Jahren hat sich auch bei der Winzergenossenschaft der Weingärtner Stromberg-Zabergäu die Nachfrage nach weißem Glühwein erhöht. Laut Aussage der Württemberger beträgt das Verhältnis etwa 60 Prozent Rot- und 40 Prozent Weißwein.

Laut Büscher eignen sich für den klassischen roten Glühwein die Traubensorten Spätburgunder, Dornfelder oder Regent besonders gut. Er ist allerdings auch aus dem Barrique-Fass erhältlich. Für den weißen seien säuremilde Sorten wie Müller-Thurgau oder Silvaner besonders geeignet. Aber auch aromatischere Sorten, etwa Scheurebe oder Gewürztraminer, gibt es als Glühwein.

"Noch vor 15 Jahren konnte man davon ausgehen, dass jemand, der weißen Glühwein wollte, aus dem Rheingau kam", sagt Barth aus dem rheinhessischen Mainz. Das liege daran, dass dort mehr weiße als rote Trauben angebaut würden. Stefan Kolb vom Weingut Schlossgartenhof im rheinhessischen Saulheim schätzt, dass dies auch für die Anbaugebiete Saale-Unstrut und Sachsen gilt. "Im Osten war weißer Glühwein schon immer der stärkere." In Mainz hingegen entschieden sich mittlerweile vor allem junge Frauen und Mädchen für den weißen Glühwein, wie er berichtet. "Wegen der Zähne. Das ist aber Quatsch, da ist ja kein Farbstoff drin."

Glühwein: Neue Regeln erlauben Rosé-Variante

Wie Büscher erklärt, ist Glühwein gemäß dem Weingesetz als "ein aromatisiertes weinhaltiges Getränk" definiert, das ausschließlich aus Rot-, Weiß- oder Roséwein hergestellt, gesüßt und mit Gewürzen versetzt wird. "Der Zusatz von Farbstoffen ist ebenso verboten wie der von Alkohol oder Wasser." Der Alkoholgehalt müsse zwischen 7 und 14,5 Volumenprozent betragen.

"Weil Glühwein zu den aromatisierten weinhaltigen Getränken zählt, darf er als Rosé auch aus einer Cuvée von Rot- und Weißwein hergestellt werden", weist Büscher auf eine Änderung im europäischen Weinrecht 2022 hin. "Das ist für die Roséweinbereitung nicht zulässig."

Laut Kolb führt die gestiegene Beliebtheit von Roséwein im Handel auch zu einer erhöhten Nachfrage nach Glühwein in dieser Variante. Er spricht von einer "Trendgeschichte" und sagt: "In Glastassen ausgeschenkt, ist er ein Hingucker."

Glühwein als wirtschaftliches Standbein

"Für einige Winzer ist das Glühweingeschäft auch zu einem wichtigen wirtschaftlichen Standbein geworden", sagt Büscher. "Sie bieten Glühwein auch in Großgebinden für Standbetreiber auf den Weihnachtsmärkten an." Dies gilt auch für Kolb und den Schlossgartenhof in Rheinhessen. Etwa ein Drittel des Ertrags der 30 Hektar großen Anbaufläche werde zu Glühwein und werde nach ganz Deutschland verschickt, berichtet Kolb. Der Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) gibt jedoch an, dass Glühwein für seine Mitglieder kein Thema sei.

Laut Büscher ist es nur erlaubt, den Ausdruck "Winzerglühwein" zu verwenden, wenn der Glühwein aus selbst produzierten Weinen hergestellt worden sei. Der Begriff "Deutscher Glühwein" hingegen bedeute lediglich, dass die Grunderzeugnisse aus Deutschland stammen müssten.

Büscher zufolge bieten Winzer Glühwein inzwischen auch vermehrt in Bioqualität, vegan oder nach traditionellen Hausrezepten an. Kolb betont zudem, dass auch das Nachhaltigkeitssiegel "Fair'n Green" immer häufiger anzutreffen sei. Ein alkoholfreier Wein, der mit Glühweingewürzen versetzt ist, dürfe allerdings nicht die Bezeichnung "alkoholfreier Glühwein" tragen, so Büscher. Es handele sich vielmehr um ein "aromatisiertes Getränk aus alkoholfreiem Rotwein". (dpa/af)

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