Wer darf Bürgergeld beziehen? Was muss er dafür tun? Und wann drohen Sanktionen? Wir beantworten hier die wichtigsten Fragen.
Was früher Hartz IV war, ist heute das Bürgergeld. Anspruch auf diese staatliche Leistung haben alle, die erwerbsfähig sind und ihren Lebensunterhalt mit dem eigenen Einkommen nicht finanzieren können.
Das Bürgergeld ist eine Grundsicherung für Arbeitssuchende. Doch um den ihnen zustehenden Betrag ausgezahlt zu bekommen, müssen sie einige Dinge tun. Unterlassen Berechtigte dies, müssen sie mit Sanktionen rechnen: Das Geld wird gekürzt. Antworten auf wichtige Fragen.
Wer bekommt überhaupt Bürgergeld?
Bürgergeld bekommt, wer zwar mindestens drei Stunden pro Tag arbeiten, seinen Lebensunterhalt mit den eigenen Einkünften aber trotzdem nicht bestreiten kann, weil er damit unter dem Existenzminimum bleibt. Außerdem Voraussetzung: Sie sind mindestens 15 Jahre alt und haben die Regelaltersgrenze für die Rente noch nicht erreicht. Zudem leben Sie in Deutschland und haben auch Ihren Lebensmittelpunkt hier.
Ferner spielt das eigene Vermögen eine Rolle. Überschreitet es gewisse Grenzen, gibt es so lange kein Bürgergeld, bis das Geld unter diese Grenzen geschrumpft ist. Im ersten Bezugsjahr, der sogenannten Karenzzeit, liegt die Grenze für alleinstehende Antragsteller bei 40.000 Euro. Leben weitere Personen, zum Beispiel Lebenspartner oder Kinder, im Haushalt, dürfen diese zusätzlich je 15.000 Euro besitzen. Nach dem Ablauf der Karenzzeit sinkt der Freibetrag auch für Antragsteller auf 15.000 Euro.
Zum Vermögen zählen sämtliche verwertbare Gegenstände – etwa Bargeld, Fahrzeuge, Schmuck, Kapitallebensversicherungen oder Immobilieneigentum.
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Wie hoch sind die Bürgergeld-Leistungen?
Der Bürgergeld-Regelsatz liegt seit Anfang 2024 bei 563 Euro für Alleinstehende. Zusammenlebenden Partnern stehen jeweils 506 Euro zu. Leben zusätzlich noch Kinder im Haushalt, gibt es je nach Alter zwischen 357 und 471 Euro on top – pro Kind. Außerdem übernimmt das Jobcenter die Kosten für Miete und Heizung in angemessener Höhe.
Aus welchen Gründen kann das Bürgergeld gekürzt werden?
"Leistungsminderungen gibt es beim Bürgergeld bei Pflichtverletzungen und bei Meldeversäumnissen", sagt Irmgard Pirkl von der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Eine Pflichtverletzung liegt zum Beispiel vor, wenn Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfänger Aufforderungen zu den im Kooperationsplan getroffenen Absprachen oder erforderlichen Mitwirkungshandlungen nicht nachkommen.
Gleiches gilt, wenn sie sich weigern, eine ihnen angebotene zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder das Zustandekommen durch ihr Verhalten verhindern. Auch wenn sie eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch geben, müssen Bürgergeld-Bezieher mit Kürzungen rechnen.
Eine Minderung droht auch dann, wenn leistungsberechtigte Personen einer Aufforderung, sich bei ihrem Jobcenter persönlich zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nachkommen.
Um wie viel und wie lange kann gekürzt werden?
Nach einem aktuellen Beschluss des Gesetzgebers kann denjenigen, die eine zumutbare Arbeit dauerhaft ablehnen, das komplette Bürgergeld für bis zu zwei Monate gestrichen werden. Das bedeutet: Das Jobcenter setzt die Zahlung des Regelsatzes aus.
Ansonsten gilt: Bei einem ersten Pflichtverstoß – etwa wenn der Bezieher oder die Bezieherin der Aufforderung für Absprachen nicht nachkommt – droht eine Kürzung von zehn Prozent des Regelsatzes für einen Monat. Beim zweiten Pflichtverstoß innerhalb eines Jahres nach der letzten Minderung sind 20 Prozent für zwei Monate drin. Bei jeder weiteren Pflichtverletzung kann das Bürgergeld für drei Monate um 30 Prozent gekürzt werden. Bei Meldeversäumnissen liegt die Leistungsminderung bei zehn Prozent des Regelbedarfs für einen Monat.
Für sämtliche Kürzungen gilt: Die Zahlungen von Miete und Heizung bleiben davon unberührt. Eine Minderung erfolgt zeitnah im Monat nach dem Minderungsbescheid. Wenn jemand etwa am 10. Juni schriftlich von der Minderung erfahren hat, gibt es ab dem 1. Juli nur noch den gekürzten Satz.
Übrigens: Die Sanktionsquote ist in den vergangenen Jahren stetig gesunken. "Die Jobcenter machen also mitnichten in der Masse von Leistungsminderungen Gebrauch", sagt Irmgard Pirkl.
Wie wird man die Sanktionen wieder los?
Nach Ablauf des Minderungszeitraums von ein bis drei Monaten wird die Sanktionierung automatisch aufgehoben. "Sofern keine neue Sanktion verhängt wird, ist der ungekürzte Leistungsanspruch wieder auszuzahlen", sagt Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD).
Was kann man bei einer ungerechtfertigten Kürzung tun?
Bevor das Jobcenter eine Sanktion verhängt, sind die Betroffenen anzuhören. Dabei können sie darlegen, warum die Sanktion ungerechtfertigt ist. "Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn man einen Termin beim Arbeitsvermittler wegen eines Notfalls versäumt oder wenn man eine Beschäftigung wegen Mobbings gekündigt hat", so Engelmeier.
Die vorgetragenen Gründe sind vom Jobcenter zu prüfen. Liegt ein wichtiger Grund oder eine außergewöhnliche Härte vor, entfällt die Leistungsminderung vollständig. Das heißt, das Bürgergeld wird dann nicht gekürzt.
Wichtig zu wissen: Sollte eine Sanktion zu Unrecht verhängt worden sein, können Betroffene Widerspruch einlegen – mit der Option einer anschließenden Klage vor dem Sozialgericht. Beide Verfahren sind in der Regel kostenfrei. Betroffene können sich dafür beraten lassen. Eine Anlaufstelle kann etwa der SoVD sein. (dpa/af)
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