Im Zuge der Energiewende wird derzeit auch viel über sogenannte Balkonkraftwerke gesprochen. Diese einfach zu installierenden Solarmodule sollen mehr Haushalte an der Energieherstellung beteiligen. Aber wie funktioniert das eigentlich? Und kann sich das jeder einfach so installieren?
Wer kein großes Dach oder kein ausreichendes Investitionskapital zur Verfügung hat, hatte als Privatperson lange Zeit das Nachsehen: Eine Solaranlage, die nicht nur die Energiewende voran bringt, sondern zugleich eine wirtschaftlich attraktive Investition darstellt, blieb dann verwehrt.
Seit einiger Zeit sieht man jedoch an Balkongeländern oder auch auf Garagen einzelne Solarmodule. Weil sie einfach zu installieren und vergleichsweise erschwinglich sind, erleben diese sogenannten Balkonkraftwerke derzeit einen regelrechten Boom. Dennoch gibt es bei der Anschaffung einige Hürden, wie Thomas Hertle vom Verein Balkon.Solar e.V. im Interview erklärt.
Herr Hertle, was genau ist ein Balkonkraftwerk überhaupt?
Thomas Hertle: Ein Kernfusions-Kollektor! (lacht) Im Ernst, das sind ein bis zwei Solarmodule und ein angeschraubter Mikro-Wechselrichter, der den erzeugten Sonnenstrom direkt in die heimische Steckdose für den Eigenverbrauch leitet.
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Kann sich das jeder Haushalt einfach auf den Balkon bauen? Auch bei einer Mietwohnung?
Mit den heutigen Modulen geht das an allen Stellen, wo Sonne hinscheint und eine Steckdose in der Nähe ist. Das geht auch als Solartisch, auf einem Vordach oder in den Garten gestellt. Lediglich bei älteren Strominstallationen sollte zur Sicherheit der Elektriker gefragt werden. Bei Wohnungen ist bislang allerdings die Zustimmung von Vermieter oder Eigentümergemeinschaft erforderlich.
Welche sonstigen Genehmigungen oder Voraussetzungen sind nötig?
Derzeit gilt nur der Anschluss an eine sogenannte Wieland-Steckdose als normkonform. Technisch ist eine Schuko-Steckdose [handelsübliche Haushaltsstecker; Anm.d.Red.] jedoch ebenso geeignet und in anderen Ländern auch üblich. Außerdem muss die Anlage beim Netzbetreiber angemeldet und ins Marktstammregister eingetragen werden. Es scheint aber, dass alle Parteien im Bundestag ausnahmsweise mal einer Meinung sind und es künftig keine besonderen Vorgaben mehr geben wird. Das würde dann auch den Regelungen in anderen europäischen Ländern entsprechen.
Sie beziehen sich auf die neue Photovoltaik-Strategie der Bundesregierung, in der viele Punkte aufgegriffen wurden, die nicht nur Sie und Ihr Verein, sondern auch der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) kritisiert haben. Welche Änderung bringt sie und wann greift sie?
Sie greift hoffentlich bald. Wirtschaftsminister Robert Habeck hat angekündigt, dass der Gesetzgebungsprozess für erste Maßnahmen der Strategie noch im Frühjahr beginnen soll. Dann kann eine Anlage mit bis zu 800 Watt ohne Zustimmung von Vermieter oder Hausgemeinschaft betrieben werden, die dann ohne spezielle Stecker und baurechtliche Vorgaben in Betrieb genommen werden kann. Selbst alte Stromzähler sollen dann vom Netzbetreiber akzeptiert werden.
Kann man ein Balkonkraftwerk selbst installieren oder sogar selbst bauen?
Das Solarmodul an eine besonnte Wand lehnen und einstecken ist am einfachsten. Mit etwas handwerklichem Geschick und vier Tischbeinen als Solartisch oder mit speziellen Haken an ein normales Balkongeländer geschraubt, ist es wie ein Ikea-Möbelstück zusammenzuschrauben.
Was kostet so ein Balkonkraftwerk?
Komplettpakete gibt es ab 500 Euro beim Discounter oder im Baumarkt in entsprechender Qualität. Beratung und langlebigere Produkte bekommen Sie eher bei örtlichen Händlern. Immer mehr Kommunen bieten übrigens Förderungen von bis zu 200 Euro an.
Wie viel Prozent des eigenen Bedarfs kann man damit decken?
Bei Sonne bis zu 100 Prozent. Über das Jahr je nach Nutzerverhalten, Ausrichtung und Wirkungsgrad bis zu 25 Prozent.
Welchen Beitrag zur Energiewende können Balkonkraftwerke Ihrer Einschätzung nach leisten?
Bei möglicherweise 15 Millionen geeigneten Balkonen und ähnlichen Aufstellflächen könnten ein paar Kohlekraftwerke ersetzt werden. Entscheidend ist aber auch, dass sich jeder beteiligte Haushalt mit seinem Verbrauchsverhalten auseinandersetzt. Und natürlich sollten wir vordringlich alle möglichen Dachflächen nutzen, um uns komplett mit Sonnenenergie zu versorgen.
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