In den Stallungen eines Bauernhofes im Landkreis Plön ließ ein Landwirt rund 700 Schweine verhungern. Doch warum hat niemand etwas von dem qualvollen Sterben bemerkt?

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Auf einem landwirtschaftlichen Betrieb im Landkreis Plön in Schleswig-Holstein sind rund 700 Schweine verendet. Laut einem Polizeisprecher hat ein Veterinär im Beisein der Polizei die Stallungen eines Landwirts untersucht. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Tierschutzgesetz gegen den Landwirt. Denn laut der "Kieler Nachrichten" hatte er bereits Anfang 2020 angefangen, seine Tiere zu vernachlässigen und nicht mehr ordnungsgemäß zu versorgen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Landwirt die Schweine zum Schluss einfach sich selbst überlassen hat und diese elendig verhungert oder verdurstet sind. Da die Ställe abseits liegen, bekam niemand etwas mit. Man mag sich nicht vorstellen, welche Qualen die hochintelligenten Tiere daher eingesperrt in ihrem Todeskampf erleiden mussten.

Ein Mitarbeiter der Ordnungsbehörden hatte die toten Schweine zufällig entdeckt, als er wegen einer anderen Angelegenheit auf dem Hof gewesen ist. Wie viele Tiere insgesamt verendet sind, lässt sich aufgrund der starken Verwesung der Kadaver nicht exakt bestimmen. Aufschluss über die exakte Zahl der toten Tiere soll die Auswertung der Buchhaltungsunterlagen zu der ehemaligen Schweinezucht geben. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sich anhand von Ankauf der Ferkel beziehungsweise Verkauf der erwachsenen Schweine der genaue Bestand ermitteln lässt. Des Weiteren soll der in den Unterlagen dokumentierte Kauf von Futtermitteln sowie tierärztliche Abrechnungen Auskunft über die Gesundheit der Schweine zu deren Lebzeiten geben. Auch sollen weitere Proben und Beweismittel Auskunft darüber geben, warum sich eine so schreckliche Tat auf dem Hof ereignen konnte.

Warum wurden die Schweine ihrem Schicksal überlassen?

Die Dorfbewohner stellen sich die Frage, ob der relativ junge Landwirt trotz der Herkunft aus einer alteingesessenen Bauernfamilie mit der Schweine-Zucht überfordert gewesen sein könnte. Auffallend ist auch, dass der junge Landwirt während der "Corona-Zeit" seine Arbeit im Stall eingestellt hat. Zu der Zeit waren gerade die Preise für Schweinefleisch auf dem Tiefststand und die Schweine-Zucht somit ein defizitäres Geschäft. Ein Sprecher des Veterinäramtes vermutet, dass der Todeszeitpunkt der Schweine im Jahre 2020 liegt und daher der Zusammenhang mit "Corona" plausibel wäre. Und obwohl sich viele im Dorf gewundert haben, warum der 43-Jährige nach "Corona" seine Arbeit im Stall nicht wieder aufgenommen hat, nachfragen mochte doch niemand. Bedauernd stellt der Bürgermeister fest: "Im Grunde genommen hätte er wohl Hilfe gebraucht."

Dabei gibt es in Deutschland in der Landwirtschaft Hilfe in Form einer Vertrauensperson. Diese Person ist Ansprechpartner für alle Landwirte, die die Herausforderungen der Landwirtschaft nicht mehr alleine bewältigen können – egal ob aus persönlichen, wirtschaftlichen oder politischen Gründen. Es ist die Aufgabe dieser Vertrauensperson, diskrete Lösungen zu finden, bevor Menschen oder Tiere zu Schaden kommen. Jedoch hat sich der Landwirt weder der Vertrauensperson noch jemandem im Dorf anvertraut, obwohl er dort aufgewachsen, somit Teil der Dorfgemeinschaft und auch nicht als "Eigenbrötler" bekannt ist. Dieses Verhalten mussten seine Schweine mit einem qualvollen Tod bezahlen.

Tierschutz fordert kürzere Kontrollabstände.
Tierschutz fordert kürzere Kontrollabstände. © Foto: unsplash.com/Diego San (Symbolfoto)

Der Tierschutzbund fordert kürzere Kontrollabstände

Leider ist das Drama um die toten Schweine in Schleswig-Holstein kein Einzelfall: Erst Anfang des Jahres verhungerten 600 Schweine auf einem Betrieb in Oldenburg. Und auch in 2021/2022 verendeten Hunderte von Schweinen in Ansbach, Bad Iburg und Stemwede qualvoll, weil sie von ihren Besitzern in den Stallungen ihrem Schicksal überlassen wurden.

In allen Fällen hat niemand etwas bemerkt oder es wurde weggeschaut. Laut dem deutschen "Tierschutzbund" liegt ein eklatantes Versagen des gesamten Kontrollapparates bestehend aus Veterinäramt, Handelsketten und persönlichem Umfeld vor.

In diesem Fall hat das Veterinäramt seit über drei Jahren keinen Kontrollbesuch bei der Schweine-Zucht durchgeführt. Die Tierschutzorganisation fordert daher dringend, Kontrollen in kürzeren Abständen durch das Veterinäramt. Denn nur dadurch können Missstände in der Versorgung frühzeitig entdeckt und den Tieren qualvolles Leid erspart werden.

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Zwar hat der Bürgermeister der Gemeinde noch keinen persönlichen Kontakt zu dem Landwirt aufgenommen, sich jedoch bereits mit Menschen aus seinem Umfeld beraten, wie man den Landwirt nun unterstützen könne. Ein Anfang wäre, dass man ihm bei der Entsorgung der Tierkadaver unterstützt. Denn dazu hat ihm die Ordnungsbehörde im Kreis Plön eine Frist gesetzt.  © Deine Tierwelt

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