Rund 1,25 Millionen Pferde sind in Deutschland in Privatbesitz. Begehrt sind vor allem Sportpferde und tolle Freizeitpartner. Doch während einige Rassen boomen, kämpfen andere ums Überleben. Pferde.de stellt zehn seltene Pferderassen vor, die vom Aussterben bedroht sind…

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Hannoveraner, Oldenburger oder das Shetlandpony – diese Pferde gehören zu den beliebtesten Rassen bei uns. Doch nicht alle Rassen sind begehrt. Im Gegenteil: Mehr als 35 Prozent der weltweit gelisteten Pferderassen sind mittlerweile vom Aussterben bedroht. Ihr Überleben verdanken sie meist der Leidenschaft einiger engagierter Züchter. Hier zehn Rassen, die zu den seltensten Pferderassen der Welt gehören.

Kinsky Pferde – die goldenen Tschechen

Diese Rasse wurde von der böhmischen Adelsfamilie Kinsky "erfunden". Die Familie gründete bereits 1520 ein Gestüt, wo Vollblüter gezüchtet wurden. Doch erst im Jahr 1836 gab es das erste Kinsky-Pferd: ein isabellfarbenes Stutfohlen. Die außergewöhnliche Fellfarbe führte zu einem Eklat. Denn so ein Fohlen könne nicht von einem Vollblut-Hengst abstammen, waren sich die Verantwortlichen vom Jockey Club einig – und verweigerten dem Fohlen den Eintrag ins Stutbuch. Das ließ sich Oktavian Joseph Graf Kinsky nicht gefallen – und eröffnete kurzerhand sein eigenes Stutbuch. Das Kinsky-Pferd war geboren…

Schnell waren die goldenen Tschechen begehrt. Doch 1948 wurde die Adelsfamilie enteignet, das Gestüt geschlossen. Die Pferde wurde auf andere staatliche Gestüte verteilt – und gingen dort in die Zuchten ein. Heute gelten Kinsky Pferde als eine der seltensten Pferderassen und als extrem bedroht. Nur rund 1.000 Pferde dieser Rasse gibt es noch. Immerhin: Tschechien hat die Rasse als Kulturgut anerkannt. Doch finanzielle Unterstützung gibt es für die letzten Züchter dieser Rasse nicht.

Poitevin – der schwere Franzose

In der Region Poitou, im Südwesten Frankreichs, haben Arbeitspferde eine lange Tradition. König Heinrich IV. beauftragte 1599 holländische Ingenieure mit der Trockenlegung der Sumpfflächen. Diese brachten ihre Pferde, darunter Friesen und belgische Kaltblüter, mit. Sie wurden mit den Pferden der Region gekreuzt – so entstanden die Poitiers. Die Kaltblüter wurden nicht nur als Arbeitspferde eingesetzt – sie wurden durch die Kreuzung mit Poitou-Eseln auch zur Zucht von Maultieren genutzt. Daher heißen sie auch poitevin mulassier (vom französischen mulet, auf Deutsch: Maultier). So entstanden fleißige und trittsichere Arbeitstiere.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die schweren Arbeitspferde immer seltener gebraucht. Heute werden die Poitevins als Kutschpferde, zum Holzrücken und auch als Therapiepferde eingesetzt. Fatal für die Rasse: Wirtschaftlich ist ihre Zucht oft nur dann, wenn die Pferde für die Fleischgewinnung gezüchtet werden. Heute gilt die Rasse als sehr gefährdet. 1993 gab es lediglich 157 Stuten und 22 Hengste dieser Rasse. Nur sechs Stuten waren im Zuchtbuch registriert.

Faröer Ponys – die Insel-Raritäten

Die Vorfahren kamen vermutlich im 7. Jahrhundert mit irischen Mönchen und später mit den Wikingern auf die Faröer Inseln. Dort wurden die Pferde gekreuzt – und so entstand eine Ponyrasse, die genügsam, robust und trittsicher ist. Anfang des 20. Jahrhundert gab es noch rund 800 Faröer Ponys. Doch dann wurden viele Ponys nach England verkauft – dort waren sie als Arbeitstiere in den Kohleminen begehrt.

Die Folgen: In den 1960er Jahren gab es gerade noch vier oder fünf echte Faröer auf der Insel. Doch einige Züchter kämpften um die Rasse. Und so stieg ihre Zahl wieder. Heute soll es rund 95 Faröer Ponys geben, darunter 25 Zuchtstuten. Damit gelten die Faröer Ponys noch immer als eine der seltensten Pferderassen der Welt.

Eriskay Ponys – die kleinen Schotten

Die Ponys der Isle of Eriskay im Nordwesten Schottlands sind uralt. Schon die Kelten sollen Pferde auf die Insel gebracht haben. Bis in das 19. Jahrhundert waren die kleinen Schotten auch außerhalb ihrer Insel sehr beliebt. Sie halfen Kleinbauern bei der Arbeit, Kinder ritten auf ihnen. Doch dann wurden kräftigere Pferde gebraucht und so wurden die Eriskay Ponys mit anderen Pferden wie norwegischen Fjordpferden und sogar Clydesdale gekreuzt.

Nur auf der wurden auf der abgelegenen Insel Eriskay blieben einige "echte" Ponys zurück – vor allem, weil die Insel so schwer zu erreichen war. Dieser Ponybestand blieb ursprünglich, ging aber durch die Mechanisierung Anfang der 1970er Jahre auf etwa 20 Tiere zurück. Bis heute sind die Eriskay eine der seltensten Pferderassen der Welt. Die in Großbritannien ansässigen Rare Breeds Survival Trust schätzt, dass es weniger als 300 Zuchtstuten gibt. Es ist möglich, dass das Eriskay die letzte überlebende hebridische Ponyrasse ist.

Senner Pferd – die deutschen "Wilden"

Sie ist eine der ältesten Rassen in Deutschland, schon 1160 wurden wilde Pferde im Heidegebiet der Senne urkundlich erwähnt und boomten schnell. Im Mittelalter waren die Senner Pferde sehr begehrt. Doch erst im 16. Jahrhundert wurde ein Gestütsgebäude errichtet, um die Zucht zu kontrollieren. Dabei gab es jedoch keine Zucht, wie bei anderen Rassen. Die Senner Pferde wurden bis 1803 das ganze Jahr über auf der Wildbahn gehalten. Zu dieser Zeit wurden auch erstmals andere Rassen, wie zum Beispiel Englische Vollblüter, eingekreuzt.

Nach dem Ersten Weltkrieg kam das Aus für die Senner Zucht – und das hätte auch das Ende der Senner Pferde bedeuten können. Doch die Rasse hatte Glück: Private Züchter hielten einen kleinen Bestand. Mittlerweile sind sie auch zurück in ihrer Heimat: Seit dem Jahr 2000 werden einige Senner Wallache und Stuten für die Beweidung von Grasflächen des Naturschutzgebiets Moosheide in der Senne genutzt. Trotzderm ist das Senner Pferd auf der Roten Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e. V. (GEH) – und gilt damit als vom "Aussterben" bedroht.

Lehmkuhlener Pony – die deutschen Adeligen

Ihren Namen verdanken die Ponys dem Gut Lehmkuhlen bei Preetz in Schleswig-Holstein. Dort baute Anfang des 20. Jahrhunderts die Baronin Agnes von Donner eine private Ponyzucht auf. Sie wollte ein sportliches Pony für die Kinder in ihrer Familie züchten. 1913 wurde das Lehmkuhlener Pony zum ersten Mal erwähnt.

Kaum "geboren" stand die Rasse auch schon wieder vor dem Aus: 1953 wurde die Zucht aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben, die Herde wurde aufgelöst. Nur einige private Züchter hatten sich in die Rasse verliebt – und gründeten die Interessengemeinschaft Lehmkuhlener Pony. Die ersten Erfolge: Sie schafften die Wiederaufnahme der Rasse in ein offizielles Zuchtbuch und die Körung der ersten Hengste. 2021 waren beim Zuchtverband für deutsche Pferde (ZfdP) 16 Stuten, sechs Hengste und vier im Jahr 2020 geborene Fohlen gelistet. Damit gilt die Rasse als extrem gefährdet und vom Aussterben bedroht.

Bosnisches Gebirgspferd – die gutherzigen Arbeiter

Schon vor etwa 2.600 Jahren gab es das bosnische Gebirgspferd. Es gilt als entfernter Abkömmling des Tarpan und des Przewalski-Pferdes. Der Bosniake, wie die Rasse auch genannt wird, wurde vor allem als Lastpferd genutzt.

Doch ab dem 14. Jahrhundert versuchten Züchter, Araber einzukreuzen – mit fatalen Folgen: Die "neuen" Pferde waren für die harte Arbeit auf dem Land nicht gemacht. Und so schwand das Interesse am bosnischen Gebirgspferd. Erst in den 1930er Jahren wurde wieder auf die starken Pferde gesetzt. Damals war jedes zweite Pferd im ehemaligen Jugoslawien ein Bosniake. Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte dann auch wieder eine geregelte Zucht im Staatsgestüt aufgebaut werden. Dann kam der Bürgerkrieg – und damit das Ende der staatlichen Zucht.

Bosnische Gebirgspferde sind eine seltene Rasse.
Bosnische Gebirgspferde sind eine seltene Rasse. © Foto: pixabay.com/Lateinbachhof (Symbolfoto)

In den folgenden Jahren wurden viele bosnische Gebirgspferde ins Ausland verlauft. Heute ist die Rasse akut vom Aussterben bedroht. Nach Schätzungen gab es Ende 2017 in den Balkanländern, Deutschland, Niederlanden und in der Schweiz nur noch etwa 200 Pferde.

Hackney – die schicken Kutschpferde

Ursprünglich stammt diese Rasse aus England. Dort waren im 19. Jahrhundert vor allem elegante Kutschpferde begehrt. Dafür wollten Züchter ihre Traber veredeln und kreuzten zum Beispiel Araber und Englisches Vollblut ein. 1883 wurde dann die Hackney Horse Society gegründet, um eine einheitliche Zucht zu bekommen. So wurde aus dem ehemals ausdauernden Pferd ein Kutschpferd mit auffälliger Knieaktion.

Doch als Kutschen durch Autos und Eisenbahn ersetzt wurden, hatten die Hackneys ihre Aufgabe verloren. 2022 gab der Rare Breeds Survival Trust bekannt, dass es in Großbritannien nur noch zwölf Hengste und 31 Zuchtstuten gibt. Damit gehört der Hackney zu den gefährdetsten Pferderassen der Welt. Doch vielleicht haben die edlen Traber Glück: Als Show-Pferde sind sie immer noch begehrt, dazu sind die charmanten Pferde auch als Freizeitpartner beliebt.

Losinos – die "alten" Spanier

Die Losinos sind eine mehr als 40.000 Jahre alte Wildpferde-Rasse und stammen aus dem Val de Losa in Nordspanien. Im Laufe der Jahrhunderte wurden Losino-Pferde als Kavallerie-Reittiere und Packpferde, für die Hüte- und Landwirtschaftsarbeit, als Transportmittel und zur Zucht von Maultieren verwendet. Doch durch die Industrialisierung verloren die Menschen das Interesse an den "kleinen" Wilden. Gab es 1933 noch 1.455 Stuten, waren es 1984 gerade noch 60 Losino-Stuten. Die meisten von ihnen lebten halb-wild. Nachwuchs gab es kaum, da reine Losino-Hengste Mangelware waren.

Erst in den 1980er Jahren besannen sich die Spanier auf ihr kulturelles Erbe auf vier Hufen. Seitdem wurde die Zucht wieder aufgenommen. Mit ersten kleinen Erfolgen: Heute gibt es wieder mehr als 370 Losinos. Trotzdem gehören sie weiter zu den seltensten Pferderassen und sich vom Aussterben bedroht.

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Exmoor Pony – die älteste Rasse Englands

Sie heißen wie die Gegend, aus der sie stammen: Exmoor Ponys kommen ursprünglich aus Exmoor im Südwesten Englands. Und dort lebten sie schon vor Jahrtausenden: Knochenfunde und Höhlenmalereien bestätigten das Exmoor-Pony als Nachfahre der eiszeitlichen Wildpferde. Damit sind die Pferde auf jeden Fall die älteste Pferderasse Englands.

Das Exmoor Pony gehört zu den bedrohten Rassen.
Das Exmoor Pony gehört zu den bedrohten Rassen. © Foto: pixabay.com/Julia Schwab (Symbolfoto)

Ihre Ursprünglichkeit ging im Lauf der Jahrhunderte oft verloren, weil eingefangene Ponys mit anderen Rassen gekreuzt wurden. In Exmoor jedoch überlebte die "echte" Rasse. Doch der Zweite Weltkrieg brachte fast das Aus. Gerade mal 50 Ponys, davon sechs Hengste, überlebten. Immerhin: Die Rasse konnte sich in den letzten Jahrzehnten etwas erholen. Heute gibt es alleine in Exmoor zwölf wilde Herden. Mit etwa 1.000 Pferden weltweit gehört das Exmoor-Pony zu den seltensten Pferderassen der Welt und wurde in die Rote Liste der vom Aussterben bedrohten Tiere aufgenommen.  © Deine Tierwelt

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