In Amerika ist Country-Sänger Willie Nelson eine Legende. Aber Musik ist nur ein Teil seines Lebens: Wenn er nicht auf der Bühne steht, ist er auf seiner Ranch. Dort kümmert sich der mittlerweile 91-Jährige um seine Pferde – darunter viele Schlachtpferde, die ohne ihn schon längst tot wären…
22 Nummer-1-Singles, 14 Nummer-1-Alben in den Billboard-Country-Charts, 13 Grammys – in seiner Musiker-Karriere hat Willie Nelson viel erreicht. Und auch so Einiges auf den Kopf gestellt. Denn er gehört zu den so genannten Outlaws der Country-Szene. So wurden die Musiker bezeichnet, die sich Anfang der 1970er Jahre gegen die damals tonangebenden Produzenten in Nashville auflehnten. Und Nelson war der erste Musiker, der sich nicht nur auflehnte, sondern auch gleich Nashville verließ und nach Texas zog. Seine Freiheitsliebe hat er nie bereut. Denn seine Karriere begann erst als Outlaw richtig.
In Texas fand er nicht nur eine musikalische Heimat. Auch privat fand er dort sein Glück. Und auch da war es ein Umweg, der ihn dort hinführte. Genauer: ein Film. 1986 produzierte Nelson den Film "Red Headed Stranger". Dafür ließ er in der Nähe von Austin eine Westernstadt bauen. Nach den Dreharbeiten kaufte er kurzerhand das rund 700 Hektar große Gelände. Dort entstand die "Luck Ranch". Und der Name ist Programm. "Wenn Du hier bist, hast Du Glück. Und wenn nicht, hast Du kein Glück", sagt Nelson. Damit meint er nicht seine Besucher. Er spricht von seinen Pferden. "Sie sind wahrscheinlich die glücklichsten Pferde der Welt", so Nelson.
"Ich habe Pferde immer geliebt"
Dass sie noch leben, verdanken sie ihm. Vor Jahren hörte er von Pferden, die zum Schlachter sollten. Er beschloss: "Ich kaufe so viele, wie ich kriegen kann." In letzter Sekunde konnte er zwölf Pferde freikaufen und ließ sie sofort zur "Luck Ranch" bringen. Unter ihnen waren auch fünf tragende Stuten. Und so hatte der Musiker seine ersten Schlachtpferde gerettet.
Seitdem holt er immer wieder Pferde zu sich, die sonst als Schlachtpferde gestorben wären. "Heute werden sie zweimal am Tag von Hand gefüttert", sagt er lachend. Ansonsten können sie sich auf dem weitläufigen Ackerland fast frei bewegen. "Ich habe wenig Vorurteile, wenn es um Pferde geht. Ich habe sie immer geliebt."
Tatsächlich wollte er schon als Kind gerne reiten. "Aber wir hatten nicht genug Geld für ein Pferd", erzählt er. "Da hatten wir eine Milchkuh. Und ich bin eben die Kuh jeden Tag geritten", erinnert sich. Später konnte er sich endlich sein erstes Pferd kaufen. Seitdem kann er sich ein Leben ohne Pferde nicht mehr vorstellen.
Dutzende Schlachtpferde gerettet
Aktuell leben immer noch rund 70 Pferde auf seiner Ranch. "25 bis 30 wurden direkt vor der Schlachtung gerettet", so Nelson. Die Pferde sind für ihn Teil seiner Familie. Wenn er nicht auf der Bühne steht, liebt er es, mit seinem alten Pick-up über seine Farm zu fahren und Zeit mit den Pferden zu verbringen. Dazu engagiert er sich seit 15 Jahren auch für Amerikas Wildpferde. Es begann, "als das ‚Animal Welfare Institute‘ mich zum ersten Mal darauf aufmerksam machte, dass amerikanische Pferde geschlachtet und für den menschlichen Verzehr nach Übersee verschifft werden", so Nelson. "Es ist eine Schande, dass Pferde – oder jedes andere Tier – so behandelt werden. Pferde sind das Fundament Amerikas. Sie waren der Weg, um dorthin zu gelangen, wo wir heute sind. Und es ist unsere Aufgabe, sie zu schützen."
Deshalb macht er auch immer wieder auf ihr Schicksal aufmerksam. "Das ‚Bureau of Land Management‘, die Behörde, die für den Schutz von Wildpferden zuständig ist, hat sie in alarmierender Geschwindigkeit zusammengetrieben – angeblich zu ihrem eigenen Wohl. Leider gibt es mehr Wildpferde in Ställen als in freier Wildbahn. Da stimmt etwas nicht, also müssen wir jetzt handeln, bevor die ‚BLM‘ es geschafft hat, dass diese großartigen Tiere aussterben."
Viele Wildpferde leben in überfüllten Pferchen
Was ihn ärgert: "Vor fünfzig Jahren stimmte der Kongress einstimmig für den Schutz der amerikanischen Wildpferde und Esel durch ein Gesetz namens ‚Wild Free-Roaming Horses and Burros Act‘", so Nelson. "Das wäre vielleicht das Ende der Geschichte gewesen. Doch der Kongress hat damals auch ein Mehrfachnutzungsmandat verabschiedet, das Wildpferde, Esel und andere Wildtiere dazu zwingt, das geschützte Land mit privater Viehweide, Energieprojekten und öffentlicher Erholung zu teilen."
Wenig Land, viele Interessen – das führt zwangsläufig zu Konflikten. "Das ‚Bureau of Land Management‘ hat eine willkürliche Zahl festgelegt, wie viele Wildpferde seiner Meinung nach auf unserem öffentlichen Land leben sollten. Und dann hat es mit vom Steuerzahler finanzierten Hubschraubern die Herden zusammengetrieben, als es zu dem Schluss gekommen ist, dass es zu viele sind."
Die Folgen für die Pferde sei katastrophal, so Nelson: "Familienbande werden zerbrochen, da die Pferde für immer getrennt sind. Einige werden adoptiert oder verkauft. Und viele Tausend weitere leben schließlich in überfüllten Gehegen oder gepachteten Weiden und sind den Elementen ausgesetzt. Einige werden schließlich im Ausland für den menschlichen Verzehr geschlachtet."
Schlachtpferde werden nicht sanft getötet, so Nelson
Und er stellt Forderungen auf: "Für die Wildpferde brauchen wir Lösungen, die ihre Sicherheit gewährleisten. Der Kongress hat dafür Geld bereitgestellt, aber das ‚Bureau of Land Management‘ muss Änderungen vornehmen und die Fruchtbarkeitskontrolle verbessern. Bislang werden sie dieser neuen Ausrichtung nicht gerecht." Deshalb will er, dass der Kongress den "Safeguard American Food Exports Act" verabschiedet. "Er verbietet das Schlachten aller amerikanischen Pferde zum Zwecke des menschlichen Verzehrs und stellt gleichzeitig sicher, dass sie nicht ins Ausland geschickt werden, um dort das gleiche Schicksal zu erleiden."
Denn: Schlachtpferde werden nicht "sanft" getötet, so der Musiker. "Im Gegensatz zu dem, was einige Personen behaupten, ist Schlachtung keine sanfte Form des assistierten Suizids. Und es trifft nicht nur unerwünschte Pferde. Die Schlachtung ist meistens grausam, und mehr als 90 Prozent der geschlachteten Pferde sind jung und bei guter Gesundheit. Viele davon werden bei Auktionen an Schlachthöfe verkauft, während andere gestohlene Haustiere sind."
Dass er Pferde liebt, das wissen auch seine Fans. Schließlich kommen Pferde auch immer wieder in seiner Musik vor. Mit dem Song "Ride Me Back Home" setzt er den Pferden ein musikalisches Denkmal und singt auch von seinen geretteten Pferden. Und 2015 erhielt er sogar einen Preis für den Film "The Love of Horses". Noch heute sitzt er so oft es geht im Sattel. Denn: "Die Welt sieht besser aus, wenn Du auf Deinem Pferd sitzt." © Pferde.de
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.