Die meisten Elefanten in Thailand gelten als Touristenattraktion und leben als Gefangene in Elefanten-Camps. Doch können diese Camps ein artgerechtes Leben bieten?

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Elefanten haben in Thailand eine sehr große Bedeutung. Die grauen Riesen sind in dem Land überall präsent. Vielleicht nicht auf offener Straße in Bangkok oder Chiang Mai. Doch das Wappentier der Landesflagge des ehemaligen Königreichs "Siam" (dem heutigen Thailand größtenteils entsprechend) ist überall in Miniaturform präsent: egal ob gemalt, gebastelt oder in Stein gemeißelt.

Auch im Buddhismus spielt der Elefant eine große Rolle. Ein weißer Elefant soll maßgeblichen Anteil an der Geburt Buddhas gehabt haben. Außerdem gehen gläubige Buddhisten davon aus, dass Buddha nach seinem Tod als Elefant wiedergeboren wurde.

Thailand hat seinen grauen Riesen eine Menge zu verdanken. Einst kämpften sie in den Kriegen gegen den Nachbarn Myanmar Seite an Seite mit dem thailändischen Volk. Danach wurden sie größtenteils in der Waldrodung und damit zur Nutzung des Bodens als Schwerstarbeiter eingesetzt. Tätigkeiten wie diese sorgten für den Aufstieg des Landes und trugen über die Jahrzehnte zu einer festen Bindung zwischen Mensch und Tier bei.

Doch die andauernde Rodung, die erst 1989 gesetzlich verboten wurde, hat die Lebensräume der Rüsseltiere unwiderruflich zerstört. Ein Großteil des Dschungels verschwand und damit auch die Grundlage zum Einsatz der großen Säugetiere. Doch wohin mit ihnen? Sie einfach freizulassen, ist in Thailand verboten.

Das majestätische Tier wird als Clown im Elefanten-Camp missbraucht

Man schätzt, dass heute noch 5.000 Elefanten in Thailand beheimatet sind. Einige der grauen Riesen leben in freier Natur, einige in Zirkussen und einige ziehen mit ihrem Mahut (Elefantenführer) als "Bettelelefanten" durch die Städte. Circa 3.500 der großen Säugetiere müssen in Elefanten-Camps leben.

In Elefanten-Camps als Clown missbraucht.
In Elefanten-Camps als Clown missbraucht. © Foto: unsplash.com/Daniel Stiehl (Symbolfoto)

In vielen Camps sind die Bedingung nicht optimal, da sich die Rüsseltiere sehr gut als Touristenattraktion vermarkten lassen. Besonders, wenn die grauen Riesen auch noch Kunststücke können. So werden in vielen Hotels Elefanten-Camps mit Shows beworben. Es gibt einen "Rund-Um-Glücklich Service" mit Abholung im klimatisierten Mini-Van, gekühlten Getränken, Fahrt zum Elefanten-Camp, Teilnahme an der Elefanten-Show, Mittagsessen, Elefanten-Reiten oder Baden mit Elefanten, Halt an einem Tempel und anschließender Rückfahrt zum Hotel.

In der Show kann sich der Tourist dann anschauen, wie die majestätischen Tiere lächerlich gemacht und als Clown missbraucht werden. Sie werfen mit Dart-Pfeilen auf Luftballons, spielen Fußball gegeneinander oder malen Bilder. Als Höhepunkt wird dann das Elefanten-Reiten angekündigt. Doch was für die Thailänder ein Weg aus er Armut und eine Altersvorsorge sein kann, bedeutet für die sensiblen und intelligenten Rüsseltiere immenses Leid und Ausbeutung.

Brutale Tierquälerei: Elefantenhaken für die Unterhaltung

Die Touristen sitzen auf einem Holzsitz und lassen sich schwankend in einer Kolonne vom mehreren Tieren auf einem genau festgelegtem Treck durch die Gegend schaukeln. Spurt der Elefant nicht, wie er soll, kommt der Elefantenhaken zum Einsatz. Diesen rammt der Mahut – der Elefantenführer, der hinter dem Kopf des Elefanten sitzt – dem Tier hinter das Ohr, um ihm den menschlichen Willen aufzuzwingen. Müssen die großen Säugetiere gerade nicht performen, sind sie an schwere Ketten gefesselt. Diese beschränken den Bewegungsradius – wenn überhaupt – auf wenige Meter. Artgerechte Haltung sieht anders aus. Unter welchem Stress und welchen psychischen Störungen die sanften Riesen durch die Kettenhaltung leiden, zeigt ein Video der TikTokerin Julia Wulf.

Und so gerne die Rüsseltiere auch Wasser mögen, das Baden mit einer Gruppe johlender Touristen, die von allen Seiten kreischend mit Wasser spritzen, bedeutet für die sanften Riesen nur eines: puren Stress. Verweigert sich ein Tier diesem Schauspiel, kommt wieder der Elefantenhaken zum Einsatz.

Liebevoll nennen wir Elefanten auch "Dickhäuter” – doch ist ihre Haut wirklich so dick, dass sie keinen Schmerz beim Schlag mit der Elefantenhake oder beim Scheuern des Sitzes auf ihrem Rücken spüren? Der Elefantenhaken wird an besonders empfindlichen Stellen in die Haut gestochen, zum Beispiel hinter den Ohren, am Rüssel oder an Beinen und Füßen, berichtet die Tierschutzorganisation "Peta”. Der Schmerz sitzt tief: Die Elefanten erinnern sich später an die drohende Bestrafung und gehorchen aus Angst vor dem Schmerz.

Es geht auch anders

In Thailand erfolgt ein langsames Umdenken. Elefanten gehören immer noch zu DER Touristenattraktion im Land. Doch zum Glück entstehen immer mehr sogenannte "Schutzzentren" oder "Elephant Retirement Parks" für die ehemaligen Schwerstarbeiter. Ein gelungenes Beispiel für solch ein Schutzzentrum ist der "Elephant Nature Park" , rund 60 Kilometer außerhalb von Chiang Mai gelegen.

Bis auf das Füttern durch Touristen zur Mittagszeit gibt es keinen direkten Kontakt zwischen den Tieren und den Besuchern, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Es finden keine Ritte und kein gemeinsames Baden mit den wasserverrückten Säugetieren mehr statt. Die Betreiberin Lek Chailert sagt: "Als wir das Baden (zusammen mit den Elefanten) verboten haben, kamen anfangs weniger Touristen, aber mittlerweile findet ein Umdenken statt."

Denn offenbar sind nicht nur Tierschützende, sondern auch immer mehr Touristen davon überzeugt, dass die Interaktion mit Menschen für alle Tiere Stress bedeuten. Egal, wie gut es der Mensch auch meinen mag. Für ehemalige Arbeitselefanten bedeutet auch nach Jahren der Kontakt zu Menschen immer noch nur eines: Angst.

Natürlicher Lebensraum von Elefanten ist zerstört.
Natürlicher Lebensraum von Elefanten ist zerstört. © Foto: unsplash.com/Wolfgang Hasselmann (Symbolfoto)

Dennoch will Tierschützern Katharina Lameter vom Verein Pro Wildlife Parks wie Chailerts nicht uneingeschränkt empfehlen, heißt es in der Süddeutschen weiter: Mehr als ein Schritt in die richtige Richtung sei es nicht. Roland Gramling, Sprecher der Umweltorganisation World Wide Fund For Nature (WWF) Deutschland, sehe es ebenfalls so: "Prinzipiell ist es am besten, wenn Touristen Nationalparks mit wilden Elefantenpopulationen besuchen." Als Beispiel nennt er den Nationalpark Kuri Buri im Süden Thailands unweit der Hauptstadt Bangkok. Dieser sei gut geeignet für solche Beobachtungen, weil dort noch viele wilde Elefantenherden lebten, wird Gramling weiter zitiert.

Viele Reiseveranstalter setzen ein Zeichen

Zuerst hatten kleinere Reiseveranstalter in Thailand das Thema aufgegriffen und solche Elefanten-Shows aus ihren Angeboten gestrichen. Doch immer mehr Reisekonzerne ziehen nach. Zum Beispiel ist bei der "Tui Group", einer der weltweit führenden Touristik-Konzerne, dieser Wandel bereits vor längerer Zeit vollzogen worden. Es werden keine Ausflüge zu Elefanten-Camps durchgeführt, in denen Elefanten-Reiten oder Baden mit den Dickhäutern angeboten wird. Stattdessen unterstütze man Betreiber von Elefantenparks "beim Wandel hin zu elefantenfreundlichen Angeboten" so der Konzernsprecher Christian Rapp. Die "Tui Group" distanziert sich somit ganz klar von der Tierquälerei.

Auch immer mehr thailändische Hotel-Gruppen stellen sich der Verantwortung gegenüber den sanften Riesen. Sie sponsern Elefanten-Camps, die eine artgerechte Haltung garantieren (obwohl kritisiert wird, dass es eine artgerechte Haltung nur in Freiheit geben kann), bieten Patenschaften für die grauen Riesen an oder rufen zu Spenden an Organisationen auf, die sich um das Wohl der ehemaligen Arbeitselefanten kümmern, wie zum Beispiel die "Golden Triangle Elephant Foundation".

Können die Elefanten ausgewildert werden?

Es ist wichtig, dass sich weiterhin Touristen von der Schönheit und Erhabenheit dieser Tiere faszinieren lassen. Denn artgerechte Haltung kostet auch Geld. Bis zu 150 bis 175 Kilogramm Futter vertilgt so ein ausgewachsener Dickhäuter täglich. Dazu trinkt er 70 bis 150 Liter Wasser. All das kostet bis zu US-Dollar 18.000 an Unterhalt pro Tier und Jahr.

Somit brauchen die geretteten grauen Riesen in den vertretbaren Parks Hilfe in Form von Eintrittsgeldern. Denn sie auszuwildern ist keine Option – ihr natürlicher Lebensraum ist weitestgehend zerstört. Während Tierschützerin Lameter der Meinung ist, man könne Jungtiere und nicht traumatisierte ausgewachsene Elefanten wieder in die Freiheit entlassen, sieht es der WWF-Sprecher das etwas anders.

"Durch die Gefangenschaft wurden die sozialen Herdenstrukturen aufgebrochen, die Tiere können deswegen nicht mehr in die Wildnis entlassen werden", gibt Gramling zu bedenken. Dadurch bestünde ein großes Risiko, dass die Dickhäuter auf der Suche nach Futter Felder und Plantagen zerstörten. Dies würde Konflikte zwischen Menschen und Elefanten fördern.

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Unsere Hilfe setzt aber die vorherige, intensive Recherche voraus, ob das majestätische Tier artgerecht seinen Lebensabend verbringen darf oder nur zur Belustigung der Touristen missbraucht wird. Trotzdem scheint es genügend Besucher geben, die Gefallen auch an den beschriebenen Elefanten-Camps und deren Shows finden. Die vielen fünf Sterne auf diversen Bewertungsportalen zeugen davon. DeineTierwelt weiß, dass Du nicht zu dieser Art von Besuchern gehörst!  © Deine Tierwelt

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