Vor einigen Jahren zerlegte er noch die Körper toter Tiere – jetzt lebt Markus Steudler als Veganer auf einem Lebenshof und engagiert sich im Tierschutz. Mit DeineTierwelt hat er über seinen krassen Sinneswandel gesprochen.

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Heute kümmert sich Markus Steudler seit mehreren Jahren liebevoll um Tiere auf Lebenshöfen. Darunter Schweine und Kühe – sogenannte Nutztiere, die er früher unter dem Messer hatte. "Früher habe ich sie zerstückelt und jetzt sehe ich zu, dass sie heile bleiben", sagt er. Im Podcast "Tierschutz-Update" hat DeineTierwelt mit ihm über seine Veränderung gesprochen.

Aufgewachsen ist der 34-Jährige sehr ländlich in einem kleinen Ort in der Nähe von Oelde in Nordrhein Westfalen – ganz in der Nähe der "Tönnies"-Hochburg Rheda Wiedenbrück. Nachdem er festgestellt hatte, dass die Arbeit als Koch nichts für ihn ist, machte er eine Ausbildung zum Fleischer in einer kleinen Metzgerei. "Ich habe Fleisch damals nur als Material gesehen, wie ein Stück Holz oder Stahl", beschreibt er seine damalige Einstellung. Doch er musste feststellen: Die Arbeit war schwer und die Bezahlung dürftig.

"Ist das denn alles so richtig, was wir hier machen?"

Danach arbeitete Steudler in der Großindustrie und stellte Hackfleisch her. Später war er dort in der Qualitätssicherung tätig. In seiner Schicht fuhren circa 100 Tonnen fertig verpackte Fleischware an ihm vorbei, als er plötzlich einen Schlüsselmoment erlebte. Er stellte sich die Frage: "Ist das denn alles so richtig, was wir hier machen?"

Auf "YouTube" fand er gleichgesinnte Fleischer, die sich genau dieselbe Frage stellten. Steudler erinnert sich an eine Dokumentation über einen Schlachter, der darin von einem Kalb erzählte. Es habe Tränen in den Augen gehabt. Das sei auch der endgültige Kipppunkt für Steudler gewesen. Er stellte fest: "Ich kann das nicht mehr." Nach einem letzten Jobwechsel zum "Tönnies"-Tochterbetrieb "Tillman‘s" stieg er aus der Branche aus und lebte zunächst vegetarisch.

Wegen eines Sinneswandels kündigte er seinen Job.
Wegen eines Sinneswandels kündigte er seinen Job. © Foto: Privat

Ex-Metzger: "Heute sehe ich das Lebewesen dahinter"

Als Steudler mit Depressionen zu kämpfen hatte, besuchte er lokaler Lebenshöfe. Durch den Umgang mit den Tiere ging es ihm besser. "Die Tiere haben mich geheilt", sagt er. Bei ihnen habe er einfach mal abschalten können, ohne Gedankenkarussel. So habe sich auch sein Blick auf die Tiere verändert: "Heute sehe ich das Lebewesen und die Seele dahinter." Was er besonders an ihnen schätzt: "Tiere verurteilen nicht und leben im Hier und Jetzt." Statt als Ware erkennt er nun jedes Tier als Individuum mit einem eigenen Charakter: "Kühe sind zum Beispiel sehr sanfte, liebevolle Wesen, während Ziegen kleine Rabauken sind."

So fand er auch den Lebenshof "Tierisches Glück" bei Oelde, auf dem er aktuell wieder lebt. Dort wurde er vegan und unterstützte bei der Versorgung der Tiere. Derzeit leben auf dem Hof rund 60 Tiere, darunter Schweine von einem ehemaligem Mastbetrieb, aus einer Legebatterie gerettete Hühner des Vereins "Rettet das Huhn e.V.", Enten, Ziegen, Schafe, Waschbären und mehr. Der Lebenshof finanziert sich aus Spenden und Patenschaften für die tierischen Bewohner. Doch den Hof wird es bald in dieser Form nicht mehr geben.

Zum Sommer 2026 werden die Verpächter den Pachtvertrag für den Hof kündigen. Da sich die Betreiber den Aufbau eines neuen Hofes nicht leisten können, suchen sie für die Tiere nun ein neues Zuhause für immer. Einige werden in ihrer Obhut bleiben. "Nach vielen Überlegungen haben wir schweren Herzens die Entscheidung getroffen, den Lebenshof in seiner jetzigen Form aufzulösen", teilt die erste Vorsitzende Carolin Striewisch in einem Video auf "Instagram" und "Facebook" mit. Der Verein soll weiterbestehen und Patenschaften weiterhin möglich sein. Wer spenden möchte, kann das hier tun.

Kräuter für die Heilung der Tiere

Da die Tiere ihm geholfen haben, möchte der ehemalige Metzger ihnen nun auch etwas zurückgeben – zum Beispiel, indem er zur Heilung ihrer Krankheiten neben der tierärztlichen Behandlung zusätzlich Heilkräuter einsetzt. Wie bei Schaf Lotta, die an einer chronischen Darmerkrankung und unter dem früheren Verlust ihrer Herde litt. Außerdem sammelt er zusammen mit seiner Freundin Patricia Verfürth bei ihrer gemeinsamen Radtour Spenden für rund 15 Lebenshöfe, bei denen er Kräuterwanderungen anbietet. Die Tourdaten findest Du auf dem Instagram-Kanal "Kraeuterbengel".

Inspiriert dazu haben ihn seine geretteten Ziegenbabys, die er zusammen mit zwei weiteren Helfenden auf dem Thüringer "Tierschutzhof Heile Seele" mit der Flasche großzog. Denn mit der Fahrradtour will Steudler aufmerksam auf Höfe machen, die solche Rettungen durchführen. Für diejenigen, die nicht vor Ort sein können, hat Steudler eine Spendenkampagne gestartet. Die Spenden kommen den Tieren auf den Höfen zugute.

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"Metzger gegen Tiermord" geben Tieren eine Stimme

Doch damit nicht genug: Zusammen mit weiteren Aussteigern aus der Fleischindustrie ist Steudler aktivistisch für die Tierschutzorganisation "Metzger gegen Tiermord" tätig. Der Verein wurde von fünf ehemaligen Metzgern gegründet, um sich für die Tiere stark zu machen. Die Mitglieder sind über die Bundesrepublik verteilt und bringen sich auf vielfältige Art ein – ob auf Demos für Tierrechte, mit einem eigenen Lebenshof, veganen Rezepten und der Aufklärungsarbeit in den Sozialen Medien. Weil sie selbst Teil des Systems waren und jede Menge Hintergrundwissen mitbringen, erreichen sie die Menschen auf eine effektive Weise.

Er ist Teil von „Metzger gegen Tiermord“.
Er ist Teil von „Metzger gegen Tiermord“. © Foto: Privat

Seinen Sinneswandel findet der ehemalige Metzger gar nicht so verwunderlich: "Ist doch normal, es macht doch jeder mal einen Wandel mit." Sein jetziges Credo: "Tu anderen nicht das an, was Du selber nicht willst. Ich will nicht leiden, deshalb verursache ich kein Leid. Ich töte niemanden extra, um zu essen. Es ist nicht richtig, auch wenn viele meinen, die Tiere seien dazu da." Sein Appell: "Den Blickwinkel ändern und sich einfach mal in die Tiere hineinversetzen. Würde ich das für mich selber wollen? Und wenn die Antwort nein lautet, muss man etwas ändern."

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