Die Nutria, auch Biberratte genannt, wirkt auf den ersten Blick niedlich und possierlich. Immer wieder hört man jedoch von Angriffen auf Hunde. In Lippstadt endete solch eine Attacke für die Fellnase sogar tödlich. Wie gefährlich sind die Nager daher wirklich?
"Bild": "Riesen-Ratten beißen unsere Hunde". "Niedersächsischer Jäger": "Nutria — zehn Hunde gebissen". "RTL": "Hund von Nutria getötet". "t-online": "Biberratte beißt Hund tot". Und gerade erst Mitte Juni dieses Jahres in "Badische Neuste Nachrichten" zusammen mit dem Foto einer verletzten Fellnase: "Blutige Bisswunden: Nutria verletzt Hund in Eggenstein-Leopoldshafen schwer". Schlagzeilen dieser Art häufen sich und verunsichern insbesondere Hundebesitzer. Doch ist diese Sorge wirklich berechtigt? Oder sind die kleinen, bis zu 12 Kilogramm schweren und zwischen 43 und 63 Zentimeter großen Nagetiere eigentlich ungefährlich und ihr Angriff auf die Vierbeiner eher eine Verkettung unglücklicher Zufälle? DeineTierwelt ist dieser Frage nachgegangen.
Die Nutria, auch Sumpfbiber oder Biberratte genannt, ist kleiner als der Biber, aber deutlich größer als eine Bisamratte. Die kleinen Nager sind keine einheimische Art, sondern wurden einst aus Südamerika zur Pelz- und Fleischgewinnung nach Europa eingeführt. In Deutschland sind sie seit den 1920 Jahren bekannt. Einzelne Nutrias, die freigelassen wurden oder aus Pelzfarmen ausgebüxt sind, besiedelten schnell verschiedene Regionen Deutschlands.
Wie viele der kleinen Nagertiere es mittlerweile in Deutschland gibt, ist nicht erfasst. Sie leben vorwiegend in strömungsarmen Fließ- oder Stehgewässern, machen aber auch vor Uferbereichen in urbanen Räumen keinen Halt. Aufgrund ihrer Auswirkung auf das Ökosystem und zum Schutz gefährdeter Wasserpflanzen dürfen die Nagetiere sogar bejagt werden. Die Nutria ist eine invasive und laut des Naturschutzbundes "Nabu" nahezu "flächendeckend etablierte" Art.
Die Nutria ist ein Wildtier
So possierlich und niedlich der kleine Nager auf uns Menschen auch wirken mag, die Nutria ist ein Wildtier. Und ähnlich wie bei anderen wildlebenden Tieren sollte der Mensch ihnen respektvoll begegnen, Abstand halten, sie nicht anfassen und auch nicht füttern. Nutrias sind in der Regel nicht aggressiv, fühlen sie sich allerdings bedrängt oder bedroht, ist es möglich, dass sie sich verteidigen. Vor allem dann, wenn sie Jungtiere bei sich haben.
Grundsätzlich ist die Nutria daher auch für Hunde nicht gefährlich. Wenn jedoch frei laufende Hunde die Biberratten jagen oder dem Nachwuchs zu nahe kommen, verteidigt das Nagetier sich und seine Jungtiere vehement und kann der Fellnase schwere Bissverletzungen zufügen, dabei auch die Hauptschlagader treffen oder kleinere Hunde sogar unter Wasser ziehen. Hundebesitzern sollten daher ihre Vierbeiner von den Nutrias fernhalten und sie in Gebieten mit erhöhtem Nutria-Vorkommen vorsichtshalber an die Leine nehmen. Aktuell gilt ohnehin noch bis Ende Juli die Leinenpflicht während der Brut- und Setzzeit.
Die Biberratte verteidigt sich und ihren Nachwuchs
Besonders tragisch war ein Vorfall in Lippstadt (Nord-Rheinwestfalen). Dort tollte ein Terrier am Flussufer herum, als sie plötzlich von einer Nutria attackiert und totgebissen wurde. Der Besitzer der Fellnase musste das Geschehen nur hilflos verfolgen.
Markus Jehn, zuständiger Leiter der Jäger-Organisation in Lippstadt, beschreibt den genauen Ablauf: "Ich kenne den Fall. Die Nutria hat den Hund im Nacken gepackt, geschüttelt und unter Wasser gezogen. Das ging innerhalb weniger Sekunden." Doch die Attacke geschah nicht grundlos. Denn der kleine Nager hatte seine Jungen bei sich, fühlte sich durch den Vierbeiner daher bedroht und ging in den Verteidigungs-Modus über. Für den Hundebesitzer wenig tröstlich, fasst Jehn den Vorfall als "eine Verkettung unglücklicher Umstände" zusammen.
Mensch und Hund sollten Abstand zur Nutria halten
Generell stellen Bissverletzungen eine große Gefahr dar. Denn Nutrias können bakterielle Infektionskrankheiten wie "Leptospirose" oder "Tularämie" übertragen. Nach einem Biss ist daher der Besuch beim Arzt für Mensch und Hund unausweichlich. Dort wird dann über einen Abstrich festgestellt, ob eventuell bereits Keime und Bakterien in das Gewebe eingedrungen sind, die innerhalb weniger Stunden eine Infektion verursachen könnten.
Doch soweit muss es ja nicht kommen, wenn der Mensch Rücksicht nimmt und sich vorher darüber informiert, in wessen Habitat er mit seinem vierbeinigen Begleiter unterwegs sein wird. © Deine Tierwelt
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