Forscher fanden heraus: Pferde zeigen bei Depressionen sehr ähnliche Symptome wie der Mensch: Sie sind apathisch, in sich zurückgezogen, dazu weniger belastbar. pferde.de sagt, wie Du eine Depression beim Pferd erkennst – und was dann hilft.
Bei Menschen gehört sie zu den häufigsten und hinsichtlich ihrer Schwere am meisten unterschätzten Erkrankungen. Nach aktuellem Stand leiden 5,3 Millionen Menschen in Deutschland daran. Damit sind Depressionen eine Volkskrankheit. Mittlerweile zeigen Studien: Nicht nur Menschen werden depressiv – auch Pferde können darunter leiden.
Doch woran liegt das? Forschende sagen: Depressionen bei Pferden sind eine "Zivilisationskrankheit". Das heißt: Das Leben, das Pferde heute oft führen, kann sie begünstigen. Der Hauptpunkt dabei ist eine wenig artgerechte Haltung. Dazu gehört zum Beispiel Bewegungsmangel, zu wenig oder gar kein Weidegang, fehlende oder falsche Sozialkontakte. Aber auch ein eintöniges oder ein überforderndes Training, häufige Schmerzen durch einen falschen Sattel oder einen schlecht sitzenden Reiter gehören dazu. Ebenso sorgen ständig wechselnde Bezugspersonen beziehungsweise Boxennachbarn für Stress – und der kann in einer Depression enden.
Erschreckend ist dabei, dass depressive Pferde kein Einzelfall sind. Im Gegenteil: Eine Studie der Carole Fureix von der Universität Rennes befasste sich mit dem Thema "arbeitende" Pferde. Dafür wurden 59 Schulpferde untersucht. Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass rund ein Viertel der Pferde Symptome einer Depression zeigte.
Depressionen: Betroffene Pferde sind oft reglos
Und die Forschenden fanden heraus: Die Anzeichen für eine Depression bei Pferden ähneln den Symptomen bei Menschen. So wirken die betroffenen Pferde oft teilnahmslos, sogar reglos, wie erstarrt. Ihr Blick ist leer und glanzlos, die Mimik wirkt ausdruckslos. Kopfbewegungen und das Ohrenspiel sind reduziert. Auch die Haltung ändert sich: Das Genick und der Rücken des betroffenen Pferdes befinden sich auf annähernd gleicher Höhe, der Hals ist nach vorne gestreckt, die Ohren werden seitlich fallen gelassen. Auch wenn Du Dein Pferd anspricht und es kaum noch reagiert, kann das ein Hinweis auf eine mögliche Depression sein.
Gerade die Gleichgültigkeit ist ein wichtiger Hinweis, das bewies eine französisch-kanadische Studie. Tierärztin Celine Le Rochais untersuchte mit ihrem Team 27 Pferde. Zwölfvon ihnen verhielten sich zurückgezogen. Allen Pferden wurde an fünf Tagen unterschiedliche Geräusche vorgespielt, darunter Klaviermusik, Walgesang und auch das Wiehern eines anderen Pferdes.
Das Ergebnis, so die Forschenden: Die Pferde, die sich nicht zurückgezogen verhielt, reagierten stärker und ihre Aufmerksamkeit hielt länger an als die von zurückgezogenen Pferden. "Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die selektive Aufmerksamkeit der zurückgezogenen Pferde verändert ist, was zu den bereits nachgewiesenen Gemeinsamkeiten zwischen dem Zustand dieser Pferde und der menschlichen Depression beiträgt", so das Team.
Pferde können nicht auf die Couch
Wenn Du bei Deinem Pferd Anzeichen einer Depression erkennst, solltest Du ganz genau hinsehen. Dabei solltest Du abklären: Welche Symptome zeigt Dein Pferd in welcher Situation – und wie häufig treten diese Anzeichen auf? Seit wann zeigt es die Symptome? Je genauer Du diese Fragen beantworten kannst, desto eher kannst Du Zusammenhänge erkennen. Denn wichtig ist: Gab es zu Beginn der Symptome beziehungsweise kurz davor Veränderungen im Leben Deines Pferdes?
Hast Du das abgeklärt, solltest Du Dir Hilfe suchen. Klar ist: Für eine Behandlung kann Dein Pferd nicht bei einem Therapeuten auf die Couch. Aber mit der Unterstützung zum Beispiel eines Tierarztes oder eines Tierpsychologen kannst Du Deinem Pferd helfen. Dazu gehört dann, dass mögliche Auslöser verschwinden. Dabei können schon kleine Änderungen eine Wirkung haben: Ein Weidepartner, der besser zu Deinem Pferd passt, mehr Weidegang oder ein ruhiger Fressplatz.
Depression: Stress rausnehmen, Auszeiten nehmen
Wenn die Depression sehr deutlich ist, solltest Du überlegen, ob Du Deinem Pferd mal eine komplette Auszeit in einer passenden Herde gönnen kannst. Dann kann Dein Pferd einfach nur Pferd sein – ohne Druck, ohne Überforderung.
Auch Dein Training solltest Du Dir genau anschauen. Ein passender Trainingsplan mit viel Abwechslung und ebenso vielen Pausen sorgen dafür, dass kein Stress entsteht. Dabei solltest Du Deinem Pferd jeden Tag etwas anderes bieten, zum Beispiel Bodentraining, Stangenarbeit oder ein Spaziergang. Ganz wichtig ist: Du brauchst Geduld und Zeit, um Deinem Pferd zu helfen. © Pferde.de
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