Ihr Motto: Retten – Löschen – Bergen – Schützen. Und immer häufiger heißt es für Deutschlands Feuerwehren auch: ein Pferd aus einer Notlage befreien. Dann ist es gut, wenn die Retter eine spezielle Ausbildung haben. Wie die Freiwillige Feuerwehr Hohenkirchen, die auf Großtierrettung spezialisiert ist. pferde.de sprach mit Zugführer Tizian Gutsche über tierische Herausforderungen.

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Mal büxt ein Pferd aus und landet im Morast. Dann versinkt ein Haflinger im Schlamm. Oder ein Pferd fällt von der Weide in einen Fluss. Immer heißt es dann: Feuerwehr marsch. Denn die Profi-Retter helfen auch Großtieren, wenn nichts mehr geht. Und das immer häufiger. Mehrere hundert Einsätze sind es mittlerweile in Deutschland jedes Jahr. Tendenz: steigend.

Wie vor kurzem in Zierow. Dort sprang ein Pferd über den Weidezaun – und landete im Graben. Allein konnte es sich nicht befreien. Also kam die zuständige Feuerwehr. Und sie brachte Kameraden aus der Nachbargemeinde mit. Denn: Die Freiwillige Feuerwehr Hohenkirchen ist extra für solche Situationen geschult. Im Interview mit pferde.de verrät Zugführer Tizian Gutsche, wie es dazu kam – und warum die Spezialisierung den Pferden hilft.

Die Großtierrettung ist kostenlos
Die Großtierrettung ist kostenlos © Foto: pexels.com/Alex Fu (Symbolfoto)

Herr Gutsche, wie kam die Freiwillige Feuerwehr Hohenkirchen auf die Idee, sich auf Großtierrettungen zu spezialisieren?

Tizian Gutsche: Die Idee kam uns vor rund drei Jahren. Damals rückten wir aus, um einem Bullen im Graben zu helfen. Der Landwirt konnte ihn dann zwar selbst retten, bevor wir dort waren. Aber bei uns stand plötzlich die Frage um Raum: Was hätten wir eigentlich vor Ort gemacht?

Und – was hätten sie gemacht?

Irgendetwas wäre uns sicherlich eingefallen. Aber wäre das auch gut fürs Tier gewesen? Und hätte das sofort funktioniert? Diese ganzen Fragen ließen uns nicht mehr los. Dann haben wir von der Firma ComCavalo gehört, die bundesweit Feuerwehren in Sachen Großtierrettungen ausbildet. Das Konzept hat uns überzeugt. Und wir haben uns für einen Kurs angemeldet.

Waren sofort alle von der Idee begeistert?

Absolut. Es waren tatsächlich alle Feuer und Flamme für die Idee. Wir sind ja eine ‚Dorffeuerwehr‘, haben auch Landwirte und Schäfer unter den Kameraden. Vor allem aber haben wir viele landwirtschaftliche Betriebe und Pferdeställe. Und zu uns gehört auch Hohen Wieschendorf. Dort hat Enno Glantz seine Pferde. Es gibt also mehr als genug Gründe, dass wir uns beim Thema Großtierrettung auskennen.

Also hat die FF Hohenkirchen einen Kurs gemacht?

Genau. Wir haben 2023 dann die Ausbildung gemacht. Erst die Theorie, dann die Praxis an einem Pferde-Dummy.

Die Feuerwehr ist für Rettungen extra geschult
Die Feuerwehr ist für Rettungen extra geschult © Foto: pexels.com/Pixabay (Symbolfoto)

Und haben sie gemerkt, dass man einiges falsch machen kann?

(lacht) Auf jeden Fall. Das fängt schon damit an, dass man sich erst einmal bei Pferden über die ‚Kickzone‘ Gedanken macht. Die bedeutet nämlich: Dort, wo der Kopf hinschlagen und die Beine hintreten können – und da ist kein Platz für Retter! Dazu ist auch die richtige Ausrüstung wichtig. Natürlich können wir ein Pferd mit Schläuchen retten. Aber: Die Schläuche können das Pferd einschnüren und dadurch verletzten. Mit speziellen Gurten und zum Beispiel einer so genannten Schleifplatte, auf die wir das Pferd ziehen, können wir viel schonender dem Tier helfen.

Der Kurs alleine hat Ihnen aber nicht gereicht…

Nein, uns war von Anfang an klar: Wenn wir es machen, dann richtig. Und das bedeutet, dass wir auch die spezielle Ausrüstung brauchen.

Was nicht günstig ist…

Die Ausrüstung kommt aus England und kostet rund 12.000 Euro. Unser Förderverein hat uns da sofort unterstützt, dazu gab es Spenden. Überhaupt wurden wir sehr unterstützt. Den Kurs durften wir zum Beispiel bei der Gutsverwaltung Groß Walmstorf machen. Trotzdem würden wir uns weiterhin über Spenden freuen, denn es sind noch einige Investitionen notwendig.

Die Feuerwehr rettet auch Bullen und Kühe
Die Feuerwehr rettet auch Bullen und Kühe © Foto: pexels.com/Mao Li (Symbolfoto)

Mittlerweile hatten sie den ersten Einsatz. Wie aufgeregt waren sie da?

Es war natürlich spannend zu sehen, ob alles so klappt, wie wir es geübt haben. Aber wir fühlten uns auch sicher, weil wir wussten, dass wir gut vorbereitet sind. Das geht schon damit los, dass wir bereits auf der Anfahrt einen Tierarzt angefordert haben. Dazu haben wir dafür gesorgt, dass auch Stroh vor Ort ist, damit wir das Pferd damit wärmen können. Am Einsatzort haben wir uns dann kurz beraten und konnten danach das Pferd sehr schnell aus dem Graben holen.

Sie sind die einzigen professionellen Pferderetter in der Umgebung. Wie groß ist Ihr Einsatzgebiet?

Wir sind für ganz Nordwest-Mecklenburg zuständig, dazu kommen Parchim, Schwerin und der Landkreis Ludwigslust.

Holt die FF Hohenkirchen nur Pferde aus dem Graben?

Nein, wir kommen zum Beispiel auch, wenn ein Pferd sich in der Box festgelegen hat und aufgrund der beengten Verhältnisse nicht mit Technik aufgerichtet werden kann. In diesem Fall können wir das Pferd schonend mittels Schleifplatte und Manpower aus der Box ziehen und außerhalb des Stalls mit dem Hebegeschirr aufrichten.

Die Ausrüstung kostet rund 12.000 Euro
Die Ausrüstung kostet rund 12.000 Euro © Foto: pexels.com/Mathias Reding (Symbolfoto)

Und wir haben auch ein Hebegeschirr, um ein Pferd anheben zu können. Dazu haben wir Spüllanzen, um auch bei Schlammlöchern die Gurte anlegen zu können beziehungsweise das Tier freispülen zu können.

Und was kostet mich die Pferderettung als Besitzer?

Da müssen Sie sich keine Sorgen machen. Der Feuerwehreinsatz für technische Großtierrettung ist kostenfrei.

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Und das können sie als Freiwillige Feuerwehr leisten? Sie machen das doch alle ehrenamtlich…

Wir können nicht garantieren, dass wir zu jedem Einsatz mit 20 Mann anrücken. Aber um die Ausrüstung zu bedienen, braucht man nur drei oder vier Kameraden – und die würden kommen. Denn wir freuen uns über jeden Einsatz. Wir machen das alle ehrenamtlich und aus absoluter Überzeugung:

Wir wollen helfen. Und wenn wir den Besitzern und den Tieren helfen konnten, dann ist das für uns ein gutes Gefühl.  © Pferde.de

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