Eine Frau kaufte eine achtjährige Isländerstute für 20.000 Euro. Bei der Ankaufsuntersuchung versicherte ein Tierarzt, dass alles in Ordnung sei. Zwei Monate später wurde ein Griffelbeinbruch am Überbein festgestellt. Es folgte eine OP, das Pferd starb. Das Oberlandesgericht München verurteilte den Tierarzt jetzt zu 21.000 Euro Schadensersatz…
Sie suchte einen Isländer – und schien ihr Traumpferd gefunden zu haben. Doch bevor die Frau aus dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen die achtjährige Stute für 20.000 Euro kaufte, ließ sie am 7. Juni 2021 eine Ankaufsuntersuchung machen. Ergebnis: Der Tierarzt habe bestätigt, dass die Stute gesund sei, so die Pferdekäuferin. Doch dann merkte sie: Irgendetwas stimmt nicht. Am 5. August 2021 wurde das Pferd in der Klinik des Tierarztes untersucht. Diagnose: Die Stute hat am rechten Vorderbein einen Griffelbruch am Überbein. Rat des Tierarztes: sofort operieren.
Vier Tage später kam die Stute wieder in die Klinik – für die OP. Ein Routineeingriff, wie der Tierarzt aus Königsdorf vor Gericht aussagt. Doch nach dem Eingriff riss bei der Stute die linke Halsschlagader, sie verblutete. Die Besitzerin verklagte den Tierarzt – und bekam jetzt in zweiter Instanz recht.
Stute hätte nicht operiert werden dürfen
Schon das Landgericht München hatte für die Frau entschieden. Denn ein Gutachter sagte aus, dass die Stute wegen ihrer schlechten Blutwerte nicht sofort hätte operiert werden dürfen. Dazu, so der Sachverständige, dauert es einige Zeit, bis ein Pferd aufgrund eines Risses einer Halsschlagader zusammenbricht und stirbt. Durch den Riss bildet sich eine Schwellung – und die hätte der Tierarzt bemerken müssen. Urteil: Der Tierarzt muss zahlen (Az. 1 U 3353/23).
Der ging jedoch in Berufung. Und legte dem Oberlandesgericht München gleich sieben Schriftsätze von Experten vor. Dabei berief er sich auf die Erfahrungen von Metzgern beim Schlachten von Tieren. Da würden Tiere innerhalb einer halben Minute verbluten. Für den Sachverständigen war diese Argumentation nicht nachvollziehbar. Schließlich ginge es in dem Verfahren um Tiermedizin – und nicht um Schlachtung.
Urteil: Nachsorge war fehlerhaft
Das sah das Oberlandesgericht genauso: "Die Berufung wurde zurückgewiesen, da der Senat zur Überzeugung kam, dass der Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet ist, weil die postoperative Nachsorge fehlerhaft war; auch hätte das Pferd aufgrund der Blutwerte ohne weitergehende Untersuchungen nicht narkotisiert und operiert werden dürfen", erklärte ein Pressesprecher gegenüber pferde.de.
Das heißt: Der Tierarzt muss 21.000 Euro zahlen. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Der Tierarzt könnte jedoch noch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof erheben. © Pferde.de
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.