Passanten stufen Vierbeiner, die einen Maulkorb tragen, automatisch als aggressiv und beißwütig ein. Doch dabei vergessen sie, dass ein Maulkorb auch eine große Hilfe für Hund und Halter sein kann. Welche das ist und wie die rechtliche Grundlage zum Tragen eines Maulkorbs ist, erklärt Dir DeineTierwelt.

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Kommt dem Spaziergänger ein Hundebesitzer entgegen, dessen Vierbeiner einen Maulkorb trägt, laufen bestimmte Assoziationen im Gehirn des Fußgängers ab. Denn automatisch wird angenommen, dass der Vierbeiner nicht erzogen, aggressiv oder beißwütig ist und dass nur der Maulkorb die Umwelt vor schlimmen Attacken durch den Hund bewahrt. Nicht umsonst sind ja alle Halter von "Kampfhunden" in vielen Bundesländern dazu verpflichtet, dass ihre Vierbeiner in der Öffentlichkeit einen Maulkorb tragen müssen. Was passieren kann, wenn einem "maulkorblosen Kampfhund die Sicherungen durchbrennen", liest und hört man immer wieder in den Medien.

Beim Thema Maulkorb sind sich selbst die Hundehalter untereinander nicht einig. Empfinden ihn die Einen als unangenehme Einschränkung ihres tierischen Begleiters in seinem Alltag, fordern die anderen sogar strengere Regeln, die für mehr Sicherheit sorgen sollen. Doch oftmals wird in dieser verzwickten Situation eines vergessen: Der Maulkorb kann auch eine große Hilfe für Halter und Hund sein. Um Dir einen Überblick über dieses Thema zu verschaffen, erklärt Dir DeineTierwelt die rechtlichen Regelungen, die Vorteile des Maulkorbs sowie dessen richtigen Einsatz.

Situationen, in denen der Maulkorb generell Pflicht ist

In Deutschland gibt es keine einheitliche "Maulkorbverordnung". Ganz im Gegenteil — jedes Bundesland und teilweise sogar jede Gemeinde hat eigene Regeln. Dasselbe gilt für den öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Bei der Deutschen Bahn herrscht für alle Vierbeiner, die zu groß für eine Transportbox sind, Leinenzwang und Maulkorbpflicht. Nur Blindenführhunde reisen kostenlos und sind von der Maulkorbpflicht befreit.

Regionale Betreiber des öffentlichen Nahverkehrs haben dagegen ihre eigenen Regeln, über die Du Dich unbedingt vor Nutzung informieren solltest. Denn bei der Nichtbeachtung von Leinen- oder Maulkorbpflicht drohen teils hohe Geldstrafen. Also vergewissere Dich besser im Vorhinein, um böse Überraschungen zu vermeiden.

Maulkorbtragen muss trainiert werden.
Maulkorbtragen muss trainiert werden. © Foto: unsplash.com/Michael Proctor (Symbolfoto)

Die Sache mit den "Listenhunden"

Für manche Fellnasen gilt überall außerhalb der eigenen vier Wände eine Maulkorbpflicht. Das betrifft vor allem die "Listenhunde". Hinter dieser Regelung steckt die Annahme, dass von diesen umgangssprachlich als "Kampfhunde" bezeichneten Vierbeinern prinzipiell eine größere Gefahr ausgeht als von anderen Hunden. Welche Rassen zu den "Listenhunden" gezählt werden, variiert von Bundesland zu Bundesland. Bullterrier, Staffordshire Bullterrier, American Staffordshire Terrier, American Pitbull Terrier, Rottweiler und Tosa Inu gehören aber in allen Bundesländern zu dieser Kategorie.

Wissenschaftlich belegt ist es jedoch nicht, dass bestimmte Rassen gefährlicher sind. Genetisch bedingt gibt es keine "gefährlichen Hunde". Wahr ist allerdings, dass manche Hunde sowohl aufgrund ihrer Körper- und Beißkraft als auch aufgrund einer "angezüchteten Tendenz zum Festbeißen" größeren Schaden anrichten können als andere. Wahr ist auch, dass diese Vierbeiner in erfahrene Hände gehören und nicht als Symbol zur Unterstreichung des eigenen Status missbraucht werden dürfen, wie das durchaus der Fall ist.

Auch unabhängig von der Rasse können Hunde als gefährlich eingestuft werden und somit einem permanenten Maulkorbzwang unterliegen. Dies geschieht oft nach schwerwiegenden Beißvorfällen. Dann wird der auffällige Vierbeiner vom Amtsveterinär begutachtet und entsprechend eingestuft.

Der Maulkorb wird zum Lebensretter

Für Besitzer von "Listenhunden" oder als gefährlich eingestufte Vierbeiner ist der Maulkorb also unumgänglich. Aber auch jeder andere Hundehalter sollte den Maulkorb nicht als Einschränkung, sondern als wichtiges Lernziel für sich und seine Fellnase betrachten. Denn er kann eine enorme Alltagshilfe darstellen.

Viele Hunderassen leiden unter einem permanenten Hungergefühl und sind ständig auf der Suche nach Fressbarem. Daher lesen wir immer wieder von durch Giftködern oder Nägel schwer verletzten Hunden. Natürlich wünscht sich jeder Hundebesitzer, dass seine Fellnase nichts vom Boden aufnimmt. Doch solange der Vierbeiner das nicht gelernt hat, kann ihn nur der Maulkorb vor der Aufnahme von Giftködern, Kot oder anderen unverdaulichen oder im schlimmsten Fall sogar lebensgefährlichen Dingen schützen.

Es ist daher für jeden Hundehalter wichtig, seine persönliche Einstellung zum Maulkorb zu überprüfen. Finden ihn Frauchen oder Herrschen schlimm, wird sich bestimmt auch der vierbeinige Begleiter damit unwohl fühlen. Ganz im Gegenteil sollte der Maulkorb für die Fellnase eine schöne Sache und niemals eine Strafe sein. Um einem Hund zum Beispiel das Bellen abzugewöhnen, ist das Anlegen eines Maulkorbs der völlig falsche Ansatz. Denn dann sieht der Vierbeiner den Maulkorb als Strafe an. Und auch das plötzliche Überstreifen wird bei Deinem Vierbeiner Stress auslösen und negative Assoziationen hervorrufen.

Das richtige Maulkorbtraining

Ähnlich wie Du mit Deiner Fellnase entspannte Tierarztbesuche trainierst, kannst Du Deinem tierischen Begleiter mit dem sogenannten "Maulkorbtraining" klarmachen, dass das Tragen eines Maulkorbs eine wirklich tolle Sache ist. Alles, was Du benötigst, sind etwa vier Wochen Zeit, einen passenden Maulkorb, wirklich gute Leckerlis, Verständnis sowie Geduld und Ruhe. Das Training besteht daraus, Deiner Fellnase den Maulkorb in ganz kleinen Schritten im wahrsten Sinne schmackhaft zu machen. Und wie mit jedem Training sollte auch mit dem Maulkorbtraining so früh wie möglich und im Idealfall bereits lange bevor der Hund ihn tatsächlich tragen wird, begonnen werden.

Schaffe eine positive Assoziation: Halte den Maulkorb in der Hand, während Du Deine Fellnase mit etwas Leckerem fütterst oder lege ihn neben Euch, wenn Du mit Deiner Fellnase spielst oder mit ihr kuschelst. Der Korb soll sichtbar sein, mehr aber auch nicht, mache das viermal täglich für zwei Minuten zwei Tage lang.

Zeige Deiner Fellnase den Maulkorb: Lass Deinen Vierbeiner in den folgenden zwei Tagen an dem Korb schnüffeln und belohne jeder Interaktion mit einem guten Leckerli. Lobe ihn jedes Mal, wenn er sich interessiert zeigt. Wiederhole auch diesen Vorgang viermal täglich für zwei Minuten.

Füttere Deinen Hund aus dem Korb: Fange mit dem Rand an und lege das Leckerli immer tiefer in den Maulkorb, bis Du am Ende Deine Fellnase durch die Vorderseite des Korbs füttern kannst. So muss Dein Vierbeiner seine Nase eigenständig in den Maulkorb stecken und wird dafür direkt an Ort und Stelle belohnt. Das machst Du so lange, bis Deine Fellnase entspannt aus dem Korb frisst.

Gewöhne Deinen Hund an die Kopfriemen: Versuche während des Fütterns den Nackenriemen vorsichtig ganz kurz um den Kopf Deines Hundes zu legen, sobald seine Schnauze im Korb steckt. Gehe langsam und behutsam vor und schließe den Riemen noch nicht. Plane auch hierfür vier zweiminütige Einheiten pro Tag für etwa vier Tage ein. Sollte Deine Fellnase Angst oder Abwehr signalisieren, breche sofort ab und gehe langsamer vor.

Zu Maulkörben gibt es viele Vorurteile.
Zu Maulkörben gibt es viele Vorurteile. © Foto: pixabay.com/Andrés Carlo (Symbolfoto)

Schließe den Kopfriemen: Im nächsten Schritt geht es darum, den Korb vollständig anzulegen und zu schließen. Hierbei schließt Du während des Fütterns den Nackenriemen mehrmals pro Trainingseinheit für fünf bis zehn Sekunden. Den Maulkorb hältst Du dafür weiterhin mit einer Hand fest.

Dehne die Tragezeit aus: Die Zeit mit dem geschlossenen Nackenriemen wird nun in kleinen, an der Fellnase orientierten Schritten ausgedehnt und gleichzeitig die Hand "kleinschrittig" vom Maulkorb weggenommen. Auch hierfür trainierst Du viermal täglich für etwa zwei Minuten mit vielen Belohnungen. Kalkuliere für diesen Schritt circa eine Woche ein.

Mach den Maulkorb zu etwas Normalen: Dein Vierbeiner sollte inzwischen den Korb als Teil seines Alltages kennenlernen. Hierfür trägt er ihn für anfangs drei bis hin zu 15 Minuten. Achte dann auf langsame Steigerungen. Sinnvolle Übungssituationen sind dann gemeinsame Gassi-Runden. Während dieser solltest Du Deinem pelzigen Gefährten den Korb immer mal wieder anlegen, damit er auch im Freien gut damit zurechtkommt. Jetzt geht es nur noch darum, die Zeiten des Maulkorbtragens langsam zu steigern und ihn in allen Situationen zu etwas Normalen zu machen. Trägt Dein Hund den Maulkorb ohne Probleme für 30 Minuten, hat er sich daran gewöhnt.

Welcher Maulkorb ist der richtige für Deinen Hund?

Wichtig ist, dass der Korb tierschutzkonform ist. Deine Fellnase muss hecheln und trinken können. Zudem muss er natürlich so fest sitzen, dass Dein Vierbeiner ihn nicht einfach abstreifen kann. Klassische Maulkörbe gibt es in unterschiedlichen Varianten: aus Leder, hartem oder weichen Kunststoff, Metall oder auch aus Stoff. Jedes Material hat seine Vor- und Nachteile und sollte sowohl dem Zweck als auch der Vorliebe Deiner Fellnase angepasst sein.

Leder-Maulkörbe sind zwar sehr gut anpassbar, allerdings nicht gut zu reinigen und relativ schwer. Metallkörbe lassen sich zwar gut reinigen und sind sehr bissfest, sie sind jedoch starr und passen sich nicht gut an die jeweilige Hundeschnauze an. Kunststoffmaulkörbe sind daher meist die sinnvollste Variante. Je nach Hersteller sind sie anpassbar, angenehm zu tragen, leicht zu reinigen und relativ bissfest.

Sogenannte Maulkorbschlaufen sind rechtlich gesehen keine Maulkörbe. Sie eignen sich ausschließlich für kurze Untersuchungen beim Tierarzt. Außerdem sind sie nicht tierschutzkonform, da sie die Vierbeiner am Hecheln und Trinken hindern.

Fazit

Zum Thema Maulkorb gibt es unterschiedliche Ansichten. Viele Hundehalter empfinden ihn als ungerechtfertigte Einschränkung. Einige fordern, dass die permanente und pauschale Maulkorbpflicht für bestimmte Rassen dringend überdacht werden sollte.

Natürlich darf Dein pelziger Freund nicht ständig und vor allem nicht grundlos einen Maulkorb tragen. Denn das Wissen, sich im Falle eines Hundekampfes körperlich nicht verteididge zu können, kann das Sozialverhalten Deiner Fellnase negativ beeinflussen. Auch kannst Du die Mimik eines Maulkorb tragenden Vierbeiners schlechter einschätzen und so unter Umständen seine Anspannung, Angst oder Stress übersehen.

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Klar ist jedoch auch, dass ein Maulkorb sowohl für den Hund selbst als auch für Menschen für Sicherheit sorgt. Mit dem Maulkorbtraining kann Dein Vierbeiner lernen, mit dem Hilfsmittel positive Assoziationen zu verknüpfen. So ist er in allen Situationen den Maulkorb gewöhnt, wird nicht ausgeschlossen und kann Dich überall in der Öffentlichkeit problemlos begleiten.  © Deine Tierwelt

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