Bonn/Bremen - Von "Angewandter Gerontologie" bis "Holzschutz am Bau" - wissenschaftliche Weiterbildungen mit Hochschulzertifikat decken eine enorme Bandbreite an Themen ab.
Interessierten bieten sie die Möglichkeit zu lernen, neue Einblicke zu erhalten und Kontakte zu knüpfen. Häufig braucht es weder Abitur noch einen Hochschulabschluss, um ein Hochschulzertifikat zu erhalten.
Doch für wen lohnt sich das wirklich - und wie erkennt man seriöse Angebote? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was ist ein Hochschulzertifikat?
"Der Begriff Hochschulzertifikat bezeichnet in Deutschland ganz allgemein die Zertifizierung von Studienleistungen im Rahmen eines weiterbildenden Studienangebots", sagt Karin Dollhausen, außerplanmäßige Professorin am Deutschen Institut für Erwachsenenbildung in Bonn. Das Zertifikat bescheinigt demnach eine akademische Grund- oder Zusatzqualifikation in einem bestimmten Fachgebiet. Ein Hochschulabschluss ist es aber nicht.
Der Begriff Zertifikat ist nicht geschützt, so Prof. Annika Maschwitz. Sie ist Stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF) mit Sitz in Bremen. Theoretisch könne jede Hochschule oder auch jede Professorin und jeder Professor selbst entscheiden, ob und für was sie ein Zertifikat vergeben.
Zur Systematisierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung hat die DGWF das sogenannte "Transparenzraster" entwickelt. Es soll künftig Handlungsanweisungen für die Qualitätssicherung an den Hochschulen bieten. "Wir bemühen uns insgesamt, die Zertifikate vergleichbarer zu gestalten", sagt Maschwitz.
Für wen lohnt sich eine solche Weiterbildung?
Die Angebote richten sich an Menschen, die nach dem Abitur oder nach einer Ausbildung mit Berufserfahrung ins Studium einsteigen wollen oder die das Studium nach einer Familienphase wieder aufnehmen möchten. Denn Leistungen daraus kann man sich unter Umständen auch für ein späteres Studium anrechnen lassen.
Außerdem sind sie für alle geeignet, die sich beruflich weiterbilden oder umorientieren wollen, etwa nach einer Phase der Arbeitslosigkeit oder auch nach einer Migrationserfahrung.
Sind alle Anbieter seriös?
Den Expertinnen zufolge machen sowohl staatliche als auch private, aber staatliche anerkannte Hochschulen seriöse Angebote. Bei kleineren privaten Hochschulen rät Dollhausen zu prüfen, ob sie gemäß der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung, kurz AZAV, begutachtet wurden.
"Wenn es sich um Business Schools oder Open Universities handelt, die an nationale Universitäten im Ausland angeschlossen sind, ist die Seriosität in aller Regel ebenfalls gegeben", sagt Dollhausen. Allerdings sollten Sie prüfen, inwieweit die dort erworbenen Zertifikate an deutschen Hochschulen anerkannt werden.
Umgekehrt gilt: Wollen Sie nach der Weiterbildung im Ausland studieren, klären Sie vorab, ob das Zertifikat am internationalen Standard ausgerichtet ist.
Wie anerkannt ist das Hochschulzertifikat generell?
"Die meisten Arbeitgeber erkennen das beim Berufseinstieg als Qualifikation an, aber es ersetzt nicht den beruflichen Ausbildungsabschluss oder eben auch die akademische Erstausbildung", erklärt Dollhausen.
Wie viel kosten die Kurse?
Ein Zertifikatskurs wird im dreistelligen Bereich angeboten, ganze Programme können schon mal einen vierstelligen Betrag kosten. Der Kurs für das Diploma of Advanced Studies in "Angewandte Gerontologie" der Hochschule Mannheim in Kooperation mit der Katholischen Hochschule Freiburg geht beispielsweise über drei Semester und kostet 4200 Euro zuzüglich 300 Euro Verwaltungsgebühr.
Wer zahlt das?
In der Regel der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber kann sich jedoch beteiligen. Eine finanzielle Unterstützung etwa über die Bundesagentur für Arbeit oder spezielle Programme der Länder ist möglich, häufig aber an Voraussetzungen gebunden. Auf Bundesebene ist das Weiterbildungsstipendium für Berufstätige unter 25 Jahren eine Option. In jedem Fall können Kosten für eine Weiterbildung von der Steuer abgesetzt werden.
Die Expertinnen empfehlen, sich beraten zu lassen, etwa bei regionalen Bildungsberatungsstellen oder direkt bei den Weiterbildungszentren der Hochschulen.
Wo finde ich Angebote?
Die Welt der Hochschulzertifikate ist alles andere als übersichtlich, darin sind sich die Expertinnen einig. Bislang mussten Interessierte die einzelnen Hochschulen nach Angeboten abklappern. Mittlerweile bietet das Portal "hoch & weit" der Hochschulrektorenkonferenz einen ersten Überblick und Recherchemöglichkeiten. Die Seite ist zwar noch im Aufbau, wird aber kontinuierlich bestückt und weiterentwickelt, so Maschwitz.
Auf was sollte man achten?
"Ein Hochschulzertifikat setzt voraus, dass es irgendeine Art von Prüfung gibt, um nachzuweisen, dass die Kompetenzen tatsächlich erworben wurden", erläutert Maschwitz.
Häufig werden ECTS-Punkte ausgewiesen. Diese können bei einem anschließenden Studium angerechnet werden. Die Abkürzung ECTS steht für "European Credit Transfer and Accumulation System" und wird an den Hochschulen in Europa eingesetzt, um den Verlauf des Studiums zu gliedern und die Bewertung transparent zu machen.
Vorsicht ist Maschwitz zufolge bei hochschulähnlich wirkenden Anbietern geboten. Diese vergeben zwar auch Zertifikate, die Kurse finden jedoch nicht bei der Hochschule, sondern in einer Art Franchise oder in einer anderen Kooperationsform bei Drittanbietern statt. "Dadurch ist es zum Teil schwer nachzuvollziehen, wie gut die Qualität ist und wer als Personal dahintersteht", sagt Maschwitz.
Außerdem kann man sich folgende Fragen bei der Auswahl stellen: Will ich eine engere Betreuung, die an einer privaten Hochschule eher möglich ist? Geht es mir um die internationale Reputation der Hochschule? Wie wichtig sind mir Präsenztage? Außerdem sollten Sie vorab recherchieren, welche Zugangsvoraussetzungen es jeweils gibt.
Welche Alternativen gibt es?
Wer nicht unbedingt ein Zertifikat braucht und keine Prüfung machen möchte, kann auch eine Teilnahmebescheinigung bekommen.
Eine Alternative zur Hochschule kann die berufliche Fort- und Weiterbildung sein, zum Beispiel über die Bildungswerke der deutschen Wirtschaft. © dpa
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