Aus Karlsruhe kommen mitten in der Ferienzeit schlechte Nachrichten für Reisende: Wer den nächsten Sommerurlaub jetzt schon bucht, könnte für einen guten Teil des Preises direkt zur Kasse gebeten werden.
Für Reiseveranstalter wird es künftig einfacher sein, hohe Anzahlungen für Pauschalreisen zu verlangen.
Provision an Reisebüros ist entscheidend
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied am Dienstag in Karlsruhe: Veranstalter dürfen eine Anzahlung bei der Buchung von mehr als den üblichen 20 Prozent des Preises damit rechtfertigen, dass sie Provisionen an Reisebüros zahlen müssen. Das Oberlandesgericht Celle hatte dies in der Vorinstanz noch anders gesehen.
Der BGH entschied damit bereits zum zweiten Mal in einem Rechtsstreit zwischen dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und Tui. Der Veranstalter verlangt für bestimmte Pauschalreisen eine Anzahlung von 40 Prozent. Verbraucherschützer halten das für zu hoch.
"Bei einer Reise geht es um hohe Summen. Außerdem bucht man das häufig lange im Voraus, unter Umständen ein Jahr vorher", sagte Rechtsexpertin Kerstin Hoppe vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. "Da hat man das Geld vielleicht noch gar nicht zusammen."
Richter: "Eine praktisch handhabbare Lösung"
In ihrem ersten Urteil zu dem Fall entschieden die Karlsruher Richter 2014, dass es für eine Anzahlung von mehr als 20 Prozent einen sachlichen Grund braucht.
Der Reiseveranstalter muss demnach zumindest darlegen, dass er selbst bereits bei Vertragsschluss in Vorleistung treten muss und dadurch Aufwendungen hat, die so hoch sind, wie die verlangte Anzahlung.
Dabei blieb allerdings unklar, welche Kosten berücksichtigt werden dürfen. "Vielleicht waren wir mit den Verhältnissen nicht hinreichend vertraut, als wir skizziert haben, wie man dieses Feld bewältigen könnte", sagte der Vorsitzende Richter Peter Meier-Beck bei der mündlichen Verhandlung.
Bei der Urteilsverkündung versicherte er: "Wir haben versucht, eine praktisch handhabbare Lösung zu finden."
Verbraucherschützer kritisieren das Urteil
Helfen sollen Durchschnittswerte. So dürfen Flugkosten pauschal berücksichtigt werden, unabhängig davon ob diese Kosten für jede einzelne Reise des Angebots vorfinanziert werden.
Dasselbe gilt für Leistungen gegenüber Hotelbetreibern, es sei denn diese unterscheiden sich erheblich in ihrer Höhe etwa mit Blick auf verschiedene Reiseziele. (Az.: X ZR 71/16)
Dies muss nun das Oberlandesgericht Celle klären. Tui sieht der erneuten Prüfung nach eigenen Angaben "zuversichtlich" entgegen.
Verbraucherschützer bewerteten das Urteil dagegen als "ärgerlich". "Die Rechtslage ist damit eindeutig zulasten der Verbraucher verschlechtert worden", sagt Verbraucherschützerin Hoppe. "Provisionen für Reisebüros können bei der Berechnung der Höhe der Anzahlung durchaus zu Buche schlagen." © dpa
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