Im äußersten Nordwesten Italiens, an den Grenzen nach Frankreich und zur Schweiz, liegt das Aostatal. Die kleinste Region des Landes ist für wanderlustige Camper ein wahres Paradies.

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Der Große Sankt Bernhard hat erst seit wenigen Tagen wieder geöffnet, und so haben wir Ende Mai die Passstraße fast für uns allein. An den Seiten liegt noch ordentlich Schnee, und oben auf dem Pass ist es recht frisch. Wir sind auf saftig grüne Wiesen und Frühling eingestellt, und so düsen wir Serpentine für Serpentine hinunter von der Schweiz ins italienische Aostatal.

Start auf dem Camping Monte Bianco

Unseren ersten Campingplatz steuern wir nahe Aosta, der Hauptstadt der autonomen Region, an. Camping Monte Bianco in Sarre ist, wie fast alle Plätze im Aostatal, einfach gehalten, aber sehr sauber und perfekt organisiert. Das Betreiberpärchen bemüht sich sehr um seine Gäste und gibt unzählige Tipps für Erkundungen. Obwohl der Platz an der Hauptstraße liegt, die nach Aosta führt, stört kein Straßenlärm.

Sarre selbst ist ein eher ruhiger Ort. Die kleine Bar "Feudo di San Maurizio di Vallet Michel" können wir empfehlen. Der Besitzer ist Winzer und macht einen großartigen Wein. Das morgendliche Croissant bekommt man nahe dem Platz in einer Bar.

Wanderung zum Jagdschloss Sarre

Angesichts des fantastischen Wetters schnüren wir gleich nach dem Frühstück die Wanderschuhe. Unser erstes Ziel ist das Schloss Sarre, welches wir schon auf der ersten Abendrunde durchs Dorf bewundert haben. Da Ende Mai, Anfang Juni im Aostatal noch Vorsaison herrscht, sind wir die einzigen Besucher im Jagdschloss der Savoyer Familie. Die Führungen finden auf Italienisch und Französisch statt, den offiziellen Amtssprachen im Aostatal. Doch die Mitarbeiter sind bemüht, auch mit Händen und Füßen und etwas Englisch die wichtigsten Fakten zu vermitteln. Da es sich um ein Jagdschloss handelt, sind einige Räume mit Trophäen erfolgreicher Jagden im Nationalpark Gran Paradiso ausgestattet.

Wir haben uns zum Einstieg unseres Wanderurlaubs die Runde um Sarre ausgesucht. So geht es vom Schloss zurück ins Dorf und dann stetig bergauf durch Wiesen und Felder in Richtung Wasserfall. Auf unserem Rückweg genießen wir zur Belohnung in der erwähnten Bar ein köstliches Glas Wein aus der Region.

Ein Besuch in der Hauptstadt Aosta darf nicht fehlen. Wir nutzen die gute Busanbindung vom Campingplatz und fahren innerhalb weniger Minuten bis ins Zentrum. Aosta ist gemütliche Kleinstadt und Freilichtmuseum zugleich. An vielen Ecken fühlen wir uns in die Römerzeit zurückversetzt. Wir schlendern vorbei am Augustusbogen, einmal quer durch die Fußgängerzone und durch das gut erhaltene Tor Porta Pretoria bis zum Rathausplatz.

Nächste Station: Camp Monte Bianco La Sorgente

Nach drei Nächten verlassen wir die Gegend um die Hauptstadt und fahren weiter ins Tal hinein. Kurz vor dem Mont-Blanc-Tunnel biegen wir links ins Val Veny ab. In diesem Tal wartet ein besonderes Highlight auf uns. In den nächsten Tagen soll es mit der Seilbahn Skyway Monte Bianco bis auf 3.500 Meter Höhe auf den Punta Helbronner gehen. Als Basislager dient uns am Fuße des Mont-Blanc-Massivs das Camp Monte Bianco La Sorgente.

Der Platz verfügt über ein kleines Restaurant und einen Mini-Markt, in dem vorbestellte Brötchen und Croissants morgens abgeholt werden können. Auf einer riesigen Wiese mit mehreren einfachen Sanitäreinrichtungen dürfen wir uns eine beliebige Fläche aussuchen. Der Platz ist schlicht ausgestattet – der Luxus liegt ganz klar in der Natur. Mit uns stehen vielleicht noch fünf Camper auf der Wiese, und das Bergpanorama ist einfach nur atemberaubend, Natur-Kino der Extraklasse. In Windeseile wird unser Camping-Setup aufgebaut, und wir sitzen mit einem Glas Wein und frischem Rinder-Carpaccio in der ersten Reihe. Einer dieser Marmeladenglas-Momente, der einen Platz in unseren Erinnerungen behält.

Wir sind am nächsten Morgen früh auf den Beinen. Um kurz nach acht Uhr gehen wir bereits in Richtung Seilbahn. Das Ticket haben wir am Vortag online gekauft, um uns einen festen Time-Slot zu sichern. An der Tageskasse sind die Tickets teurer und an belebten Tagen erst für den Nachmittag oder den nächsten Tag zu haben. Die Fahrt mit dem Skyway Monte Bianco ist bereits ein Highlight für sich. Bis zum Gipfel werden insgesamt 4,3 Kilometer und 2.200 Höhenmeter überwunden. An der Mittelstation können Besucher unter anderem einen alpinen Garten bewundern. Im zweiten Teilstück geht es dann bis auf 3.500 Meter auf den Punta Helbronner. Die Gondeln drehen sich während ihrer Fahrt um 360 Grad, sodass jeder Besucher einen fantastischen Rundumblick genießt. Wer genau hinschaut, entdeckt auch Gämsen.

Wow-Moment auf dem Gipfel

In nur wenigen Minuten schweben wir so in das Herz des Mont-Blanc-Gletschers. Der erste Weg führt uns auf die Dachterrasse der Station, wo der höchste Berg Europas zum Greifen nah erscheint. Das Timing ist perfekt: blauer Himmel, Sonnenschein und schneebedeckte Viertausender. Wieder einer dieser besonderen Momente, die man nicht mehr vergisst. Am Gipfel haben Besucher eine Verweildauer von zwei Stunden, bis man die Gondel zurück zur Mittelstation nehmen muss. Wir knipsen gefühlte hunderte von Bildern, genießen unser mitgebrachtes Frühstück auf einem der Liegestühle und können uns nicht sattsehen an diesem spektakulären Panorama, das sich minütlich verändert. Beim Blick hinunter ins Val Veny erkennen wir die Wiese, auf der unser VW-Bus Finn wartet.

Wer mit der Gondel noch über den Gletscher in Richtung Frankreich schweben möchte, bekommt hier eine gute Möglichkeit: Die Seilbahn Aiguille du Midi hat an dieser Stelle ebenfalls eine Station. Oder man trinkt einen Kaffee auf der Terrasse der Berghütte Rifugio Torino, die man durch einen Tunnel im Bergmassiv erreicht. Es gibt hier oben so viel zu entdecken, dass die Zeit wie im Fluge vergeht.

Schöne Wanderungen im Aostatal

Am nächsten Morgen erfahre ich vom Campingplatzbetreiber, dass die Wanderhütte Rifugio Elisabetta heute für die Sommersaison öffnet. Meine Entscheidung ist gefallen. Daniel wird beim Frühstück mit der spontanen Planänderung überrascht, und so bleiben wir noch eine weitere Nacht. Die Tour zur Elisabetta-Hütte startet direkt vom Campingplatz und ist auch für Mountainbiker geeignet. Anfang Juni kann es allerdings passieren, dass kurz vor der Hütte auf 2.195 Meter Höhe noch Schnee liegt. Wir durchqueren auf dem Weg zwei größere Schneefelder. Die 710 Höhenmeter sind recht leicht zu erklimmen, lediglich das letzte Stück besteht aus einem steilen Anstieg. Genau das richtige ist anschließend die typisch italienische Verpflegung mit Pasta und einem Glas Wein.

Weiter geht’s zum Camping Gran Paradiso

Nach drei Tagen im Val Veny geht es für uns wieder weiter. Der Nationalpark Gran Paradiso steht auf unserem Programm. Bevor wir den nächsten Campingplatz ansteuern, machen wir einen Stopp in Cogne. Ein süßer kleiner Ort mit Cafés und Restaurants umringt von saftig grünen Wiesen und den Gipfeln des Gran Paradiso. Eine Empfehlung verdient das Brotzeitbrettl im La Cave de Cogne.

Gut drei Kilometer weiter erreichen wir unser Ziel: Camping Gran Paradiso, und, ja, der Name hält, was er verspricht. Die 120 Stellflächen verteilen sich auf einer terrassenförmigen Wiese mit einem herrlichen Bergblick. Bei unserer Erkundungstour über das Gelände werden wir gleich durch grasende Gämsen begrüßt. Wenn es noch ruhig ist und die Wiesen im Tal so schön saftig grün sind, schauen die Tiere gerne vorbei. Wir sind in einem Naturparadies gelandet und finden schnell eine schöne Stellfläche oberhalb der kleinen Campingbar inklusive Mini-Markt.

Wanderung über 920 Höhenmeter

Für den nächsten Morgen bestellen wir Croissants und Brötchen, die wir beim Frühstück in der Sonne mit Ausblick Richtung Wasserfall genießen. Da soll es heute hochgehen und noch ein Stück weiter zur Hütte Rifugio Vittorio Sella auf 2.588 Meter Höhe. Die einfache Strecke beträgt vom Campingplatz aus gut sechs Kilometer, jedoch müssen 920 Höhenmeter überwunden werden. So viel sei vorab gesagt, für das einzigartige Naturerlebnis lohnt jeder Höhenmeter.

Wir starten unsere Tour vorbei am Alpinen Botanischen Garten und können auf den Wiesen eine Gruppe Gämsen im Gras entdecken. Weiter geht es Serpentine um Serpentine in Richtung Wasserfall, bis wir ein Hochplateau mit Steinüberresten von alten Unterständen erreichen. Die Sicht auf den Campingplatz, unseren VW-Bus Finn und das ganze Tal ist traumhaft. Stetig weiter bergauf geht es durch die wunderschönen Almwiesen, bis wir ein Hinweisschild erreichen, das uns noch eine Stunde bis zur Hütte anzeigt. Es wird noch einmal schweißtreibend, aber das Ziel ist in Sicht. So erklimmen wir Meter um Meter und entdecken sogar unseren ersten Steinbock auf einem Felsvorsprung thronend. Hinter der nächsten Kehre kommt das Rifugio Vittorio Sella in Sichtweite.

Zur Stärkung gibt es heute – typisch für das Aostatal – Polenta Valdostana, Polenta überbacken mit Fontina, dem typischen Almkäse der Region. Nach einer ausgiebigen Pause wartet noch ein Erlebnis. Hinter der Hütte hat sich eine Herde Steinböcke versammelt und grast ganz genüsslich in der Sonne. Zurück am Campingplatz lassen wir diesen eindrucksvollen Tag bei einem leckeren Barbecue mit Bergblick und einem Glas traditionellen Kräuterlikör Génépy aus dem Aostatal ausklingen. Wir bleiben eine weitere Nacht und besuchen am nächsten Morgen den Alpinen Botanischen Garten. Überall sind Bänke im Park verteilt, sodass man die Ruhe und die Aussicht auf sich wirken lassen kann.

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Auf unserem Weg zurück nach Aosta halten wir am Castello di Aymavilles. Das Schloss liegt auf einem Hügel umgeben von Weinbergen. Von außen ein beeindruckendes Gebäude mit vier Türmen und imposantem Eingang, im Inneren verbirgt sich ein Museum über die Geschichte des quadratisch angelegten Herrenhauses.

Letzter Stop vor der Heimreise

Nach Kultur und Natur steht noch ein kulinarischer Punkt auf unserer To-do-Liste. Wir wollen uns eine ehemalige Kupfermine oberhalb von Aosta anschauen, die mehr als 200.000 Laibe Fontina-Käse beherbergt. Anita, die nette Dame, die uns im Besucherzentrum der Valpelline Cooperativa Fontine in Empfang nimmt, spricht Italienisch und Französisch und zeigt uns die Reifekammer in einer Privatführung. Bereits Geruch und Farbe, bedingt durch mehrmaliges Salzen des Käses, lassen die unterschiedliche Reifung erkennen. Es duftet herrlich würzig, und so freuen wir uns umso mehr auf die Verkostung im Shop. Da unser Kühlschrank auf dem Weg in Richtung Heimat leer ist, wird er mit einigen Stücken Fontina für etwas Aosta-Feeling zu Hause gefüllt.  © Promobil

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